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Treffen deutscher und griechischer NGOs

Panagiotis Kouparanis2. Dezember 2012

Griechische Nichtregierungsorganisationen sind oft eng mit Politik und Staat verflochten. Bei einem Treffen mit deutschen Kollegen wollten einige von ihnen erfahren, wie sie ihre Arbeit verbessern können.

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Frau übergibt Hilfspaket an andere Frau. Foto: EPA/ORESTIS PANAGIOTOU
Griechenland Medecins du MondeBild: picture-alliance/dpa

Keiner weiß wie viele es sind, ihr rechtlicher Status ist ungeklärt, aber: Sie wollen ihre Arbeitsweise und Ausrichtung ändern. Die Rede ist von griechischen Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Auf einer kurzfristig einberufenen Tagung in Thessaloniki kamen auf Initiative des deutschen Generalkonsulats in der Stadt ein Dutzend deutsche und mehr als doppelt so viele griechische zivilgesellschaftliche Organisationen zum Austausch zusammen. Nikos Hatzitryfon von der schwul-lesbischen Organisation Sympraxis in Thessaloniki sagt, warum er da ist: "Wir wollen nicht nur das Geld der Europäischen Union, sondern auch, dass eine andere Philosophie in Griechenland Einzug erhält. Deshalb war es für mich eine Art moralische Pflicht teilzunehmen.“

Nikos Hatzitryfon, Vorsitzender der Organisation Sympraxi - Partnership for Gender Issues, Thessaloniki. Wann: 16.11.2012 Wo: Thessaloniki, Griechenland Foto: Panagiotis Kouparanis Rechte: DW/Kouparanis
Nikos HatzitryfonBild: DW/Kouparanis

Weltweit spielen NGOs eine immer wichtigere Rolle. In vielen demokratischen Gesellschaften werden sie als ein bedeutender Faktor gesehen um die Zivilgesellschaft an der Gestaltung des Gemeinwesens zu beteiligen. Sie arbeiten zwar mit staatlichen Ämtern und Behörden zusammen, aber werden von den Bürgern umso besser akzeptiert, je unabhängiger sie von Staat und politischen Parteien agieren.

Gerade das sei in Griechenland meist nicht gegeben, erklärt die Deutsche Judith Wunderlich-Antoniou, die seit vielen Jahren in der Athener NGO ELIX tätig ist: "Die griechischen NGOs haben einen schlechten Ruf, weil man sie mit dem politischen System identifiziert." Das sei ihr Hauptproblem, sagt die Aktivistin: "Sie versuchen jetzt einen Schritt nach vorne zu tun. Sie wollen ihre Arbeit transparent gestalten, so dass jeder auf der jeweiligen Internetseite nachsehen kann, was ihre Aktivitäten sind und wie sie sich finanzieren. Das war bislang selten der Fall.“

Auf dem Bild: Judith Wunderlich-Antoniou, Athener NGO ELIX Wann: 16.11.2012 Wo: Thessaloniki, Griechenland Foto: Panagiotis Kouparanis Rechte: DW/Kouparanis
Judith Wunderlich-Antoniou, Athener NGO ELIXBild: DW/Kouparanis

Unterschiedliche Auffassungen

Eine Diskrepanz zwischen Griechenland und Deutschland besteht vor allem in der Auffassung, wozu eine NGO überhaupt dienen soll. Das ist Bert Ludwig vom Open House Network in Weimar aufgefallen, einer Organisation, die sich für die Restaurierung alter historischer Gebäude engagiert. "Man konnte aus den Äußerungen der griechischen Teilnehmer einen Etatismus heraushören, den ich aus osteuropäischen Ländern kenne: das Wort ´Projekt´ bedeutet nicht eine Idee, für die ich eine Finanzierung suche, sondern ´Projekt´ bedeutet eine Finanzierungsmöglichkeit, in die man dann die Idee hineinpresst. Ich glaube nicht, dass das die beste Reihenfolge ist. Als erstes soll die Idee stehen und nicht der Fördertopf", warnt Ludwig. Um diesen Unterschied zu verdeutlichen, führt Bert Ludwig an, dass seine Organisation Open House Network sich heute zu 90 Prozent selbstfinanziert und in den ersten zwölf von insgesamt 20 Jahren ihres Wirkens überhaupt keine Fremdfinanzierung bekam.

Hier kommt ein weiterer entscheidender Unterschied zutage, nämlich die große Bereitschaft, die es in Deutschland gibt, ehrenamtlich tätig zu sein. Julian Nitzsche von Verein Wikimedia erklärt: "Am Ende muss man sich selbst engagieren, wenn man etwas verändern will – egal auf welchem Feld. Da ist es auch wichtig, dass man als NGO die Erfahrung macht, etwas zu verändern. Dadurch baut man sich ein Selbstbewusstsein auf. Ich glaube, dass kann hier in Griechenland noch weiterentwickelt werden.“

Auf dem Bild: Bert Ludwig, Weimarer NGO Open House Network Wann: 16.11.2012 Wo: Thessaloniki, Griechenland Foto: Panagiotis Kouparanis Rechte: DW/Kouparanis
Bert Ludwig, Weimarer NGO Open House NetworkBild: DW/Kouparanis

Griechischen NGOs fehlt rechtlicher Rahmen

Der hohe gesellschaftliche Stellenwert von ehrenamtlicher Arbeit wird in Deutschland auch von Staat und Politik gefördert: Jedes Jahr findet ein "Tag des Ehrenamtes" statt, für ehrenamtliche Tätigkeit gibt es staatliche Auszeichnungen, das Wirken in der Zivilgesellschaft wird bei Stipendien oder bei Bewerbungen um einen Arbeitsplatz mit berücksichtigt. Wichtig ist auch, dass die Arbeit der deutschen NGOs gesetzlich geregelt ist. Ganz anders ist das in Griechenland. Hier, so Christina Mpertsenidi von der Organisation Peirama in Thessaloniki, wirkten NGOs praktisch im rechtsfreien Raum. Juristisch gesehen dürfte es sie nicht einmal geben.

Auf der Tagung in Thessaloniki wurde beschlossen, diese deutsch-griechische Zusammenarbeit fortzusetzen. Zumindest drei Projekte wollen griechische und deutsche NGOs konkret in Angriff nehmen. So soll mit einer NGO, die in Osteuropa tätig ist und die die Fahrradwege entlang des ehemaligen Eisernen Vorhanges plant und umsetzt, zusammengearbeitet werden. Deutsche und Griechen wollen dort außerdem ein Kulturdenkmal instand setzen. Und um die Dorfjugend in Europa auf dem Land zu halten, will man junge Menschen aus dem Ausland als Freiwillige dafür gewinnen, mit einheimischen Jugendlichen gemeinsame Projekte zu realisieren.

Auf dem Bild: Gruppenbild von Vertretern deutscher und griechischer NGOs. Wann: 16.11.2012 Wo: Thessaloniki, Griechenland Foto: Panagiotis Kouparanis Rechte: DW/Kouparanis
Gruppenbild von Vertretern deutscher und griechischer NGOsBild: DW/Kouparanis