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"Er ist's"

19. April 2003

Wenn alles grünt und blüht, wenn Mütze und Handschuhe weggepackt sind, wenn Parkbänke und Straßencafés wieder zum Verweilen einladen - dann ist Frühling. Auch in der Lyrik. DW-WORLD präsentiert über Ostern eine Auswahl.

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Bild: AP

Er ist's

Frühling lässt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, unbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen.
Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist's!
Dich hab ich vernommen!

(Eduard Mörike)

Frühling

In dämmrigen Grüften
träumte ich lang
von dein Bäumen und blauen Lüften,
von deinem Duft und Vogelsang.

Nun liegst du erschlossen
in Gleiss und Zier
von Licht übergossen
wie ein Wunder vor mir.

Du kennst mich wieder,
du lockst mich zart,
es zittert durch all meine Glieder
deine selige Gegenwart!

(Hermann Hesse)

Über das Frühjahr

Lange bevor
Wir uns stürzten auf Erdöl, Eisen und Ammoniak
Gab es in jedem Jahr
Die Zeit der unaufhaltsam und heftig grünenden Bäume.
Wir alle erinnern uns
Verlängerte Tage
Helleren Himmels
Änderung der Luft
Des gewiß kommenden Frühjahrs.
Noch lesen wir in Büchern
Von dieser gefeierten Jahreszeit
Und doch sind schon lange
Nicht mehr gesichtet worden über unseren Städten
Die berühmten Schwärme der Vögel.
Am ehesten noch sitzend in Eisenbahnen
Fällt dem Volk das Frühjahr auf.
Die Ebenen zeigen es
In alter Deutlichkeit.
In großer Höhe freilich
Scheinen Stürme zu gehen:
Sie berühren nur mehr
Unsere Antennen.

(Bertolt Brecht)

Eduard Mörike (1804 bis 1875) ist ein Dichter der Romantik. Neun Jahre war er evangelischer Pfarrer in einem Dorf im Schwäbischen, bevor er in Stuttgart als Literaturlehrer arbeitete.

Der Lyriker und Erzähler, Essayist und Kritiker Hermann Hesse (1877 bis 1962) stammt aus Calw in Baden-Württemberg. 1912 zog er in die Schweiz. Einer seiner bekanntesten Romane ist "Der Steppenwolf". 1946 erhielt er den Literatur-Nobelpreis.

Bertolt Brecht (1898 bis 1956) wird oft nachgesagt, er sei Kommunist gewesen: Schließlich lebte er nach der Rückkehr aus der Emigration ab 1949 in Ost-Berlin in der DDR. Er selbst verstand sich eher als "marxistischer Gesellschaftskritiker". Zu seinen bekanntesten Werken zählt die "Dreigroschenoper", für die Kurt Weill die Musik komponiert hat.