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Basel bebt

Marcus Kreutler23. März 2007

Eine besonders effiziente Art der Erdwärmenutzung sollte in Basel erstmals wirtschaftlich eingesetzt werden. Doch die Arbeiten ruhen, denn die Erde bebt.

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Detalaufnahme des Bohrkopfes (Quelle: Geopower Basel)
Fünf Kilometer tief fraß sich der Bohrkopf in die ErdeBild: Geopower Basel

Eigentlich sind Erdbeben um die Stärke 3 kein Grund zur Aufregung: Die Erschütterungen fallen nicht jedem auf, Schäden sind zwar möglich, aber eher gering. Doch die Serie von Beben, die in Basel und Umgebung seit Dezember registriert wurde, ist den Bürgern unheimlich. Denn die Erschütterungen wurden durch Bauarbeiten für ein Erdwärmekraftwerk ausgelöst.

Das erste wirtschaftlich betriebene "Hot-Dry-Rock-Kraftwerk" der Welt sollte in Basel entstehen. Die Idee: Je tiefer man bohrt, desto wärmer wird das Gestein - eine Folge der Hitze im inneren der Erde. In 5000 Metern Tiefe liegen die Temperaturen schon bei 200 Grad. Mit dieser Hitze ist es möglich, Strom und Heizwärme zu erzeugen.

Wasser als Transportmittel

Um die Wärme nach oben zu transportieren, wollte die Betreiberfirma "Geopower Basel" durch einen Schacht Wasser in die Tiefe leiten. Dort sollte es sich im Kontakt mit dem Gestein erhitzen, um dann durch zwei weitere Schächte wieder zur Oberfläche gepumpt zu werden. Die Vorraussetzung dazu sind allerdings miteinander verbundene Risse im Gestein, durch die das Wasser von einem Schacht zum anderen fließen kann.

Um diese Wege zu bahnen, sollten die vorhandenen Spalten im Gestein geweitet werden - so lange, bis sie ein zusammenhängendes Geflecht von Wegen gebildet hätten. Als Werkzeug kam Wasser zum Einsatz, das mit hohem Druck in das Gestein gepresst wurde. Kleine, von Spezialgeräten messhmbare Erdstöße sollten dabei die Ausbreitung der Risse dokumentieren.

Schematische Darstellung des geplanten Kraftwerktyps (Quelle: Geopower Basel)
Strom und Wärme sollte das tief in der Erde erhitzte Wasser liefernBild: Geopower Basel

Das Gestein macht nicht mit

Doch es kam anders. Als im Dezember mit dem Einpressen von Wasser begonnen wurde, kam es zu einem Erdbeben der Stärke 3,4 - viel stärker als erwartet. Die Bevölkerung war verängstigt. Geopower Basel stellte die Pumpen sofort ab, doch es hörte nicht auf. Bis heute folgten sechs weitere, spürbare Beben. Und das Epizentrum lag immer in der Nähe der Bohrung.

Die Stärke der Erschütterungen und der lange Zeitraum, in dem es noch Nachbeben gab - das habe alle Experten überrascht, sagt Andreas Henk. Der Geologie-Professor der Universität Freiburg beschäftigt sich vor allem mit der Erdwärme und ihrer Nutzung. Nach den jüngsten Erfahrungen sei selbst ein Beben der Stärke 4 oder 4,5 nicht völlig auszuschließen, sagt Henk. Dann wären auch schlimmere Folgen zu erwarten als die nach Angaben der Geopower Basel bisher gemeldeten 1500 Schäden im Wert von durchschnittlich 700 Franken (etwa 435 Euro).

Keine Zukunft für das Kraftwerk?

Um das Projekt zum Erfolg zu führen, müssten noch deutlich mehr Risse im Gestein geschaffen werden, wodurch wahrscheinlich weitere Beben ausgelöst würden. Nach Meinung von Andreas Henk ist das Vorhaben damit gescheitert: "Ich glaube, dass das aufgrund des Widerstands in der Bevölkerung am Standort Basel keine Zukunft hat."

Als Ende der Erdwärme-Nutzung will der Wissenschaftler das jedoch nicht verstanden wissen, zumal die Technik in bis zu 3000 Metern Tiefe längst genutzt werde. Mit den "Hot-Dry-Rock"-Kraftwerken müsse man eben in tektonisch weniger aktive Regionen gehen: "Es ist verlockend. Sie haben dort Temperaturen bis zu 200 Grad, eine praktisch unerschöpfliche Energiequelle - das sollte man nicht verschenken", meint Henk.

Nicht als Schutz vor großen Beben geeignet

Gegner des Baustopps behaupten, die künstlich ausgelösten, kleineren Erdstöße könnten ein vernichtendes Erdbeben verhindern. Doch das wird das Baseler Kraftwerk kaum retten. Die Beben hätten zwar natürliche Spannungen im Untergrund abgebaut, erklärt Andreas Henk, das jedoch vollkommen unkontrolliert. Außerdem hätten die nun gelösten Spannungen "vielleicht erst in Hunderttausend Jahren zu einem Erdbeben geführt."

Luftaufnahme der Bauarbeiten in Basel (Quelle: Geopower Basel)
Der Bohrturm für den zweiten Schacht ist längst abgebautBild: Geopower Basel

Auch der Schweizerische Erdbebendienst kann den Erdstößen nichts Gutes abgewinnen: Bei einem Beben der Stärke 6 würden sehr viel größere Gesteinsflächen auseinanderbrechen als bei den nun gemessenen Erschütterungen.

Die Betreiberfirma verlegt sich derweil aufs Abwarten. Bohrloch und Überwachungssysteme werden weiter betrieben, die Arbeiten am zweiten Schacht wurden bereits nach dem ersten Erdbeben abgebrochen. Wann sich das Gestein wieder beruhigt, ist unklar. Andreas Henk: "Ich fürchte, da wird sich keiner mehr festlegen wollen."