1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Erdbeben und Atomangst halten Japan in Atem

11. April 2011

Genau einen Monat nach dem verheerenden Erdbeben und der Tsunami-Katastrophe fanden in Japan Gedenkveranstaltungen statt. Schon kurz später erschütterte ein neues Nachbeben der Stärke 7,1 die Krisenregion.

https://p.dw.com/p/10rCO
Eine stehengebliebene und kaputte Uhr hängt an einer Straße, die durch Trümmer führt (Foto: AP)
Noch immer gleichen weite Landstriche TrümmerfeldernBild: AP

Sirenen zur Erinnerung, stilles Gedenken im ganzen Land und kurze Zeit später ein starkes Nachbeben - Japan kommt auch einen Monat nach der verheerenden Naturkatastrophe mit dem Jahrhundert-Erdbeben der Stärke 9,0 und Tsunami nicht zur Ruhe.

Stromprobleme in Fukushima?

Das Atomkraftwerk Fukushima I (Foto: dpa)
Die Evakuierungszone um das AKW soll erweitert werdenBild: picture-alliance/dpa

Am Montagnachmittag Ortszeit (11.04.2011) erschütterte ein neues schweres Nachbeben die Provinz Fukushima, wo auch das havarierte Atomkraftwerk liegt. Der Erdstoß mit dem Wert 7,1 auf der Richterskala war auch im rund 150 Kilometer entfernten Tokio zu spüren. Erste Schäden wurden aus der Stadt Iwaki gemeldet, Fernsehbilder zeigten Brände. Die unmittelbar ausgebene Tsunami-Warnung wurde kurze Zeit später wieder aufhegoben. In Sendai und anderen Städten liefen die Menschen voller Angst auf die Straße.

Das Nachbeben hat auch die Stromversorgung an der Atomruine von Fukushima für etwa 50 Minuten unterbrochen. Wie der Betreiber Tepco mitteilte, fiel der Strom für die Pumpen zum Kühlen der Reaktoren 1, 2 und 3 aus. Inzwischen konnte die Versorgung und damit auch die Kühlung der Reaktoren wieder hergestellt werden.

Schweigeminute und Gedenken

Ein Japaner und sein Enkel gedenken auf der Hausruine der Opfer (Foto: dapd)
Tiefe TrauerBild: dapd

Zuvor, exakt um 14.46 Uhr Ortszeit (7.46 Uhr MEZ), hatten die Menschen in ganz Japan ihre Arbeit niedergelegt und verweilten für Minuten mit gesenkten Köpfen, gefalteten Händen, geschlossenen Augen. Die Erinnerungen an die schrecklichen Ereignisse vom 11. März 2011 werden wohl niemals ausgelöscht werden.

Auch wer nicht persönlich durch die Katastrophe betroffen war, solidarisiert sich mit seinen Landsleuten. So wirkt das Leben in Tokio auch einen Monat nach der Katastrophe wie betäubt. Leere Leuchtreklamen oder Mut machende Texte statt Werbebanner an den Hochhäusern. Statt der traditionellen Kirschblütenfeste gibt es Anti-Atomkraft-Demonstrationen.

Evakuierungszone soll erweitert werden

Und immer noch weiß niemand, wie es mit dem Atomkraftwerk Fukushima I, rund 150 Kilometer nördlich von Tokio, weiter geht. Zunächst erklärte die Regierung, dass die Gefahr, die von den havarierten Reaktoren ausginge, nicht mehr so hoch einzustufen sei. "Das Risiko, dass sich die Situation verschlechtern wird und dass es neue massive Ausstöße radioaktiver Substanzen geben wird, wird deutlich geringer", erklärte Regierungssprecher Yukio Edano.

Entgegen der bisherigen Haltung will die japanische Regierung die aktuelle Evakuierungszone von 20 Kilometern erweitern. Regierungssprecher Edano gab bekannt, die Zone solle künftig auch weitere stark verstrahlte Gebiete wie etwa den Ort Iitate umfassen, der rund 40 Kilometer von dem Kraftwerk entfernt ist. Kindern, Schwangeren und Kranken riet Edano, sich Fukushima grundsätzlich nicht näher als 30 Kilometer zu nähern.

Die Umweltorganisation Greenpeace verlangt schon seit Wochen eine Ausweitung der Sperrzone. Experten der Umweltschutzorganisation hätten rund 60 Kilometer von dem havarierten Kraftwerk entfernt gesundheitsgefährdende Radioaktivität im Boden festgestellt, teilte Greenpeace mit. Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA hatte eine Vergrößerung der Schutzzone ebenfalls empfohlen.

Tepco-Chef abgewiesen

Unterdessen reiste der Chef des Atombetreibers Tepco, Masataka Shimizu, in die Provinz Fukushima, um sich bei der lokalen Regierung zu entschuldigen. Gouverneur Yuhei Sato weigerte sich jedoch laut Medienberichten, ihn zu sehen. Es ist bereits das zweite Mal, dass der Gouverneur von Fukushima ein Treffen mit Shimizu ablehnt.

Der Tepco-Chef wird scharf kritisiert, da er sich zwei Tage nach Beginn der Katastrophe offiziell wegen Unwohlseins zurückgezogen hatte und seitdem nicht mehr in der Öffentlichkeit erschienen war. Mitarbeiter seines Unternehmens versuchen unterdessen weiter, die Atomruine unter Kontrolle zu bringen.

Männer mit Sicherheitshelmen durchsuchen Häusertrümmer (Foto: dapd)
Die Katastrophenregion kommt nicht zur RuheBild: dapd

Wahrscheinlich 28.000 Tote

Auch die Suche nach Toten geht unvermindert weiter. In einer großangelegten Suchaktion wurden am Sonntag 103 Tote gefunden. 22.000 Soldaten der japanischen Streitkräfte und des US-Militärs hatten am Sonntag den Nordosten der Hauptinsel Honshu durchkämmt. 90 Flugzeuge waren über der Region gekreist, die von dem Beben der Stärke 9,0 und dem Tsunami verwüstet worden war.

Von 50 Schiffen aus war entlang der Küste nach Vermissten Ausschau gehalten worden, Taucher hatten das Meer abgesucht. Die Behörden gehen davon aus, dass bei der Katastrophe fast 28 000 Menschen starben. Bisher wurden etwa 13 000 Tote geborgen.

Dank an die Hilfe aus aller Welt

Naoto Kan (r.) während der Schweigeminute (Foto: dapd)
Regierungschef Kan (r.) bedankte sich in einem BriefBild: dapd

"Vielen Dank für die Bande der Freundschaft" – Mit diesen Worten bedankte sich Japans Regierungschef Naoto Kan für die internationale Unterstützung nach der Naturkatastrophe. In einem Brief, der in mehreren großen Tageszeitungen weltweit veröffentlicht wurde, schreibt Kan, Menschen aus aller Welt hätten den Japanern Hoffnung gebracht und Mut gemacht.

"Ich möchte jedem Land, jeder Organisation und Ihnen persönlich von tiefstem Herzen danken." Nach dem Beben und dem Tsunami habe es in der betroffenen Region weder Essen, noch Wasser, noch Strom gegeben. In dieser Zeit der "Verzweiflung" hätten Menschen aus aller Welt geholfen.

Autorin: Marion Linnenbrink (afp, dpa)
Redaktion: Annamaria Sigrist