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Erdogan droht und handelt

15. Juni 2013

Zuerst sah es so aus, als wolle der türkische Regierungschef einlenken. Jetzt hat er den Demonstranten in Istanbul erneut gedroht: Bis Sonntag sollen alle abgezogen sein. Die Polizei rückte jedoch schon Samstagabend an.

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Türkeis Prmier Tayyip Erdogan bei einer Pro-AKP-Demonstration in Ankara (Foto:rtr)
Bild: Reuters

Die türkische Polizei hat den seit zwei Wochen von Demonstranten besetzten Gezi-Park in Istanbul gestürmt. Polizisten räumten den Park am Samstagabend vollständig, wie Augenzeugen berichteten. Zuvor waren die Sicherheitskräfte bereits mit Wasserwerfern und Tränengas gegen Protestierende auf dem nahen Taksim-Platz vorgegangen.

Nur Stunden vor dem Polizeieinsatz im Gezi-Park und auf dem Taksim-Platz hatte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan den Demonstranten ein Ultimatum gesetzt, bis Sonntag abzuziehen.

Bei einer Großkundgebung in Sincam, einem Vortort von Ankara hatte er vor zehntausenden Anhängern betont: "Ich sage es klar: Räumt den Taksim. Wenn er nicht geräumt ist, werden die Sicherheitskräfte dieses Landes wissen, wie er zu evakuieren ist". Die AKP plant für Sonntagnachmittag eine Demonstration in Istanbul.

Erdogan-Anhänger machen mobil

Besetzer wollen bleiben

Die Besetzer des Gezi-Parks und dem angrenzenden Taksim-Platz hatten noch am Samstag-Vormittag die Fortsetzung ihrer Proteste angekündigt. Grund sei unter anderem, dass festgenommene Demonstranten bislang nicht freigelassen worden seien. Zudem komme die Regierung der Forderung nach personellen Konsequenzen bei der Polizei, die mit großer Härte gegen die Proteste vorgegangen war, nicht nach.

Vertreter des Bündnisses hatten sich am Donnerstagabend mit Erdogan in dessen Residenz in der Hauptstadt Ankara getroffen. Anschließend erklärte die Regierung, das vorläufig gestoppte Bauprojekt im Gezi-Park bis zu einem endgültigen Gerichtsurteil über dessen Rechtmäßigkeit nicht weiter zu verfolgen. Sollte die Justiz das Vorhaben für legal erklären, wolle die Regierung die Bürger Istanbuls in einer Volksabstimmung dazu befragen.

Demonstrant mit Polizisten (Foto: Luigi Coli / EIDON/MAXPPP)
Die Demonstranten in Istanbul wollen sich nicht einschüchtern lassenBild: picture-alliance/dpa

Zorn richtet sich gegen Erdogans Politik

Die Pläne für eine Bebauung des Parks am Taksim-Platz waren Auslöser der Proteste. Angesichts des harten Vorgehens der Polizei und der unnachgiebigen Haltung der Regierung weiteten sie sich rasch auf andere Städte aus. Inzwischen richten sie sich allgemein gegen Erdogan. Die Demonstranten werfen ihm einen autoritären Regierungsstil und die Missachtung abweichender Meinungen vor. Die vorwiegend jungen und säkular gesinnten Protestteilnehmer verdächtigen ihn zudem, eine schleichende Islamisierung der Gesellschaft zu betreiben.

Wegen des harten Vorgehens der Polizei gegen die Kundgebungen wurde Erdogan bereits von zahlreichen westlichen Partnern kritisiert. Laut dem türkischen Ärztebund wurden bei Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten seit Ende Mai vier Menschen getötet und fast 7500 weitere verletzt.

as/se (afp, rtr, dpa)