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Erfahren und umstritten

Bettina Marx21. Januar 2002

Der ehemalige Kanzlerberater Michael Steiner hat einen neuen Job: Er ist zum UN-Verwalter für die jugoslawische Provinz Kosovo ernannt worden. Das gab die UNO am Montag in New York bekannt.

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Von Berlin nach Pristina: Michael SteinerBild: AP

Erfahrung auf dem Balkan hat er bereits, Michael Steiner, der neue UN-Beauftragte für das Kosovo. Jahrelang arbeitete der deutsche Diplomat im Auswärtigen Amt in den Abteilungen, die sich um eine politische Lösung für Jugoslawien und seine Nachfolgestaaten bemühten.

Seit 1994 war er sogar Leiter des Arbeitsstabes Internationale Friedensbemühungen im ehemaligen Jugoslawien. Gleichzeitig war er als Sonderbotschafter auch Mitglied der Internationalen Kontaktgruppe, die sich um eine Beendigung des Bosnienkrieges bemühte.

Der Fast-Nachfolger

Anfang 1996 wurde er vom damaligen Außenminister Klaus Kinkel nach Sarajevo entsandt. Erfolgreich und medienwirksam fungierte er dort als Stellvertreter des Hohen Repräsentanten der UNO für Bosnien, Carl Bildt. Lange Zeit wurde er auch als wahrscheinlicher Nachfolger Bildts gehandelt. Doch als der Schwede im Mai 1997 sein Amt aufgab, verweigerte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl Steiner die Nominierung für dessen Nachfolge, denn die Bundesregierung wollte sich nicht zu intensiv in der Bosnien-Politik engagieren.

Enttäuscht verließ Steiner damals den Balkan und wurde Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Prag. An der deutschen Botschaft in der tschechischen Hauptstadt hatte er seine ersten diplomatischen Meriten erworben, als sich im Sommer 1989 Tausende DDR-Bürger auf das Gelände der Botschaft flüchteten und dort in einem provisorischen Zeltlager untergebracht wurden. Steiner war damals Presseattaché an der Botschaft und machte sich einen Namen als zupackender Krisenmanager, der einigen Flüchtlingen eigenhändig über den Zaun um das Botschaftsgelände half.

Schröder ruft

Seine Amtszeit als deutscher Botschafter in Prag jedoch dauerte nicht lange. Denn noch im gleichen Jahr, nach der Bundestagswahl im Herbst 1998, rief ihn der neu gewählte Bundeskanzler Gerhard Schröder als seinen außenpolitischen Berater zurück nach Bonn.

Steiner, der Schröder vorher nie begegnet war, avancierte in den inneren Zirkel der Macht und war entscheidend mitverantwortlich für die Neuorientierung der deutschen Außenpolitik.

Streit mit Fischer

Sein Stern begann zu sinken, als er im Mai 2001 eine Affäre lostrat, die die deutsche Diplomatie in Misskredit brachte und zu einem tiefen Zerwürfnis zwischen Steiner und Bundesaußenminister Joschka Fischer führte. In einem Gespräch zwischen Bundeskanzler Schröder und dem amerikanischen Präsidenten George W. Bush berichtete Steiner, der libysche Staatschef Muammar al Gaddafi habe sich ihm gegenüber zu dem Anschlag auf die Berliner Diskothek La Belle bekannt. Bei diesem Attentat in einer von US-Soldaten frequentierten Bar waren im Jahr 1986 drei Menschen getötet worden.

Die Bundesregierung dementierte den durch eine Indiskretion an die Öffentlichkeit gelangten Bericht zwar umgehend, aber Steiners Ansehen war durch diese Affäre schwer angeschlagen.

Das endgültige Aus für den Kanzlerberater kam aber erst im November des vergangenen Jahres, als Steiner sich bei einer Kanzlerreise nach Moskau gegenüber deutschen Soldaten im Ton vergriff. Steiner musste gehen, sein Nachfolger wurde der deutsche UN-Botschafter Dieter Kastrup.

Mit seiner Berufung als UN-Sondergesandter für das Kosovo wird der 52-Jährige auch Untergeneralsekretär der UNO. Er ist damit neben dem Leiter der UN-Umweltorganisation UNEP, Klaus Töpfer, der zweite Deutsche, der ein so hohes Amt bei den Vereinten Nationen innehat.