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Erfolge im Pankisi-Tal

Barbara Minderjahn9. November 2002

Seit Jahren geht Russland mit Militärgewalt gegen separatistische Bestrebungen in Tschetschenien vor. Dass oftmals politische Lösungen besser greifen, zeigt die Erfahrung in Georgien.

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Georgische Truppen an einem Checkpoint nahe der Stadt MataniBild: AP

In Georgien leben schon seit Jahrhunderten Angehörige des tschetschenischen Volkes. Sie heißen Kisten und wohnen im Pankisi-Tal. Die Schlucht liegt im südlichen Teil des großen Kaukasusgebirges und beginnt direkt hinter der georgisch-russischen Grenze. Bis in die jüngste Vergangenheit konnten Tschetschenen und Kisten über die unzähligen kleinen Trampelpfade, die durch das 3000 Meter hohe Kaukasusgebirge führen, Kontakt halten.

Sicherheitspolitisches Problem

Doch mit dem Beginn des russischen Tschetschenienkrieges wurde das abgeschiedene Tal für Georgien zum sicherheitspolitischen Problem. Rund 10.000 Flüchtlinge nutzen den Weg über die Berge, um im Pankisi-Tal Unterschlupf vor den russischen Panzern zu finden. Unter die Zivilisten mischten sich auch bewaffnete Kämpfer. Jahrelang hat die georgische Regierung versucht, das Problem zu leugnen, während das russische Militär georgische Dörfer bombardierte, um Georgien zu radikalerem Vorgehen gegen die Tschetschenen zu zwingen.

Doch gerade im Kaukasus, wo die Menschen für ihren Freiheitswillen bekannt sind, wo es noch immer die Tradition von Blutrache gibt und wo selbst kleine Jungen schon lernen, mit Waffen umzugehen, kann jedes militärische Eingreifen in einem Krieg enden. Dies war eine der Überlegungen, die die georgische Regierung davon abgehalten haben, gegen mögliche Extremisten durchzugreifen.

Konflikte verhindern

Gela Tscharkviani, der außenpolitische Berater von Eduard Schewardnadse erläuterte noch zu Beginn dieses Jahres: "In solchen Regionen wie Pankisi, wo verschiedene Ethnien leben, ist es gefährlich, Blut zu vergießen. Wir hätten einen ernsthaften Konflikt zwischen den Georgiern und den Tschetschenen heraufbeschwören können." Vor einigen Monaten kam es hinter den Kulissen dann zu einer politischen Annäherung zwischen Georgien und Russland. Rainer Kaufmann, Herausgeber der Internetseite georgien-news.de erzählt: "Die Geheimdienste aus Russland, Amerika und Georgien arbeiten im Pankisi-Tal in einer recht guten Dreierkooperation intensiv zusammen. Ich selbst habe gesehen, wie sich der georgische Sicherheitsminister mit dem russischen Botschafter über die Sicherheitslage im Tal unterhalten hat."

Die Annäherung, die unter Vermittlung der USA zustande kam, hängt vor allem mit innenpolitischen Entwicklungen zusammen. Auch für Georgier und tschetschenische Zivilisten selbst war die Lage im Pankisi-Tal mittlerweile unerträglich geworden. Das abgeschiedene Tal war zunehmend unsicher geworden. Zahlreiche Geschäftsmänner und sogar georgische Polizisten waren Anfang des Jahres dort entführt worden.

Militär ist nicht einverstanden

Eines der Hauptprobleme war die Situation bei den Grenz- und Polizeikontrollen. In einem Staat wie Georgien, der ständig von Finanzsorgen geplagt ist und seinen Beamten keine Gehälter zahlen kann, mit denen sie überleben können, sind auch die Kontrollbehörden korrupt. Um dem Amtsmissbrauch entgegen zu wirken, haben Wladimir Putin und der georgische Präsident Eduard Schewardnadse im Zuge ihrer Zusammenarbeit auch gemeinsame Grenzkontrollen vereinbart.

Die Zusammenarbeit zwischen Amerikanern, Russen und Georgiern erweist sich nach Angaben von Beobachtern als erfolgreich – erfolgreicher jedenfalls als zuvor sämtliche Militärschläge Russlands in Georgien. Ob das so bleibt, muss sich zeigen: Die russische Militärführung ist mit der Entscheidung Putins, zumindest in Georgien politische Kompromisse zuzulassen, nicht einverstanden.