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Erfolgreich gegen Ebola

Claudia Heissenberg21. Mai 2015

Was lernen aus der Ebola-Epidemie? Darüber berät die WHO gerade auf ihrer Jahrestagung. Ein Blick in die Elfenbeinküste lohnt: Dort hat es keinen einzigen Fall gegeben, trotz Nachbarschaft zu Liberia und Guinea. Warum?

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Elfenbeinküste - Leben in Zeiten von Ebola (Foto: Claudia Heissenberg/DW)
Bild: DW/C. Heissenberg

"Sie sagen, die Krankheit ist tödlich, darum gehen alle auf Distanz. Auch in unserem Viertel", sagt Madame Kra, die in der Hauptstadt Abidjan lebt. "Man weiß ja nie, ob nicht doch jemand infiziert ist". Seit sie in den Nachrichten zum ersten Mal von Ebola gehört hat, verlässt die 52-Jährige das Haus nur noch, wenn es unbedingt nötig ist. Auf ihrem Esstisch steht ein Plastikbottich mit Wasser, daneben Seife und ein Desinfektionsmittel, das laut Aufschrift 99,9 Prozent aller Bakterien abtötet. Das gelbe Gel findet sich landesweit an jedem Waschbecken, im Eingangsbereich von Banken, Behörden, Supermärkten und manchmal sogar zwischen Ketchup und Senf auf dem Tisch im Restaurant.

Angst und Auflärung

Ihren fünf Kindern hat Madame Kra eingebläut, anderen nicht die Hand zu geben, auch wenn das unhöflich ist. Wenn sie von Freunden zu Geburtstagfeiern eingeladen werden, sollen sie dort möglichst nichts essen. "Du kannst nicht wissen, ob dein Freund es vielleicht hat und dich ansteckt. Der Tod lauert überall und jeder hier hat Angst zu sterben."

Elfenbeinküste - Leben in Zeiten von Ebola (Foto: Claudia Heissenberg/DW)
Aufklärungs-Spots, Plakate, Waschlotion: Die Ivorer sind vorsichtig gewordenBild: DW/C. Heissenberg

Ebola hat das Leben in der Elfenbeinküste verändert, auch wenn sich dort bislang niemand infiziert hat. Der Staat grenzt im Westen an Guinea und Liberia - neben Sierra Leone zwei der am schlimmsten von Ebola heimgesuchten Länder. Rund 11.000 Menschen sind seit Dezember 2013 in Westafrika an dem Virus gestorben. Im Kampf gegen die Seuche hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mittlerweile schwere Versäumnisse eingeräumt. Durch frühere und effektivere Hilfe hätten viele Menschen gerettet werden können. Auf der Jahrestagung der UN-Organisation diese Woche in Genf wurden deshalb grundlegende Reformen angekündigt.

In der Elfenbeinküste sind die Menschen vor allem eines: vorsichtig. Sie vermeiden Berührungen und achten mehr auf Hygiene. In Kirchen und Moscheen wurde der Friedensgruß nach dem Gebet durch eine Verbeugung ersetzt. Als in den Nachbarländern Guinea und Liberia vor fast anderthalb Jahren die ersten Menschen an Ebola erkrankten, reagierte die ivorische Regierung schnell. Delegationen aus Gesundheitsfachleuten und Lokalpolitikern reisten bis in die entferntesten Dörfer, um die Bevölkerung über die Seuche aufzuklären. Schon seit August 2014 dürfen Flugzeuge aus den betroffenen Ländern nicht mehr landen, auch die Grenzübergänge wurden geschlossen.

Elfenbeinküste - Leben in Zeiten von Ebola (Foto: Claudia Heissenberg/DW)
Weil Wildfleisch verboten ist, machen die Fischverkäuferinnen gute GeschäfteBild: DW/C. Heissenberg

Razzien auf Märkten und in Restaurants

Überall im Land hängen große Plakate und klären über die Gefahren der Krankheit und über Schutzmaßnahmen auf. Im Fernsehen laufen ununterbrochen Infobänder mit kostenlosen Notrufnummern. In Bahnhöfen und anderen öffentlichen Gebäuden gibt es improvisierte Waschgelegenheiten. Oft wird auch Fieber gemessen. Viele Menschen seien sensibilisiert, würden sich regelmäßig die Hände waschen, sagt auch Daniel Spalthoff, der beim Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF verantwortlich ist für die Wasser- und Sanitärversorgung. "Mit hoher Wahrscheinlichkeit hat das Menschenleben gerettet."

Verboten sind seit dem Ausbruch der Epidemie die Jagd, der Verkauf und der Konsum von Wildfleisch. Wer dagegen verstößt, muss mit empfindlichen Geldstrafen oder sogar Gefängnis rechnen. "Ich habe vor kurzem eine Razzia in einem Restaurant miterlebt. Die Polizisten haben sogar die Kühlschränke durchsucht und in die Töpfe geschaut, um zu überprüfen, ob dort Wildfleisch zubereitet wird", sagt Mori Touré, der als Touristenführer und Fahrer arbeitet. Wie viele Ivorer hat auch er Fleisch komplett von seinem Speiseplan gestrichen, sogar Huhn und Rind. Stattdessen kocht seine Frau Fisch und viel Gemüse. Besuche bei Verwandten und Freunden hat das Ehepaar auf ein Minimum reduziert.

Elfenbeinküste - Leben in Zeiten von Ebola (Foto: Claudia Heissenberg/DW)
Mori Touré isst überhaupt kein Fleisch mehrBild: DW/C. Heissenberg

"Stop Ebola" als Handy-Klingelton

Bereits im vergangenen Sommer hat der bekannte ivorische Blogger Israel Yoroba ein Lied gegen Ebola ins Internet gestellt. In dem Video-Clip sieht man Fotos aus Quarantäne-Stationen in den Ebola-Gebieten, von Patienten, die am Tropf hängen und Menschen in Schutzanzügen und dazwischen einen jungen Mann, der durch die Straßen von Abidjan läuft. "Wenn die Krankheit dich erwischt", singt er, "bekommst du Fieber und Blutungen. Das Virus ist gefährlich, also pass auf dich auf und rede mit anderen, denn man kann daran sterben". Musik ist für den 33-Jährigen ein wirksames Instrument, um möglichst viele Menschen zu erreichen.

Den Text hat er aus einer Informationsbroschüre des Gesundheitsministeriums. "Nicht nur der Staat muss handeln, Ebola betrifft das ganze Land, und ich wollte etwas tun, um die Aufklärungskampagne unserer Regierung zu unterstützen." Mittlerweile bietet ein großer ivorischer Mobilfunkanbieter das Lied kostenlos als Klingelton an. So hören zwischen drei und vier Millionen Menschen die Botschaft "Stop Ebola" jedes Mal, wenn sie angerufen werden.