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Erfolgsrezept Schönheit

Deborah Wild / Grietje Zimmermann / pf31. Januar 2002

Was macht einen Menschen eigentlich schön? Haben es schöne Menschen leichter? Welche Bedeutung hat Schönheit in unserer Gesellschaft? In den Zeiten der plastischen Chirurgie wird Schönheit zu einem Wirtschaftsfaktor.

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Wahl der Miss GermanyBild: AP

Am vergangenen Samstag (26. Januar 2002) wollten es 22 junge Frauen mal wieder wissen und traten in Berlin zur Wahl der "Miss Germany" an. Die 24jährige Berlinerin Katrin Wrobel darf sich seitdem mit dem Titel schmücken. Die Auszeichnung wurde vor 75 Jahren zum ersten mal vergeben. Mit einer Blümchenkrone wurde Hildegard Quandt in Berlin 1926 zu schönsten Frau Deutschlands gekürt. Aber das Thema Schönheit beschäftigt die Menschen schon wesentlich länger.

Schönheit ist eine Modeerscheinung

"Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land", wollte schon Schneewittchens Stiefmutter wissen. Doch heute würde die Antwort vermutlich anders lauten als vor ein paar hundert Jahren. Schönheitsideale ändern sich. Einst waren es üppige Formen, wie sie der Maler Rubens verehrte. Heute hat der androgyne Körper einer Kate Moss diese vollschlanken Damen abgelöst. Auch eine Marilyn Monroe hätte mit ihren vollen Hüften im Jahr 2002 kaum Chancen auf den Schönheitstitel. Der Schönheitschirurg Axel Neuroth bringt es auf den Punkt: "Die Schönheit ist wandelnden Modeströmungen unterlegen, wenn es um Ideale geht. Schönheit ist aber überzeitlich."

Symmetrie und Durchschnittlichkeit

Was wir als schön empfinden, hängt weniger von kulturellen und temporären Einflüssen ab, als von der Biologie. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen hat unser Gehirn ganz bestimmte Regeln, nach denen es entscheidet. Wichtig sind Symmetrie und Durchschnittlichkeit. Wer nämlich glaubt, Schönheit sei etwas Außergewöhnliches, liegt gänzlich falsch. Unser Gehirn wäre damit überfordert, sich alle Gesichter zu merken. Deshalb erstellt das Gehirn aus verschiedenen Gesichtern ein Durchschnittsgesicht, einen sogenannten Prototyp.

Personen erkennen wir daran, wie sie von diesem Durchschnittszügen abweichen. Gesichter die unserem gespeicherten Prototyp am Nächsten kommen, empfinden wir als schön. So betrachtet ist die viel bewunderte Schönheit einer Claudia Schiffer nichts besonderes, sondern eben Durchschnitt. Trotzdem liegen ihr Tausende zu Füßen.

Claudia Schiffer - Deutsches Top-Model
Claudia SchifferBild: AP

Schöne Menschen haben es eben leichter. Auch das ist wissenschaftlich erwiesen. Prof. Karl Grammer erklärt, dass dies schon bei Säuglingen der Fall ist. Gibt man ihnen eine Auswahl von Fotos, betrachten sie Bilder von schönen Menschen länger als Bilder mit weniger attraktiven Leuten. Selbst noch in der Schulzeit werden schöne Kinder für die gleichen Missetaten geringer bestraft und auch bei der Notengebung ist die Schönheit von Bedeutung. Prof. Grammer erläutert weiter, dass im Berufsleben attraktivere Leute mehr Geld verdienen. Den Höhepunkt sieht er beim Umgang mit Verbrechen: "Schönere Verbrecher kriegen für die gleichen Verbrechen geringere Strafen als schlechter aussehende."

Opfer für die Schönheit

Das Leben ist nun mal nicht fair. Das akzeptiert niemand gerne. Um dem jeweiligen Schönheitsmaßstäben zu entsprechen, haben Menschen zu allen Zeiten und in allen Kulturen ihren Körper manipuliert. Im alten Ägypten galt ein hoher Schädel als Ideal. Deswegen presste man schon die Schädel von Babys mit Bandagen in Form. In China schnürten sich Frauen die Füße ab, weil eine kleine Schuhgröße als attraktiv galt. Allerdings waren der Verschönerung früher Grenzen gesetzt. Das ist heute anders. Mit Hilfe der plastischen Chirurgie scheint fast alles möglich. Nicht nur Models und Schauspieler machen davon Gebrauch. In einer Umfrage sprachen sich 1995 nur 5% der Deutschen für Schönheitsoperationen aus. Im Jahr 2000 war es bereits jede(r) Vierte.

Schönheit als Voraussetzung für Erfolg?

Der Körper wird nun zu dem Ort, an dem die Kämpfe um Marktfähigkeit und Karriere ausgetragen werden. In einer Gesellschaft, die von Bildern lebt, wird Schönheit immer mehr zu einer Voraussetzung für Erfolg. Das jedenfalls glaubt der Trendforscher Francis Müller herausgefunden zu haben. Der Sozialwissenschaftler beschäftigt sich mit Entwicklungen in der Gesellschaft. "Schönheit wird machbar, Schönheit wird Pflicht. Wer sich nicht schön macht, ist selbst schuld an seinem Versagen, böse gesagt ..."

Doch für diejenigen unter uns, die weder von der Natur mit gutem Aussehen gesegnet sind, noch sich eine Schönheitsoperation leisten können, gibt es einen Lichtblick am dunklen Horizont. Francis Müller glaubt, das die gesellschaftliche Obsession mit Schönheit ihren Höhepunkt erreicht hat. In einer Gesellschaft in der jeder schön ist, sind auch wieder Inhalte gefragt.