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Urlaub für Kuscheltiere

5. Februar 2010

Eine ausgefallene Geschäftsidee lockt seit geraumer Zeit nicht nur Touristen, sondern auch Kuscheltiere nach Berlin. Eine willkommene Werbung für die deutsche Hauptstadt.

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Fernschreiber Berlin (Grafik: DW)
Bild: DW

Unter dem Namen "Teddy Tour Berlin" organisieren zwei Mittdreißiger in Berlin Pauschalreisen für Plüschtiere. Wer also aus aller Welt sein Kuscheltier daran teilnehmen lassen will, schickt es zu den beiden Geschäftspartnern in die deutsche Hauptstadt. Mit den Teddys und anderen Plüschfiguren unterm Arm ziehen die beiden Veranstalter dann durch Berlin und schießen mit den Kuscheltieren Fotos vor Berliner Sehenswürdigkeiten. Etwas schräg das Ganze, werden Sie vielleicht denken. Doch, was verbirgt sich genau dahinter?

Teddy vor Reichstag (Quelle: Teddy-Tour-Berlin)
Bild: teddy-tour-berlin.de

Am Anfang war eine Geschenkidee

Es begann alles mit der Suche nach einem originellen Geburtstagsgeschenk für einen Freund. Dessen Teddy haben Karsten Morschett und Thomas Vetsch kurzerhand entführt und sind mit ihm quer durch Berlin gezogen. Unterwegs schossen sie viele Fotos, die sie dem Geburtstagskind dann schenkten. Die Freude war riesig. Danach kamen viele Anfragen von Teddybär-Besitzern, ob sie nicht auch mal mit deren Kuscheltieren zum Foto-Shooting durch Berlin ziehen könnten.

Ein wenig erinnert das Ganze an die "Fabelhafte Welt der Amélie", jene entzückenden französische Komödie mit Audrey Tautou. Allerdings waren es da nicht Plüschtiere, sondern ein verschwundener Gartenzwerg, der dem einsamen Vater regelmäßig Polaroid-Fotos von seinen Reisen um die Welt schickte. Damit sollte der ewig zuhause gebliebene Stubenhocker zum Reisen animiert werden.

Vielleicht nimmt ja aufgrund von "Teddy Tour Berlin" die Zahl der Berlin-Touristen noch weiter zu. Im Rahmen seiner Botschaftertätigkeit für die Hauptstadtkampagne mit dem Slogan "Be Berlin" wurde "Teddy Tour Berlin" sogar schon vom Regierenden Bürgermeister der Stadt, Klaus Wowereit, ins Rote Rathaus eingeladen.

Picknick mit Bulette und Berliner Weiße

Die teuerste "Teddy Tour de luxe" liegt übrigens bei 109 Euro. Dabei werden markante Punkte in Berlin - wie der Reichstag, die Siegessäule und Schloss Bellevue - angesteuert. Die preisgünstigste und kürzeste Tour mit dem Namen "Paparazzi" kostet 39 Euro. Sämtliche Ausflüge beinhalten ein Gruppenpicknick im Tiergarten, an dem alle teilnehmenden Kuscheltiere die für Berlin typischen Buletten und Berliner Weiße (ein Mix aus Weißbier mit Himbeer- oder Waldmeistersirup) gereicht bekommen. Wie das dann gegessen und getrunken wird, bleibt ein Geheimnis.

Teddy auf Spreetour (Quelle: Teddy-Tour-Berlin)
Bild: teddy-tour-berlin.de

Auch eine einstündige historische Stadtrundfahrt auf der Spree, vorbei an den schönsten Sehenswürdigkeiten, kann gebucht werden. Die Besitzer de Kuscheltiere erhalten ein Foto-Album zur Dokumentation der Tour, ein Überraschungssouvenir, aber auch einen Reisepass und eine Teilnahmeurkunde.

Übrigens: Bei der "De-luxe-Tour" gibt es sogar eine Rückenmassage für den Teddy - natürlich von einer professionellen Physiotherapeutin. Hier gehen nun wirklich ein bisschen die Pferde mit den Veranstaltern durch - doch es soll Kunden geben, die so etwas mögen.

Auftraggeber aus ganz Europa bis nach Australien

Wer lässt seinem Kuscheltier solch einen Luxus angedeihen? Da sei alles dabei, sagt einer der Geschäftsführer. Die Besitzer der Plüschtiere seien zwischen 6 und 72 Jahren alt. Die Älteren kämen aus den verschiedensten Berufen: Finanzbeamte, Rechtsanwälte, freie Künstler. Manche Kunden suchen einfach eine witzige Geschenkidee. Anderen sei es wirklich eine Herzensangelegenheit, ihrem plüschigen Freund, der sie von Kindesbeinen an begleitet hat, etwas Gutes zu gönnen.

Teddy am Kudamm (Quelle: Teddy-Tour-Berlin)
Bild: teddy-tour-berlin.de

Anfragen und Buchungen der Tour gab es bisher nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus vielen anderen europäischen Ländern, von Holland bis Griechenland. Das Interesse reicht sogar bis nach Australien.

In der Regel interessieren sich die Kunden für einen Berlin-Urlaub ihrer Kuscheltiere. Aber es ist auch möglich, die Tour in München, Hamburg, Frankfurt, Leipzig oder Dresden zu absolvieren. Auf Anfrage kann das Angebot auch auf Städte im Ausland erweitert werden.

"Teddys Promi Tour" bei "Madame Tussauds"

Bei der Buchung einer Tour muss auch angegeben werden, ob das Plüschtier an "Teddys Promi-Tour" teilnehmen soll. Im Berliner "Madame Tussauds" wird der Liebling aus Plüsch dann neben den Wachsfiguren von Prominenten abgelichtet. So kann sich der Teddy mit George Clooney oder Jennifer Lopez fotografieren lassen. Aber umsonst gibt es das alles nicht, denn die Kosten für die Zusatztour belaufen sich auf immerhin 30 Euro.

Es gibt auch Kunden mit Sonderwünschen. So wollte ein Kunde einen Flirt für seinen Teddy und legte vorsichtshalber eine Packung Viagra mit ins Paket. Die Tourveranstalter brachten ihn mit einer zufällig anwesenden Barbie-Puppe zusammen.

Anfangs bekamen die Firmengründer auch Vorwürfe zu hören, ob ihr Unternehmen nicht etwas dekadent sei. Doch sie verteidigten die Tour als "Fantasy-Reise".

Ein Teil der Einnahmen geht übrigens an den bundesweiten Verein "Nestwärme e. V.", der Familien mit behinderten und chronisch kranken Kindern unterstützt.

Autorin: Sabine Ripperger

Redaktion: Kay-Alexander Scholz