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Comic-Museum für Erika Fuchs - Donalds deutsche Übersetzerin

Jan Bruck1. August 2015

Einmal in Dagoberts Geldspeicher schwimmen oder in Daniel Düsentriebs Werkstatt stöbern: Das geht nun im ersten deutschen Comic-Museum. Gewidmet ist es aber nicht Donald Duck, sondern seiner Übersetzerin Erika Fuchs.

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Das Erika-Fuchs-Haus in Schwarzenbach
Bild: picture-alliance/dpa/N. Armer

Die gewählte Ausdrucksweise von Dagobert, das hektische Schnattern von Donald, die kessen Sprüche von Tick, Trick und Track, die drollige Schroffheit der Panzerknacker: all das fand sich seit den 1950er Jahren in den deutschen Mickey-Maus-Heften und lustigen Taschenbüchern. Und wer hat die Sprechblasen mit diesen Worten gefüllt?

Es war die 2005 verstorbene Kunsthistorikerin Erika Fuchs. Von 1951 an war sie Übersetzerin und Chefredakteurin des Mickey-Maus-Magazins. Mit ihren Wortspielen und lautmalerischen Schöpfungen prägte sie nachhaltig die deutsche Sprache. Sie trug einen wesentlichen Teil dazu bei, dass sich Comics im Nachkriegsdeutschland von der Schmuddellektüre hin zu einer eigenen Kunstform entwickelten. Ihr zu Ehren wird nun in Schwarzenbach, einer kleinen Stadt nicht unweit von Bayreuth, Deutschland erstes Comic-Museum eröffnet. Von Schwarzenbach aus erfüllte Fuchs Entenhausen mit Leben, hier lebte sie für rund fünf Jahrzehnte.

Erika Fuchs - Chefredakteurin von Mickey Maus, Donald Duck & Co.

Dr. Erika Fuchs: die Mutter aller Sprechblasen
Dr. Erika Fuchs: Mutter aller SprechblasenBild: Imago/Werek

Fuchs war für ihren Mann Günter nach Schwarzenbach gezogen. Er war dort Ingenieur, sie konnte mit ihrer Ausbildung als Kunsthistorikerin an Universitäten in Lausanne, München und London in der Provinz nichts anfangen. Bald begann sie, englische Literatur als Gelegenheitsjob ins Deutsche zu übersetzen, unter anderem für Reader's Digest. In deren Verlagshaus lernte sie irgendwann den Leiter des neugegründeten Ehapa-Verlages kennen.

Er schlug ihr vor, neuartiges Material zu übersetzen: bunte Bildergeschichten, in denen sich Enten und Mäuse mittels Sprechblasen unterhielten. Erika Fuchs lehnte entsetzt ab, einige Comic-Exemplare nahm sie aber dann doch mit nach Hause. Dort wuchsen ihr Mickey, Donald & Co. ans Herz, denn bald darauf stand in jeder Ausgabe bis 1988 ihr Name im Impressum der deutschen Mickey-Maus-Ausgaben.

Aus Huey, Dewey und Louie wurden Tick, Trick und Track

Dabei übersetzte Fuchs nie wörtlich, sondern nutzte die englische Vorlage eher als Inspiration. Sie streute klassische Zitate von Schiller bis Bizet ein, lässt Donald beispielsweise schwärmen: "Wie herrlich leuchtet mir die Natur" und zitiert en passant die erste Zeile von Goethes "Maifest". Auch der Kultsatz "Dem Ingenör ist nicht zu schwör" ist eine Erfindung von Erika Fuchs. Er stammt aus Daniel Düsentriebs Schnabel, um genau zu sein. Und auch die Tick, Trick und Track-Hymne - die im englischen Original übrigens Huey, Dewey und Louie heißen – geht auf ihr dichterisches Konto:

"Wir pfeifen auf Pomade, /
auf Seife, Kamm und Schwamm, /
wir bleiben lieber dreckig /
und wälzen uns im Schlamm."

Solche Zeilen sahen viele deutsche Eltern in den 1960er Jahren nicht gern, doch bei den Nachkriegskindern wurden Comics durch Fuchs' Sprachgenie umso beliebter. Auch dass sie Details aus ihrem Umfeld im Fichtelgebirge nach Entenhausen schmuggelte, wird bei Ortsnamen wie Schnarchenreuth und Kleinschloppen schnell klar.

Der Erikativ

Fuchs erfand Kunstwörter und sogar eine neue Verbform, den Inflektiv, der Übersetzerin zu Ehren auch Erikativ genannt. Wer also gern mal "Grübel", "Ächz" oder "Schnief" sagt, darf sich bei Fuchs für die Erweiterung der deutschen Sprache bedanken. Ihr Entenhausen ist ein Kult-Topos für sich, und durchaus nicht einfach nur die deutsche Ausgabe von "Duckburg", wie die Entenstadt beim Erfinder Carl Bark heißt.

Fuchs starb im Alter von 98 Jahren 2005 in München. Das Erika-Fuchs-Haus in Schwarzenbach würdigt nun Leben und Werk der großen Disney-Übersetzerin. Manuskripte, ihre Schreibmaschine und ihr Notizbuch geben Einblick in Fuchs' Arbeitsweise. Dabei wird klar, wie akribisch und perfektionistisch sie bei ihren Übersetzungen vorging. Oft redigierte sie die Sprechblasen der Comic-Enten bis zu zehn Mal, bevor sie zufrieden war.

In Dagobert Ducks Geldspeicher schwimmen

Fünf Millionen Euro hat das neue Museum gekostet, jetzt hoffen Stadt und Kuratoren, dass die Donald-Fans möglichst zahlreich ins oberfränkische Entenhausen strömen. Im Museum lädt ein "Wort-Generator" dazu ein, selbst Fuchssche Wortungetüme zu erfinden.

In einem weiteren Teil des Museums haben die Macher Entenhausen nachgebaut. Den größten Platz nimmt Dagoberts Geldspeicher ein, in dem Besucher ein Bad in einem Meer aus Talern des Comic-Kapitalisten nehmen können. Auch die Häuser von Donald und Daniel Düsentrieb lassen sich besichtigen. Man sollte eben nur aufpassen, dass nichts "Schwupp Krach!" zu Bruch geht.