Dokumentationszentrum für die "Topographie des Terrors" nimmt Gestalt an
12. Mai 2009Noch wirkt das Areal neben dem Martin-Gropius-Bau unfertig. Aus dem Erdreich ragende Mauerreste, Magnolien, die gerade erst zu wachsen begonnen haben, und dazwischen dieser dezente niedrige Rohbaukörper. Dennoch kommen zahllose Menschen hierher, allein im vergangenen Jahr waren es über 500.000. Angezogen werden sie von einer provisorischen Ausstellung von Fotos und Dokumenten des nationalsozialistischen Terrors, gepinnt an grobe Holzwände. Bröckelndes Mauerwerk ragt zwischen ihnen auf, die freigelegten Überbleibsel der Kellerräume ehemaliger Gestapo-Gefängnisse.
Ort der Täter
Hier, auf dem sogenannten Prinz-Albrecht-Gelände, befanden sich von 1933 bis 1945 die Zentralen der nationalsozialistischen Repressions- und Verbrechenspolitik: das geheime Staatspolizeiamt, die SS-Führung, der Sicherheitsdienst und das Reichssicherheitshauptamt. Hier standen die Schreibtische von Himmler und Heydrich, hier wurde die gewaltsame Beseitigung politischer Gegner beschlossen, hier traf man erste Entscheidungen für den Völkermord an den Juden und für die Ermordung sowjetischer Kriegsgefangener. Und hier wurden insgesamt 15.000 politische Gegner des NS-Regimes Tage, Wochen und Monate inhaftiert. Brutale Verhöre, Isolation und Folter trieben viele von ihnen in den Selbstmord.
Verdrängte Vergangenheit
Die Gebäude wurden während des Zweiten Weltkrieges weitgehend zerstört, bis 1956 trug man die Ruinen dann ab. Die Geschichte schien vergessen. Erst mit der Wiedereröffnung des benachbarten Martin-Gropius-Baus im Jahre 1981 wurden schließlich Forderungen nach einer würdigen Gestaltung der mauernahen Brache laut. Sechs Jahre später entstand dann die Dokumentation zur "Topographie des Terrors". Ein Provisorium unter freiem Himmel, das es nach dem Willen der 1992 gegründeten Stiftung zum Bau und Unterhalt eines Dokumentationszentrums mit angegliederter Dauerausstellung längst nicht mehr geben dürfte.
Eine unendliche Geschichte
Tatsächlich war bereits 1992/93 ein Wettbewerb für einen Museumskomplex ausgeschrieben worden, den der Schweizer Architekt Peter Zumthor mit einem Aufsehen erregenden Entwurf gewonnen hatte. Doch die Kosten für seine feine Stabkonstruktion stiegen ins Unermessliche, beteiligte Baufirmen gingen pleite. Und immer wieder ruhte der Betrieb. Bis zum Jahr 2000 waren 14 Millionen Euro ausgegeben worden, auf dem Gelände aber standen nur drei Treppentürme. Im Frühjahr 2004 sah sich die damalige Kulturstaatsministerin Christina Weiss schließlich zum Eingreifen gezwungen. Zumthor verlor den Auftrag, der Bund stieg als Bauherrr mit in das Projekt ein, die Türme wurden abgerissen und im Jahre 2005 ein neuer internationaler Wettbewerb ausgelobt. Sein Ziel sollte es sein, an diesem "Ort der Täter" eine Gesamtkonzeption für das Gelände der "Topographie des Terrors“ und ein neues Dokumentationszentrum zu entwickeln, das der nationalen und internationalen Bedeutung des historischen Orts im Zentrum der Hauptstadt gerecht wird, gleichzeitig aber diesen "Ort der Täter“ nicht überhöht.
Glückliches Ende
Gewonnen hat den Wettbewerb dann die Berliner Architektin Ursula Wilms mit einem schlichten Pavillon für Ausstellungen und Seminare und eine Bibliothek. Dass Offenheit und Transparenz dessen Architektur kennzeichnen, deutet bereits der nun fertig gestellte Rohbau an. Denn stets schaut man aus dem Gebäude auf das Gelände, dessen Geschichte hier verhandelt wird. Im Mai 2010, wenn sich das Ende des Zweiten Weltkrieges zum 65. Mal jährt, soll es eröffnet werden. 800 Quadratmeter werden für die Dauerausstellung zur Verfügung stehen, 220 für Wechselausstellungen. Und 15 Stationen wird der Rundgang auf dem Gelände umfassen, das der Aachener Landschaftsarchitekt Heinz W. Hallmann als historischen Parcours gestaltet.
Autorin: Silke Bartlick
Redaktion: Aya Bach