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Politik

Aktionäre verklagen Facebook in Datenaffäre

21. März 2018

Wegen des Datenskandals wächst der Druck auf Facebook. Parlamente in den USA, Großbritannien und der EU luden Konzernchef Zuckerberg vor. Die US-Handelsaufsicht schaltet sich ein. Und erste Aktionäre ziehen vor Gericht.

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Facebook Tool - Transparenz über den Einfluss von Internet Research Agency
Bild: picture alliance/NurPhoto/J. Arriens

Nach Enthüllungen um einen mutmaßlichen riesigen Datenmissbrauch haben Aktionäre bei einem US-Bundesgericht in San Francisco Klage gegen das weltgrößte soziale Netzwerk eingereicht. Facebook habe "sachlich falsche und irreführende Aussagen" zur Firmenpolitik gemacht, berichten der Fernsehsender CNN und andere US-Medien, die aus der Klageschrift zitieren. Facebook habe mitteilen müssen, dass es Dritten Zugriff auf Daten von Millionen Nutzern ohne deren Zustimmung gewährt habe, argumentieren die Kläger in dem Dokument. Da das Unternehmen das unterlassen habe, hätten sie große Verluste erlitten. Den Berichten zufolge reichte der Facebook-Aktionär Fan Yuan die Klage stellvertretend für eine ungenannte Zahl weiterer Investoren ein.

Hintergrund ist der dramatische Kurseinbruch der Facebook-Aktie seit Bekanntwerden des Datenskandals um die britische Analysefirma Cambridge Analytica. Der Kurs der Aktie hatte am Montag um sieben Prozent nachgegeben, am Dienstag sackte er erneut um 2,6 Prozent ab. Damit verlor Facebook seit Montag an der Börse zeitweise bis zu 50 Milliarden Dollar an Unternehmenswert.

Cambridge Analytica in London
Cambridge Analytica in London: Die Firma steht im Zentrum der Enthüllungen um FacebookBild: picture-alliance/AP Photo/K. O´Connor

Facebook sieht sich als Opfer

Facebook zeigte sich inzwischen entsetzt, "dass wir hintergangen wurden". Man werde alles tun, um die eigenen Richtlinien durchzusetzen und die Informationen der Nutzer zu schützen. Firmenchef Mark Zuckerberg und alle Verantwortlichen seien sich des Ernsts der Lage bewusst.

Die umstrittene Datenanalyse-Firma, die nach eigenen Angaben einen Großteil des Wahlkampfs für US-Präsident Donald Trump bestritten hat, soll Zugriff auf Facebook-Daten von bis zu 50 Millionen Menschen gehabt haben. Cambridge Analytica bestreitet jedoch energisch, bei Facebook gesammelte Daten für die Trump-Kampagne verwendet zu haben. Die "New York Times" und der "Observer" hatten berichtet, die Firma sei mittels einer App in den Besitz der Facebook-Nutzerdaten gelangt. Mithilfe einer aus diesen Daten entwickelten Software wurden politische Anzeigen geschaltet, die auf einzelne Nutzer zugeschnitten wurden. Die individuelle Ansprache von Wählern über die sozialen Netzwerke gilt als ein Schlüssel für Trumps Wahlsieg 2016.

Firmenchef Alexander Nix, der am Dienstagabend suspendiert wurde, hatte einem angeblichen Kunden gegenüber Angaben zu den Verbindungen seines Unternehmens zu Trump gemacht. Der vermeintliche Kunde entpuppte sich aber als britischer Fernsehreporter von Channel 4. Unter anderem will Nix Trump persönlich mehrere Male getroffen haben. Nix selbst erklärte, er habe nur ein Spiel gespielt. Der Undercover-Reporter hatte sich Nix und andere Top-Manager von November 2017 bis Januar 2018 mehrfach in Londoner Hotels getroffen. Nach Darstellung des Senders antwortete Nix auf die Frage nach der Möglichkeit, negative Informationen über politische Gegner zu beschaffen, seine Firma könne "Mädchen zum Haus des Kandidaten schicken". Ukrainerinnen seien "sehr schön, ich finde, das funktioniert sehr gut".

Zuckerberg soll sich erklären

Nach Bekanntwerden der Affäre wird der Ruf nach Aufklärung immer lauter. Die US-Verbraucherschutzbehörde FTC leitete laut "Washington Post" eine offizielle Untersuchung gegen Facebook ein. In New York und Massachusetts teilten die Staatsanwaltschaften mit, schriftlich Aufklärung von Facebook eingefordert zu haben. Die britische Datenschutzbeauftragte Elizabeth Denham kündigte an, einen Durchsuchungsbefehl gegen Cambridge Analytica erwirken zu wollen. Das Unternehmen habe sich auf Anfragen nach Einsicht in seine Daten "unkooperativ" gezeigt.

EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani schrieb auf Twitter, er habe Zuckerberg "eingeladen". Facebook müsse "vor den Vertretern von 500 Millionen Europäern klarstellen, dass persönliche Daten nicht dazu benutzt werden, um Demokratie zu manipulieren". Der Vorsitzende des britischen Unterhausausschusses für Digitales, Damian Collins, forderte Zuckerberg auf, vor dem Gremium Stellung zu dem "katastrophalen Vorgang des Versagens" seiner Firma zu beziehen. Führende Abgeordnete im US-Senat verlangten, dass dort neben Zuckerberg auch die Chefs von Google und Twitter dort aussagen sollten. Die Internetriesen verfügten über "beispiellose Mengen an persönlichen Daten", zugleich gebe es einen Mangel an Aufsicht über ihren Umgang damit.

Deutsche Behörden schalten sich ein

Bundesjustizministerin Katarina Barley erklärte, Facebook müsse sich an geltendes Datenschutzrecht halten. "Wenn die persönlichsten Interessen von Millionen Facebook-Nutzern für die Trump-Kampagne ausgeforscht wurden, dann ist das eine neue Qualität des Missbrauchs persönlicher Daten", so Barley. Auch die in Deutschland für Facebook zuständige Hamburger Datenschutzbehörde verlangt Auskunft, ob deutsche Nutzer von einem Datenmissbrauch bedroht sind. "Vielen Nutzern ist nicht bewusst, dass Facebook weitere Schnittstellen bietet, über die Dritte ihre Profilinformationen abgreifen können", erklärte Behördenleiter Johannes Caspar. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg verlangte derweil härtere Sanktionen gegen Facebook. Es sei problematisch, dass sich das Unternehmen regelmäßig über geltendes Recht hinwegsetze, sagte der Verbraucherexperte.

kle/stu (dpa, afp, rtr)