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Erste konservative slowakische Regierung steht

14. Oktober 2002

– Dzurindas zweites Kabinett von 20 auf 16 Mitglieder geschrumpft – Keine Frau unter den designierten Ministern

https://p.dw.com/p/2kdE

Köln, 10.10.2002, TASR, SME

TASR, 8.10.2002, slowak.

Die künftigen Koalitionspartner haben die Zusammensetzung der neuen slowakischen Regierung bekannt gegeben. Das Kabinett der vier Rechts-Mitte-Parteien wird von dem amtierenden christdemokratischen Ministerpräsidenten Mikulas Dzurinda geführt.

Dzurindas Slowakische Demokratische und Christliche Union (SDKU) wird fünf Ministerien besetzen. Die Partei der ungarischen Minderheit (SMK) stellt den stellvertretenden Ministerpräsidenten und drei Ressortchefs. Die konservative Christdemokratische Bewegung (KDH) übernimmt wie die wirtschaftsliberale Allianz des neuen Bürgers (ANO) drei Ministerien. Die Zusammensetzung des 16-köpfigen Kabinetts:

  • Premier – Mikulas Dzurinda (SDKU-Vorsitzender, amtierender Premier)

  • Vizepremier – Pal Csaky (SMK-Vizevorsitzender)

  • Außenminister – Eduard Kukan (SDKU-Vizevorsitzender, bisheriger Chefdiplomat)

  • Finanzminister – Ivan Miklos (SDKU-Vorstandsmitglied, bisheriger Vizepremier für Wirtschaft)

  • Wirtschaftsminister - Robert Nemcsics (ANO-Vizevorsitzender)

  • Verkehrminister – Pavol Prokopic (SDKU)

  • Arbeitsminister – Ludovit Kanik (Vorsitzender der Demokratischen Partei, DS, von SDKU gestellt)

  • Innenminister – Vladimir Palko (KDH-Vizevorsitzender)

  • Verteidigungsminister – Ivan Simko (SDKU-Sekretär, bisheriger Innenminister)

  • Justizminister – Daniel Lipsic (KDH)

  • Schulminister – Martin Fronc (KDH)

  • Gesundheitsminister – Rudolf Zajac (parteilos, von ANO gestellt)

  • Kulturminister – Rudolf Chmel (ANO)

  • Landwirtschaftsminister – Zsolt Simon (SMK)

  • Entwicklungsminister – Laszlo Gyurovszky (SMK)

  • Umweltminister – Laszlo Miklos (SMK, bisheriger Umweltminister)

Die Ministerien sind nach dem Schlüssel des Kräfteverhältnisses von 6:4:3:3 und die Posten der Staatssekretäre nach der Formel 8:6:4:4 verteilt worden. (...) (ykk)

SME, 8.10.2002, slowak.

Die neue slowakische Regierung:

Premier

Mikulas Dzurinda

Kaum jemand hat damit gerechnet, dass Mikulas Dzurinda nach der Parlamentswahl vom 20. und 21. September in seinem Amt bestätigt wird. Hinter den Kulissen hieß es, der amtierende Regierungschef werde wahrscheinlich das Amt des Parlamentspräsidenten übernehmen. Mit einer zweiten Amtszeit hat auch der Regierungschef nicht gerechnet. Das unerwartet gute Abscheiden seiner christdemokratischen SDKU (mit 15,09 Prozent zweitstärkste Kraft - MD), die größte Wahlüberraschung überhaupt, hat selbst Dzurinda überrascht. "Wer hätte das vor zwei Wochen gedacht?", erklärte er unmittelbar nach der Wahl. In seinem scheidenden ersten Kabinett gab es nicht selten Spannungen und Schwierigkeiten, der Premier musste oft als Vermittler unter den Koalitionären agieren, um seine Regenbogen-Koalition überhaupt zusammenzuhalten. Dzurinda, geboren am 4.2.1955 in Spissky Stvrtok (Ostslowakei), von Beruf Eisenbahningenieur, hat an der Hochschule für Verkehr im nordslowakischen Zilina (1974-1979) studiert. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Vizepremier

Pal Csaky

"Ein gebürtiger Diplomat, immer nett und höflich, der jeden durch sein gutes Benehmen bezaubert", heißt es bei seinen Mitarbeitern. Die auf diesen Eigenschaften beruhende diplomatische Kunst kann Csaky schon bald auch sehr gut gebrauchen, denn seine wichtigste Aufgabe besteht darin, den EU-Beitritt der Slowakei vorzubereiten. Kritiker werfen ihm vor, er interessiere sich fast ausschließlich für die Fragen der ungarischen Minderheit und mit anderen Problemen beschäftige er sich nur sehr wenig. Inoffiziell heißt es, dass das Amt des einzigen Vizepremiers speziell für Csaky geschaffen wurde. Im Gegenzug dafür, dass die SMK weder eines der wichtigsten Ministerien (Außen-, Finanz-, Wirtschaftsressort) noch den Posten des Parlamentspräsidenten (worauf die SMK mit 11,16 Prozent als drittstärkste Kraft Anspruch hat – MD) erhält. Als oberstes Ziel nennt Csaky die Aufnahme der Slowakei in die Europäische Union 2004.

Außenminister

Eduard Kukan

Nach dem Wahlerfolg der konservativen Parteien wurde automatisch damit gerechnet, dass die SDKU das Außenministerium – das Flaggschiff für die Erfolge von Dzurindas erster Regierung - beibehält. Es überrascht deshalb nicht, dass Eduard Kukan Außenminister bleibt. Sein Ressort sei nicht besonders problematisch, sagt der slowakische Chefdiplomat. Nach dem Studium am Moskauer Institut für internationale Beziehungen war Kukan als Berufsdiplomat im Ausland tätig. Zum Außenminister wurde er schon 1994 in der Regierung Moravcik. In den vier darauffolgenden Jahren drückte er als Abgeordneter die Parlamentsbank.

Finanzminister

Ivan Miklos

Der christdemokratischen SDKU ist Miklos erst 2001 beigetreten. Sein Diplom erwarb er an der Wirtschaftsuniversität zu Bratislava. Im Zeitraum 1991-1992 bekleidete er das Amt des slowakischen Privatisierungsministers. In den Jahren 1992-1998 leitete er als Direktor seine Privatfirma. 1998 holte ihn Dzurinda als einen seiner vier Stellvertreter ins Kabinett. (...) Miklos nennt als wichtigste Ziele: transparenter Haushalt, Abbau des Haushaltsdefizits, harte Sparmassnahmen, bessere Kontrolle der Staatsfinanzen und Reformen im Steuerbereich.

Justizminister

Daniel Lipsic

Das jüngste Mitglied im Dzurindas zweitem Kabinett. Nach dem Jurastudium sammelte er Erfahrungen im Ausland, unter anderem zwei Jahre lang an der Harvard Law School in den USA. In der zu Ende gehenden Legislaturperiode war er als Amtsleiter beim Justizministerium die rechte Hand des bisherigen Justizministers Carnogursky.

Verteidigungsminister

Ivan Simko

Der amtierende Innenminister (SDKU) wollte seine Arbeit im Innenministerium fortsetzen, was aber nicht geht. Denn laut Koalitionsvereinbarung erhält das Ressort Inneres die konservative KDH. Als Verteidigungsminister wird Simko viel Zeit im Ausland verbringen müssen. Als SDKU-Sekretär muss er sich jedoch um seine Partei kümmern. Das Amt des Verteidigungsministers könnte ihn innenparteilich schwächen. Nach der Wende vom November 1989 war er als Berater des stellvertretenden Ministerpräsidenten der damaligen Tschechoslowakei tätig. In den Jahren 1990-1992 war er Parlamentarier im föderalen tschechoslowakischen Parlament. 1992 wurde er Justizminister, 1994 Vizepremier in der slowakischen Regierung unter Moravcik. Als eine seiner künftig wichtigsten Aufgaben nennt er die weitgehende Umstrukturierung der Streitkräfte, damit die slowakische Armee zu einem modernen Bestandteil der kollektiven Sicherheit im Rahmen der Nordatlantischen Allianz wird.

Innenminister

Vladimir Palko

Unter den designierten Ministern am wenigsten bekannt, obwohl schon lange in der Politik. Dem KDH-Politiker wird nachgesagt, er sei sehr zurückhaltend und nicht selten sogar "hoffnungslos prinzipientreu." Er studierte Mathematik und Physik an der Commenius-Universität zu Bratislava. In den Jahren 1991-1992 war er stellvertretender Geheimdienstschef bei dem damals noch föderalen tschechoslowakischen Nachrichtendienst.

Umweltminister

Laszlo Miklos

In den vergangenen vier Jahren hat man über ihn nicht viel gehört, obwohl er Regierungsmitglied war. Als Umweltminister bleibt er auch künftig an der Spitze seines Ressorts. (...) Umweltaktivisten schätzen die Ergebnisse seiner Tätigkeit zwar nicht sehr hoch, behaupten jedoch, es hätte noch viel schlimmer sein können. Miklos will unter anderem das Projekt des slowakischen Umwelt-Info-Systems zum Abschluss bringen und effektiver als bisher vor allem das ökologische Bewusstsein bei der Bevölkerung schärfen.

Entwicklungsminister

Laszlo Gyurovszky

Der SMK-Vizeparteichef ist als ein direkter Politiker bekannt. Inzwischen kündigte er schon an, er wolle keine größeren Veränderungen in seinem neuen Ministerium vornehmen. (...) In den vergangenen vier Jahren übte er oft Kritik an den linken Koalitionspartnern, Partei der Demokratischen Linken (SDL) und Partei der bürgerlichen Verständigung (SOP). Im neuen Kabinett will er vor allem an einer Verringerung der Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen im Lande arbeiten.

Kulturminister

Rudolf Chmel

(...) Einstiger Botschafter der Tschechischen und Slowakischen Föderalen Republik (CSFR) in Ungarn, Hochschullehrer und früherer Präsident der Stiftung "Offene Gesellschaft." In seiner Partei ANO galt er als Schattenaußenminister. Als oberstes Ziel nennt er die Schaffung von Bedingungen für eine unabhängige, sowohl von der Politik als auch von der Ideologie befreite Kunst und Kultur.

Schulminister

Martin Fronc

Der bisherige Staatsekretär im Schulministerium wird zum Ressortchef befördert. (...) Er gilt als sehr kompetent sowohl fachlich als auch menschlich. (...)

Gesundheitsminister

Rudolf Zajac

Bekannt als heftiger Kritiker aller bisherigen slowakischen Gesundheitsminister. Das Gesundheitswesen steckt ihm zufolge immer noch in den alten sozialistischen Zeiten. "Es gibt keine Konkurrenz, das System ist Nährboden für Korruption, der Patient wird nicht als Kunde-König, sondern als der arme Diener behandelt", sagt der ANO-Politiker, der eine durchgreifende Gesundheitsreform angeblich schon längst in der Schublade hat.

Arbeitsminister

Ludovit Kanik

Er hat auf der slowakischen politischen Szene etwas noch nie da gewesenes geschafft. Kaniks Demokratische Partei (DS) trat während des Wahlkampfes ab. Der Parteichef hatte zuvor alle DS-Anhänger aufgefordert, die christdemokratische SDKU zu unterstützen. Die Rechnung ging auf. Der Wahlerfolg der SDKU von Premier Dzurinda kommt jetzt auch dem konservativen Politiker Kanik zugute. Die SDKU stellt ihn als Arbeitsminister. Im neuen Kabinett wird Kanik wahrscheinlich ein gutes Verhältnis zu Finanzminister Ivan Miklos haben, der als Dzurindas rechte Hand gilt, weil sie sich gut kennen. In den Jahren 1998-1999 war Kanik als Präsident des slowakischen Fonds des nationalen Besitzes (FNM) tätig. Sein Ressort, so sagt er, sei sehr problematisch. Man müsse nicht nur die längst fällige Rentenreform durchführen, sondern das soziale System als Ganzes reformieren. Und das sei, wie er bekräftigt, ein ganzes Paket von Problemen.

Landwirtschaftsminister

Zsolt Simon

In der Politik völlig unbekannt, bislang als privater Bio-Produzent tätig. Nach dem Studium der Landwirtschaft an der Universität im mährischen Brno gründete er seine eigene Firma für Bio-Produkte. Höchste Priorität für sein Ressort sieht er momentan in den Vorbereitungen im Rahmen der EU-Beitrittverhandlungen, denn das Kapitel Landwirtschaft will die Slowakei bis Ende 2002 abgeschlossen haben.

Verkehrsminister

Pavol Prokopic

Seine Vorgänger wurden frühzeitig verabschiedet. In den vergangenen vier Jahren waren Gabriel Palacka sowie Jozef Macejko zum Rücktritt gezwungen worden. Prokopic hat ein gutes Verhältnis zu Premier Dzurinda. Sie haben sich noch als Knaben in einem Ferienlager kennen gelernt. Prokopic gilt als menschlich korrekt und als starker Regionalpatriot der Ostslowakei. Als wichtigste Aufgaben nennt er die Transformation der slowakischen Bahn und einen schnelleren und effektiveren Autobahnbau.

Wirtschaftsminister

Robert Nemcsics (ANO-Vizevorsitzender)

Seine Nominierung ist etwas überraschend. Ein eher unbekannter Reformpolitiker. Vor den Wahlen kritisierte er die scheidende Regierung Dzurinda für mangelnde Wirtschaftsreformen. Im politischen Hintergrund war er bislang nur etwa zwei Jahre als Amtsleiter im Finanzministerium noch unter der Regierung Meciar tätig. Er verfügt über Erfahrungen als Marketingdirektor bei Volkswagen Slovakia sowie bei Rock FM Radio (dem SWR 3 ähnlicher öffentlich-rechtlicher Sender – MD). Eine seiner künftig wichtigen Aufgaben sieht er in der Schaffung besserer Bendingen in der Slowakei für kleine und mittlere Betriebe. (ykk)