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Erste Rücktrittsforderungen an Mehdorn

11. Februar 2009

Die Datenaffäre bei der Deutschen Bahn beschäftigt auch den Verkehrsausschuss des Bundestages. Bahnchef Mehdorn sah sich mit Rücktrittsforderungen konfrontiert.

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Bahnhof in Hamburg mit einem Schild "Videoüberwachung" (dpa)
Muss Mehdorn wegen der Daten-Affäre den Bahnhof bald verlassen?Bild: picture-alliance/ dpa

Die Experten von SPD und Grünen, Uwe Beckmeyer und Winfried Hermann, zeigten sich zu Beginn der Ausschuss-Sitzung am Mittwoch (11.02.2009) überrascht, dass der Bahn-Vorstand von den massenhaften Datenabgleichen nichts gewusst haben will. Kritisiert wurde zudem, dass der Leiter der Konzernrevision, Josef Bähr, der am Vortag beurlaubt worden war, dem Ausschuss für Fragen nicht zur Verfügung stand.

Bahnchef Hartmut Mehdorn (links) und der Antikorruptionsbeauftrage der Bahn, Wolfgang Schaupensteiner (dpa)
Mehdorn und der Antikorruptionsbeauftrage der Bahn, SchaupensteinerBild: picture-alliance/ dpa

Hermann sagte, der Politikvorstand Otto Wiesheu, Bahn-Chefermittler Wolfgang Schaupensteiner und der Leiter der Konzernsicherheit, Jens Puls, könnten wenig helfen. Wiesheu, der erst seit drei Jahren bei der Bahn sei, sei der falsche Mann. Die Verkehrspolitiker aller Fraktionen seien sich einig, dass stattdessen Bahnchef Hartmut Mehdorn in einer späteren Sitzung befragt werden müsse. Hermann forderte erneut Mehdorns Rücktritt. Dieser werde nur noch von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vize-Kanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) gestützt.

Der FDP-Politiker Horst Friedrich warf Mehdorn vor, entgegen aller Beteuerungen nicht ernsthaft an der Aufklärung der Affäre interessiert zu sein. Der Vorsitzende des Ausschusses Klaus Lippold (CDU) sieht noch Prüfungsbedarf. Er forderte eine klare Klärung, ob es sich um einen deutlichen Rechtsverstoß oder eine Grauzone handele.

Die Bahn hatte am Dienstag einen Zwischenbericht für Regierung und Parlament zu der Affäre vorgelegt. Darin werden neben den drei bereits bekannten Aktionen zur Überprüfung von Mitarbeitern und Führungskräften zwei weitere Aktionen in den Jahren 1998 und 2005/2006 eingeräumt. Argumentiert wurde, man habe möglichen Verbindungen zu Firmen und Hinweisen auf Korruption nachgehen wollen. Die Mitarbeitervertretungen wurden auch nach Abschluss der Überprüfungen nicht informiert. Die Hauptverantwortung für die Datenabgleiche werden in dem Bericht der Konzernrevision zugeschrieben. Deshalb wurde der Leiter der Abteilung, Josef Bähr, am Dienstag beurlaubt. Der Bahnvorstand beteuert, Mehdorn habe von der ganzen Überprüfungsaktion nichts gewusst.

Kritik an Tiefensee

Der Ausschussvorsitzende Lippold (CDU) (Archivfoto) (dpa)
Der Ausschussvorsitzende Lippold (CDU) (Archivfoto)Bild: picture-alliance / dpa

Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) zeigte sich mit dem Bericht nicht zufrieden. Er monierte, dass dieser mehr Fragen aufwerfe als er beantworte. Der Verkehrsausschuss-Vorsitzende Lippold warf dem Minister dagegen vor, er habe die Arbeit des Gremiums nicht richtig unterstützt. "Jetzt auf einmal bei der Medienkampagne wird auch der Minister eilig. Das hätten wir uns schon früher so gewünscht", sagte er am Mittwoch im Zweiten Deutschen Fernsehen. Tiefensee habe Anfang Januar mitgeteilt, dass man erst den Bericht des Datenschutzbeauftragten zu den Vorkommnissen abwarten wolle, bevor Schritte unternommen würden. "Der Datenschutzbericht liegt bis heute nicht vor. Und wenn ich darauf gewartet hätte, wären wir heute nicht so weit, wie wir sind", betonte Lippold.

Bundesregierung für neues Datenschutzgesetz

Licht in die Affäre will nun der Bahnchef bringen. Er versprach "eine vollständige Aufklärung", die "mit allem Hochdruck vorangetrieben" werde. Bis zur turnusmäßigen Aufsichtsratssitzung Ende März sollten alle Beteiligten einen Abschlussbericht erarbeiten. Auf Grundlage dieser Bewertung seien dann "geeignete Maßnahmen zu treffen, um zukünftig Fehlverhalten auszuschließen". Für den 18. Februar ist bereits eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung zu der Affäre anberaumt.

Justizministerin Zypries (rechts) und Inneminister Schäuble (links)
Justizministerin Zypries (rechts) plädiert für ein neues Gesetz, Innenminister Schäuble will erst prüfenBild: AP

Auch die Bundesregierung will mit Blick darauf, dass die Bahn immer neue Erkenntnisse einräumt, aktiv werden. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) schloss sich Forderungen von Datenschützern nach einem besonderen Arbeitnehmer-Datenschutzgesetz an.

Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte Zypries, sie halte es für "sehr sinnvoll, den Umgang mit Arbeitnehmerdaten gesetzlich klar und transparent zu regeln". Es bedürfe "genauer Vorgaben für Unternehmen, was zur Bekämpfung von Korruption erlaubt ist, inwieweit E-Mail-Kontrollen oder Video-Überwachungen zulässig sind und wie mit Personalakten umzugehen ist", so Zypries. Mit einem neuen Gesetz noch in dieser Legislaturperiode rechnet sie aber nicht. "Gut wäre das, aber ich bin skeptisch." Dafür sei das Thema im Detail zwischen Wirtschaft und Gewerkschaften, aber auch zwischen den Parteien zu strittig.

Innenminister Wolfgang Schäuble will dagegen erst noch prüfen, ob überhaupt Handlungsbedarf besteht. Schäuble lud für Montag (16.02.2009) zu einem Gipfeltreffen der Regierung mit Arbeitgebern und Gewerkschaften. Als Teilnehmer geladen sind Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD), der neue Wirtschaftsminister Karl Theodor zu Guttenberg (CSU), DGB-Chef Michael Sommer, Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sowie der Datenschutzbeauftragte Peter Schaar. (hy)