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Erstens kommt es anders, und zwei...

Marcel Fürstenau10. September 2004

Der Staatshaushalt des armen Hans E. ist eh schon marode. Und jetzt auch noch das: Die Einnahmen aus der Tabaksteuer sinken dramatisch, obwohl die Steuer erst im März um 1,2 Prozent erhöht wurde.

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Aufgeregte Politiker aus dem deutschen Regierungslager und aus der Opposition verlangen, die für kommenden Dezember und September 2005 geplanten weiteren Erhöhungen der Tabaksteuer auszusetzen. Ihre zutreffende Diagnose lautet nämlich, dass immer weniger Menschen versteuerte Zigaretten kaufen würden. Immer mehr Menschen drehen sich ihre Glimmstengel selber, weil das billiger kommt, oder befriedigen ihren Bedarf mit noch billigerer geschmuggelter Ware. Geiz ist eben auch und besonders geil, wenn Vater Staat den Sucht- und Genussrauchern in sowieso schon harten Zeiten auch noch das letzte kleine Vergnügen verderben will.

Deutschlands oberster Kassenwart Hans Eichel will dem Drängen der Politiker aber keinesfalls nachgeben und also an den geplanten weiteren Tabaksteuer-Erhöhungen festhalten. Und bekommt dafür Beifall von der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk. Die verweist auf einen Rückgang der Raucher-Quote bei Zwölf- bis Siebzehnjährigen von 28 auf 23 Prozent in den vergangenen drei Jahren. Und die Krebshilfe rechnet vor, wieviele Menschen Jahr für Jahr an den Folgen des Tabak-Konsums sterben, nämlich 140 000. Das sind 380 pro Tag. Dem blauen Dunst fallen demnach mehr brave Bürger zum Opfer als Aids, Alkohol, Rauschgift, Verkehrunfällen, Morden und Selbstmorden zusammengenommen.

Lauter schreckliche Zahlen. Doch abhängige Überzeugungsraucher sind gegen derlei Statistiken immun. Sie alle kennen mindestens einen 90-jährigen Kettenraucher, der sich bester Gesundheit erfreut. Und viele deutsche Politiker kennen viele, viele Tabakladen-Besitzer, deren Existenz gefährdet wäre, wenn die Leute einfach aufhörten zu rauchen. Wie sich die Tabak-Lobby überhaupt auf deutsche Politiker verlassen kann: Denn die rot-grüne Bundesregierung klagt gegen das geplante EU-weite Tabak-Werbeverbot.

Wie scheinheilig andererseits auch auf europäischer Ebene mit dem Thema Rauchen umgegangen wird, belegt die Tatsache, dass der Tabak-Anbau mit dreistelligen Millionen-Beträgen gefördert wird. Gleichzeitig werden Tabak-Konzerne dazu verdonnert, ihre Zigaretten-Schachteln mit Warn-Hinweisen zu verzieren: "Rauchen tötet!" Alles halb so schlimm, so lange die Tabak-Steuer genug Geld in die Kassen spült, sagen sich deutsche Politiker. Schade nur, dass so viele Raucher ziemlich früh sterben. Sie fallen dann nämlich als Steuer-Zahler aus ...