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Neue UNESCO-Chefin

16. Oktober 2009

Die UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird künftig erstmals von einer Frau geführt. Die Mitglieder der UNESCO wählten die 57-jährige Bulgarin Irina Bokowa zur neuen Generaldirektorin.

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Irina Bokowa nach der Wahl in Paris (Foto: AP)
Im Freudentaumel: Irina Bokowa nach der Wahl in ParisBild: AP

Bei der Generalkonferenz der Organisation in Paris erhielt Bokowa 166 von 173 abgegebenen Stimmen. Die Bulgarin tritt ihr neues Amt im Dezember an.

Die Vorentscheidung im Exekutivrat der UNESCO Ende September hatte sich zum Nervenkrieg entwickelt. Der hohe Favorit für die Nachfolge des Japaners Matsuura war eigentlich der Ägypter Faruk Husni gewesen. Doch der Kulturminister vom Nil hatte sich in den Augen vieler UNESCO-Länder diskreditiert - durch Äußerungen wie die, dass er hebräische Bücher in ägyptischen Bibliotheken nicht akzeptieren, sondern verbrennen würde.

Moral siegt über die Politik

Faruk Husni blickt nachdenklich nach unten (Foto: dpa)
Faruk Hosni: der VerliererBild: picture-alliance/ dpa

Kann solch ein Mann für geistige Freiheit, für kulturelle Vielfalt stehen? Keinesfalls, sagten vor allem französische Intellektuelle und der Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel. Der Wind drehte sich gegen Faruk Husni - im fünften Wahlgang des Exekutivrats im September machte völlig überraschend die bis dahin vielen unbekannte Bulgarin Irina Bokowa das Rennen. Ägypten war empört.

Es sei Zeit für einen Vertreter des afrikanischen Kontinents gewesen auf diesem hohen internationalen Posten. Erleichterung dagegen in Frankreich, wie beim Philosophen Bernard-Henri Lévy. "Ich bin froh, dass er verloren hat. Und zwar nicht nur, weil er Antisemit ist. Auch, weil er ein Feind der Kultur ist. Sogar die ägyptischen Kulturschaffenden haben uns klargemacht, dass dieser Mann den Posten nicht verdient hätte. Zum Glück siegte die Moral über die Politik", ergänzte Bernard-Henri Lévy.

Irina Bokowa bewies überdies schnell eine ihrer Qualitäten: Durchsetzungsvermögen und Diplomatie. Ihre ersten Worte galten dem unterlegenen Rivalen. Sie wolle gute Ideen des Ägypters aufgreifen, mit Husni zusammenarbeiten. Bokowa will die UNESCO reformieren. Straffer organisieren, gezieltere Aktionen durchführen.

Deutsche Bedenkenträger

Ein Landwirt bei der Ernte im Grünkohlfeld (Foto: dpa)
Fahrten zum Grünkohl: in Zukunft wirklich immaterielles Kulturgut?Bild: picture-alliance/ dpa

Darüber dürften sich auch einige Mitglieder der deutschen UNESCO-Kommission freuen. Deren Pressesprecher, Dieter Offenhäußer, bemängelte inhaltliche und organisatorische Fragen bezüglich der Liste des immateriellen Kulturerbes. Deshalb habe die deutsche Kommission bislang ihre Unterschrift unter das UNESCO-Übereinkommen zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes nicht geleistet.

Zuletzt wurden unter anderem der Tango und die indonesische Batik-Technik auf die Welterbe-Liste gesetzt. Diese Bedenken lösten allerdings Erstaunen aus, wenn man weiß, dass die Deutschen Grünkohlfahrten oder das Schützenwesen als denkbare immaterielle Kulturgüter nennen.

Autorin: Angela Ulrich
Redaktion: Conny Paul/Frank Wörner