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Koalitionsstreit

Hartmut Lüning29. November 2009

Für die christlich-liberale Koalition in Berlin wollte am ersten Advents-Wochenende keine rechte Besinnlichkeit aufkommen. Eher Nachdenklichkeit über schwelende Konflikte, die in der neuen Woche zu eskalieren drohen.

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FDP-Chef Westerwelle, Bundeskanzlerin Merkel (CDU) und CSU-Chef Seehofer am 26.10.2009 in Berlin mit den unterschriebenen Koalitionsverträgen (Foto: dpa)
Am 26. Oktober herrschte noch EinigkeitBild: picture alliance/dpa

Auch wenn mit dem Rücktritt von Arbeitsminister Franz Josef Jung wegen der Informationspannen in seiner Zeit als Verteidigungsminister etwas Druck von der Regierungskoalition genommen zu sein schien: Schon kommen aus der Opposition kritische Fragen an den Amtsnachfolger Karl-Theodor zu Guttenberg und, schlimmer noch, an Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Zudem braut sich in den eigenen Koalitionsreihen neues Unheil zusammen: Und zwar wegen des Steuerpakets, das den Bürgern ab Januar jährlich etwa 8,5 Milliarden Euro Entlastungen bringen soll. Zwar wollte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble seine CDU- und CSU-Parteifreunde mit einem herzlichen "wir pokern nicht" auf Linie in der Steuerpolitik bringen - doch so richtig gehorchen wollen nicht alle. Denn nicht nur der Bund müsste für das Vorhaben reichlich 4,6 Milliarden Steuer-Euro opfern, auch die Länder sollen auf fast 2,3 Milliarden Euro Einnahmen verzichten.

Und das halten die Chefs notorisch klammer Bundesländer für überhaupt nicht machbar. Saarlands Ministerpräsident Peter Müller etwa, der dort mit der einzigen Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen auf Landesebene regiert, oder auch die CDU-Ministerpräsidentin von Thüringen, Christine Lieberknecht

Richtig fatal für die Regierungskoalition ist aber, dass einer der ihren das umstrittene Paket am 18. Dezember im Bundesrat zu Fall bringen könnte. Genau das hat nämlich Schleswig-Holsteins CDU-Ministerpräsident Peter Harry Carstensen angekündigt. Denn wenn er NEIN sagt, fehlt dem Koalitionsvorhaben in der Ländervertretung genau jene eine Stimme, die für eine Zustimmung nötig gewesen wäre. Carstensen wird dazu mit den wütenden Worten zitiert "Ihr habt sie doch nicht alle …"

Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter Harry Carstensen, CDU (Foto: AP)
Peter Harry CarstensenBild: AP

Bargeld oder Gutscheine?

Ungemach braut sich auch noch an anderer Stelle zusammen für die Kanzlerin und ihr nach 31 Tagen neu geordnetes Regierungsteam. Während die bisherige Familienministerin Ursula von der Leyen nach dem erzwungenen Abgang von Arbeits- und Sozialminister Jung nun zügig dessen Ministerium übernehmen muss, stellt ihre Nachfolgerin im Familienressort schon mal ein Kanzlerinnen-Wort in Frage: Kristina Köhler, die 32-jährige ledige Nachwuchsministerin, wünscht sich nämlich ein Überdenken des von der Koalition geplanten Betreuungsgeldes für Kinder im Vorschulalter.

Familienministerin Kristina Köhler (Foto: dpa)
Kristina KöhlerBild: picture alliance / dpa

Zwar bräuchten Mütter oder Väter eine Anerkennung vom Staat für ihre Betreuungsleistungen. Andererseits gebe es aber auch Familien, für die kein Anreiz gesetzt werden sollte, das Kind zu Hause zu behalten, weil die Kinder von einer staatlichen Einrichtung besser profitieren könnten.

Während Bundeskanzlerin Merkel bislang offenbar noch dazu tendiert, die geplanten 150 Euro pro Kind bar auszahlen zu lassen, lehnt die FDP dies strikt ab und fordert zweckgebundene Betreuungsgutscheine. Die CSU will dagegen unbedingt Bargeld verteilen. Die oppositionelle SPD plädiert ohnehin für einen Ausbau der öffentlichen Betreuung für alle Vorschulkinder.