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Venezolaner stimmen für Verfassungsänderung

Oliver Pieper16. Februar 2009

54,36 Prozent der rund 12 Millionen wahlberechtigten Venezolaner stimmten für eine Verfassungsänderung: der Weg für eine weitere Präsidentschaftskandidatur von Staats- und Regierungschef Hugo Chávez ist damit frei.

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Die Zeit für eine erneute Wiederwahl ist gekommen: Venezuelas Präsident Hugo ChávezBild: AP

Es ist ein Sieg der Revolution – verkündet Hugo Chávez vollmundig. Nach seinem Wahltriumph verspricht er, die Korruption zu bekämpfen, die verkrusteten Parteistrukturen aufzubrechen, die Abhängigkeit vom Erdöl zu beenden und vor allem die Ideale des Freiheitshelden Simon Bolívar wiederzubeleben. Socialismo o muerte – alles oder nichts – und die Venezolaner schenken dem ehemaligen Oberstleutnant der Armee ihr Vertrauen. Es ist der 2.Februar 1999, Hugo Chávez wird zum ersten Mal zum Präsidenten vereidigt.

Man könnte meinen, die Zeit in Caracas ist stehen geblieben. Zehn Jahre später gewinnt der selbst ernannte Anführer der bolivarischen Revolution und Verfechter des Sozialismus des 21.Jahrhunderts das Referendum zur Verfassungsänderung – mit den gleichen Parolen wie damals. Hugo Chávez kann jetzt unbegrenzt wiedergewählt werden, er selbst peilt schon mal eine 20-Jahr-Feier für 2019 an. Und man muss kein Prophet sein, um zu ahnen, dass Chávez seine Landsleute auch in den nächsten Jahren mit seinem revolutionären Getöse beglücken wird.

Korruption und sinkende Erdöleinnahmen gefährden Chávez

Der politische Ziehsohn Fidel Castros wollte die Korruption bekämpfen. Tatsächlich sind in politischen Schlüsselpositionen nur Chávez-Anhänger vertreten und die hoch gelobten Projekte zur Armutsbekämpfung häufig von Korruption durchsetzt. Die Lebensqualität ist zwar gestiegen und der Anteil der Armen von 44 auf 30 Prozent zurückgegangen, doch viele Venezolaner haben noch immer keinen Zugang zu subventionierten Lebensmitteln und verfügen über keine kostenlose Gesundheitsversorgung. Die Bürokratie ist aufgebläht und korrupt wie eh und je, ein Behördenbesuch kann sich jetzt schon ein paar Tage statt Stunden hinzuziehen. Immerhin verschafft dies Arbeitsplätze: viele Venezolaner verdienen sich den einen oder anderen Bolívar hinzu, indem sie für Geschäftsleute vor den Ämtern Schlange stehen.

Oliver Pieper Redakteur Politik Deutsche Welle
Bild: DW / Oliver Pieper

Die Abhängigkeit vom Erdöl hat sich in den letzten Jahren noch vergrößert: heute bestreitet Venezuela mehr als drei Viertel seines Staatshaushalts durch die Öleinnahmen. Die sprudelnden Gewinne für den weltweit fünftgrößten Exporteur sind jedoch Geschichte. Weil jetzt für das Barrel Rohöl nicht mehr 70, sondern nur noch 40 US-Dollar gezahlt werden, stehen Venezuela schwierige Zeiten bevor. Die Inflation ist mittlerweile wieder bei 30 Prozent angelangt, die Konjunktur kühlt sich nach fünf Jahren kräftigen Wachstums wieder ab. Die weltweite Finanzkrise kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt für Chávez, schon jetzt ist sie auch bei den ärmeren Bevölkerungsschichten angekommen – seiner Machtbasis.

Bolivarische Revolution bald zu teuer?

Ein politisches Ideal von Simon Bolivar hat Hugo Chávez mit seinem Sieg beim Verfassungsreferendum tatsächlich schon erreicht: der südamerikanische Unabhängigkeitskämpfer Bolívar plädierte für einen auf Lebenszeit gewählten Präsidenten. Das zweite, eine Konföderation aller lateinamerikanischer Staaten, versuchte Chavez 2005 mit der Gründung der ALBA, der Bolivarischen Alternative für Amerika, voranzutreiben. Doch der wirtschaftliche Zusammenschluss ohne eine dominierende Rolle der USA könnte jetzt ins Stocken geraten: zum einen, weil der neue US-amerikanische Präsident Barack Obama sich sicherlich mehr um den so genannten Hinterhof der Vereinigten Staaten kümmern wird als sein Vorgänger George W. Bush. Zum anderen, weil Venezuela seine Rolle als großzügiger Geldgeber für Länder wie Kuba, Nicaragua, Bolivien, Ecuador oder Paraguay durch die sinkenden Ölpreise auf Dauer nicht mehr aufrecht erhalten kann

Es ist ein Sieg der Revolution – das sieht wohl auch der greise kubanische Revolutionsführer Fidel Castro so, der Chávez selbstredend als Erster gratulierte. Der Máximo líder stand bis zu seinem Abtritt im Frühjahr 2008 fast ein halbes Jahrhundert an der Spitze des Karibik-Staates – unwahrscheinlich trotz des jüngsten Sieges, dass Hugo Chávez so lange in Venezuela an der Macht bleibt.