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Es kann nur besser werden

Jens Thurau, zurzeit8. Dezember 2003

Wahrscheinlich wird beim Weltklimagipfel wieder zu wenig zur Rettung der Welt getan. DW-Reporter Jens Thurau ist trotzdem vor Ort - und sorgt sich um das Klima.

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Metrostation Amendola Fiera in Mailand, direkt an der größten Messe Europas. Die Massen strömen aus der völlig überfüllten Bahn an diesem Sonntag (7.12.2003). Kein Wunder: Sant' Ambrogio, der Schutzheilige der italienischen Modemetropole, hat Geburtstag, es ist Feiertag. Und auf dem Messegelände lockt ein riesiger Flohmarkt die Besucher.

Kaum jemand nimmt davon Notiz, dass im hinteren Teil der Messe vom 1. bis zum 12.12.2003 die UN-Klimakonferenz "9. Session of Conference of the Parties", kurz COP 9, stattfindet. Heute schon gar nicht, denn die Konferenz nimmt sich, wo doch alle den heiligen Ambrosius feiern, schlicht eine Auszeit. Nicht einmal bereits akkreditierte Journalisten werden in das Gebäude gelassen, nur ab und an schlüpft ein Offizieller an den Polizisten vorbei, die gelangweilt auf das Treiben auf dem Markt starren. Offenbar gibt es nicht mehr viel zu tun auf der Klimakonferenz.

Gesicht wahren, Geduld üben

Das wird sicher etwas besser, wenn Mitte der Woche (10.12. 2003) zahlreiche Umweltminister aus rund 180 Staaten in der lombardischen Millionenstadt erwartet werden. Aber auch für die Politiker - unter ihnen Umweltminister Jürgen Trittin - gilt in erster Linie: Gesicht wahren, Geduld üben, diese Krise überstehen.

Eigentlich sollte in Mailand das Kyoto-Protokoll, die internationale Klimaschutzvereinbarung, feierlich unter Dach und Fach gebracht werden. Bis 2010 wollten die Staaten den weltweiten Ausstoß von klimaschädlichen Gasen um rund fünf Prozent verringern - vor sechs Jahren haben sie sich das geschworen. Das ist viel zu wenig, um den Anstieg des Meeresspiegels, die Zunahme von Stürmen und Dürren, und das Abschmelzen des Gletschereises zu stoppen, schimpfen Wissenschaftler.

Nicht einmal kärglich Schritte

Aber nicht einmal diese kärglichen Schritte zu einem globalen Klimaschutz scheinen zu gelingen. Schon vor Jahren haben die USA - das Land mit den höchsten Ausstoßmengen - den Gesprächen den Rücken gekehrt. Präsident George W. Bush wünscht keine Beeinträchtigung der Wirtschaft. Damit das Protokoll aber in Kraft tritt, müssen auf die unterschreibenden Staaten mindestens 55 Prozent der weltweit verursachten Gase entfallen. 120 Staaten haben ratifiziert, 44 Prozent des Ausstoßes sind abgedeckt - und es fehlt jetzt noch Russland. Lange Zeit sah es so aus, als würde Präsident Wladimir Putin rechtzeitig vor der Mailänder Konferenz grünes Licht geben - er hat es nicht getan. Es wird gemunkelt, er habe lange mit George Bush über die Sache gesprochen...

Und so wird in diesem Jahr auf der Klimakonferenz wenig beschlossen. Die Staaten, die noch an ein multi-laterales Abkommen glauben, kommen hierher, um sich gegenseitig Mut zu machen - und um auf die Russen einzuwirken. Und die kleinen Inselstaaten des Pazifiks werden wie auf jeder Klimakonferenz zuvor eindruckvoll schildern, dass ihre Länder langsam im Meer versinken. Wissenschaftler werden warnen und Umweltschützer protestieren. Aber es ist eben keine gute Zeit für multilaterale Verträge. Man braucht schon sehr viel Optimismus, um noch an das Kyoto-Protokoll zu glauben. Wenn sich schon seine größten Anhänger fast verschanzen - im hintersten Teil der Mailänder Messe, unter Ausschluss der Öffentlichkeit! Es kann nur noch besser werden.