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Etwas mehr Gerechtigkeit

Henrik Böhme29. Oktober 2014

Für Steuerhinterzieher steigt das Risiko, entdeckt zu werden, deutlich an. Ein Abkommen regelt künftig den internationalen Datenaustausch. Das bringt ein wenig mehr Gerechtigkeit, meint Henrik Böhme.

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Symbolbild Steoeroase Demonstranten
Bild: picture alliance/APA/picturedesk.com

Es war eines der ersten Bücher, das ich vor 25 Jahren - nach dem Fall der Mauer - geschenkt bekam. Sein Titel: 1000 ganz legale Steuertricks. Weil man, so der Ratschlag, den es noch dazu gab, sehen müsse, wo man bliebe im Kampf gegen das unbarmherzige Finanzamt. Zu jener Zeit war das Anfertigen einer Steuererklärung ja fast noch eine Sache mit gewissem Lustgewinn, denn am Ende bekam man oft durch alle möglichen Freibeträge ein ordentliches Sümmchen erstattet.

Das Buch gibt es noch immer, doch die Zeiten haben sich geändert. Die Besteuerung des verdienten Geldes hat längst einen Grad erreicht, der weh tut. Möglichkeiten, die Steuerlast zu mindern, sind deutlich geringer geworden. Der Staat, das teure Wesen, braucht jeden Euro. Erst recht, seit die Finanzkrise die Welt durchgeschüttelt und den Ländern, die mit Milliarden ihre Banken stützen mussten, gigantische Schuldenberge aufgehalst hat.

Das hat die Steuerjäger rund um den Globus auf die Idee gebracht, intensiver als bislang zu schauen, wo ihre Landsleute, die mehr als Otto Normalverdiener auf dem Konto haben, denn ihr Geld parken - oder besser: vor dem Fiskus versteckt haben. Möglichkeiten gab es für reiche Deutsche ja gleich ums Eck in Luxemburg oder in der Schweiz, wo das steuersparende Anlegen von Geld Teil des staatlich geduldeten Geschäftsmodells war. Doch es wurde enger: Da tauchten CD's mit ganzen Namenslisten von Steuersündern auf, es gab zum Teil spektakuläre Verhaftungen wie die des Post-Chefs Klaus Zumwinkel. Die Zahl der strafbefreienden Selbstanzeigen stieg sprunghaft an, weil es vielen Steuersündern zu heiß unterm Hintern wurde.

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Henrik Böhme, DW-WirtschaftsredaktionBild: DW

Weil das mit den CD's aber einen extrem faden Nachgeschmack hat - die Daten wurden schließlich mittels krimineller Energie beschafft und dann den Steuerbehörden zum Kauf angeboten, was nichts anderes als Hehlerei ist - erschien es wohl doch besser, das umzusetzen, was die internationale Gemeinschaft schon auf dem G20-Gipfel 2009 in London - es war der zweite nach dem Ausbruch der Weltfinanzkrise - beschlossen hatte: Steueroasen austrocknen, Steuerhinterziehung den Kampf ansagen.

Hier kommt man nun mit dem jetzt unterzeichneten Abkommen tatsächlich einen großen Schritt voran. Das Bankgeheimnis habe ausgedient, sagt nicht ohne Stolz der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble, der einen ganz wesentlichen Anteil an der nun getroffenen Vereinbarung für den automatischen Austausch von Steuerdaten hat. Für Steuerhinterzieher wird die Luft ab sofort noch dünner.

Doch es bleiben Fragen: Sind die Finanzämter überhaupt in der Lage, die Datenflut, die ab 2017 einsetzen soll, zu bewältigen? Ziehen wirklich alle Länder mit? Arbeiten alle, die mitmachen, auf demselben Niveau? Und was macht man mit neuen Schlupflöchern, die sich ohne Zweifel auftun werden? Wichtig ist es, die nun getroffenen Vereinbarungen schnell umzusetzen.

Und man muss den Schwung nutzen, jetzt auch die international agierenden Konzerne an die Kandare zu nehmen mit ihrer kreativen Steuerpolitik. Das ist alles legal, aber es kann nicht sein, dass man Gewinne solange hin- und herschiebt, bis die Steuerlast gleich null ist. Was für Privatvermögen gilt, muss auch für Unternehmensvermögen Gültigkeit haben: Steuern werden dort bezahlt, wo die Wertschöpfung entsteht. Es ist eine Chance für ein wenig mehr Gerechtigkeit.