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Gas geben

Vera Möller-Holtkamp15. September 2008

Die EU gibt Gas. Innerhalb von vier Wochen sollen 200 EU-Beobachter in Georgien sein. Es ist noch unklar, wie ihre Aufgaben genau aussehen sollen. Aber man kennt schon jetzt einige Hindernisse.

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Russische Soldaten beim Checkpoint in Karaleti, 7 km nordwestlich von Gori, Georgien (9.9.2008, Quelle: AP).
Die Russen haben den Abzug angekündigt und Bedingungen gestelltBild: AP

Die EU will bis zum 1. Oktober mindestens 200 unbewaffnete Beobachter nach Georgien entsenden. Zehn Tage später, so lautete die europäisch-russische Vereinbarung vom Montag (08.09.2008), soll Russland seine Truppen aus ganz Georgien abziehen - auch aus den abtrünnigen Gebieten Südossetien und Abchasien. Der EU bleiben jetzt weniger als vier Wochen, um geeignete 200 Beobachter zu finden.

Bis zu 40 Beobachter könne Deutschland stellen hatte Angela Merkel am Mittwoch (10.09.2008) in Passau verkündet. Mittlerweile hat das auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier bekräftigt. Wie viele deutsche Beobachter tatsächlich nach Tiflis aufbrechen, und wie die Aufgaben genau definiert sein werden, ist allerdings noch unklar. Die EU-Außenministerkonferenz, die am kommenden Montag in Brüssel zusammentritt, muss das Vorhaben erst noch formal besiegeln und dann die Inhalte festlegen.

Frank-Walter Steinmeier, deutscher Aussenminister (05.09.08, Quelle: AP)
Frank-Walter Steinmeier spricht von 40 Beobachtern aus DeutschlandBild: AP

Kurzfristiger Aufruf

Hinter den Kulissen laufen die Vorbereitungen für die Mission allerdings auf Hochtouren. Das Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF), das in Deutschland die Rekrutierung und das Training der Beobachter organisiert, hat innerhalb von 48 Stunden auf eine Anfrage des Auswärtigen Amtes reagiert und aus seinem zivilen Expertenpool 20 sofort einsetzbare Beobachter benannt. Diese können am 1. Oktober vor Ort sein. Hinzu kommen weitere 20 Beobachter aus dem Bereich der Polizei, die durch das Bundesinnenministerium gestellt werden. Die Liste mit Personalvorschlägen wird an den Europäischen Rat in Brüssel weitergeleitet, der dann in letzter Instanz über die Personalfragen entscheidet.

Das ZIF wurde 2002 von Bundesregierung und Bundestag gegründet, um zeitnah geeignete Kandidaten für Auslandseinsätze rekrutieren zu können. Bei den EU-Beobachtern handele es sich um zivile Experten, die bereits über Einsatzerfahrung im Ausland wie zum Beispiel im Kosovo, in Afghanistan oder im Sudan verfügten, sagt Jens Behrendt, der den Bereich Rekrutierung leitet. Sie hätten eine akademische Ausbildung, arbeiteten aber nicht als Regierungsbeamte oder Wissenschaftler im öffentlichen Dienst. Die Experten, deren Namen vertraulich behandelt werden, arbeiteten projektbezogen für internationale Missionen der EU, UNO oder auch der NATO. Sprachliche Hindernisse würden vor Ort mit Hilfe von Dolmetschern gelöst. Denn nicht alle Beobachter könnten arbeitsfähiges Russisch vorweisen, so Behrendt.

Zwei Männerhände, mit Manschetten und Anzugärmeln, geben sich vor der Flagge der Europäischen Union die Hand (Quelle: dpa)
EU will Geschlossenheit und Handlungsstärke demonstrierenBild: picture-alliance/ dpa

Aktiv oder passiv?

Die Aufgabe von Beobachtern ist es, in einem Krisengebiet Informationen zu sammeln und diese an Regierungen oder multilaterale Organisationen zu berichten. Dabei kann ein Beobachter eine passive Haltung einnehmen und nur die Informationen weiterleiten, die ihm zur Verfügung stehen. Oder aber er kann eine aktivere Rolle einnehmen, sich Informationen beschaffen und das Gespräch mit der Regierung, dem Militär und der Zivilbevölkerung suchen.

Nach der Vereinbarung zwischen dem EU-Ratspräsidenten Sarkozy und dem nur zögerlich zustimmenden russischen Staatspräsidenten Medwedew dürfen die EU-Beobachter zwar nun doch nach Georgen reisen, allerdings haben sie nicht das Recht, auch in Südossetien Informationen zu sammeln. Sie werden nur von der georgischen Seite an die Pufferzone gelangen können, und sich somit nur ein unvollständiges Bild verschaffen können.

Aber es gibt Beobachter, die auch in den abtrünnigen Gebieten wirken dürfen: Insgesamt acht Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) sind es. Seit 1992 ist die OSZE, in der auch Russland Mitglied ist, im Kaukasus mit unbewaffneten militärischen Beobachtern präsent. Ihr Ziel ist es Konflikten vorzubeugen. Nach den militärischen Ausschreitungen im August hat auch die OSZE ihr Personal in der Region verstärkt. 20 Beobachter wurden inzwischen nach Georgien entsandt, 80 weitere sollen folgen. Allerdings haben nur die genannten acht Beobachter das Recht, sich in allen Landesteilen Georgiens frei zu bewegen, weil ihr Mandat vor der diesjährigen Krise ausgesprochen wurde.

Nicolas Sarkozy im Gespräck mit Dmitri Medwedew, der nur als Schattensilhouette zu sehen ist. (08.09.08. Quelle: AP)
EU-Ratspräsident Sarkozy hofft auf eine Zusammenarbeit mit RusslandBild: AP

Gefahr der Fragmentierung

Der Pressesprecher der OSZE-Zentrale in Wien Martin Nesirky begrüßte im Gespräch mit DW-WOLRD.DE das Engagement der EU. Es sei natürlich positiv, wenn sich die internationale Gemeinschaft im Kaukasus engagiere. Voraussetzung für das Gelingen sei aber eine gute Koordination der Beobachter, sagte Nesirky. All das müssten multilaterale Gespräche klären.

Denn es ist tatsächlich ein Novum, dass die OSZE und die EU in der gleichen Region Beobachter stellen. Sie sollen durch ihre Präsenz den Waffenstillstand im Kaukasus stabilisieren. Voraussetzung dafür sind allerdings vor allem gesprächsbereite Akteure in der Region.

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