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EU-Beobachter zweifeln an Karsais Wahlsieg

16. September 2009

Glaubt man den Behörden in Kabul, dann ist Präsident Karsai mit absoluter Mehrheit wiedergewählt. Die Europäische Union hält allerdings etwa ein Viertel der rund sechs Millionen Stimmzettel für mehr als zweifelhaft.

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Pressekonferenz der EU-Beobachter (Foto: Farahmand)
EU-Wahlbeobachter: Sie haben die Stimmabgabe gesehen und äußern größte BedenkenBild: DW

Ungeachtet massiver Betrugsvorwürfe teilte die afghanische Wahlkommission am Mittwoch (16.09.2009) mit, Karsai habe bei der Abstimmung vor knapp vier Wochen 54,6 Prozent der Stimmen gewonnen. Sein wichtigster Herausforderer, der frühere Außenminister Abdullah Abdullah, konnte danach 27,8 Prozent der Stimmen sammeln. Die Wahlbeteiligung wurde mit 38,7 Prozent beziffert.

Warten auf endgültige Zahlen

Gültig wird ein Endergebnis aber erst nach Überprüfung durch die unabhängige Wahlbeschwerdekommission, die bereits in der vergangenen Woche die Neuauszählung der Stimmen aus rund zehn Prozent der Wahllokale angeordnet hatte. Abschließende Zahlen werden deshalb erst in mehreren Wochen oder gar Monaten erwartet.

Chef-Beobachter Philippe Morillon (Foto: dpa)
Chef-Bobachter Morillon: "Wir waren nicht erfolgreich."Bild: picture-alliance/ dpa

Die Europäische Union hält die Bekanntgabe eines vorläufigen Endergebnisses deshalb für keine gute Idee. Nach ihrer Einschätzung wurden bis zu 1,5 Millionen Stimmen gefälscht. Unter anderem sei ein Drittel der für Amtsinhaber Hamid Karsai abgegebenen Stimmen verdächtig und müsse überprüft werden, sagte der Leiter der EU-Wahl-Beobachter, Philippe Morillon. Auf Karsai allein entfielen 1,1 Millionen der Verdachtsfälle, bei seinem wichtigsten Herausforderer, Abdullah, seien es 300.000.

"Sieg nicht glaubwürdig"

"Skrupellose, übereifrige Anhänger aller Lager" hätten die Fälschungen zu verantworten, sagte Morillon in Kabul. Jede Beanspruchung eines Sieges werde nicht glaubwürdig sein. "Wir haben versucht", so Morillon weiter, "vor massivem Betrug abzuschrecken. Wir waren nicht erfolgreich." Es sei aber Aufgabe der Afghanen und nicht der Ausländer, die Legitimität der Wahl zu beurteilen.

Staatspräsident Hamid Karsai (Foto: AP)
Spart nicht mit Kritik an der EU: Staatspräsident KarsaiBild: AP

Sollten alle von den EU-Beobachtern beanstandeten Stimmen für ungültig befunden werden, würde Präsident Karsai nach den bisher vorliegenden Zahlen knapp unter die Schwelle von 50 Prozent fallen, so dass eine zweite Wahlrunde nötig wäre.

Karsai kritisierte die Äußerungen der EU-Wahlbeobachter scharf. Die Kritik sei "einseitig, unverantwortlich und steht im Widerspruch zur afghanischen Verfassung", ließ er mit allem offiziellen Nachdruck in Kabul erklären. Sein Widersacher Abdullah gibt sich schon seit längerem nicht mehr mit der Neuauszählung zweifelhafter Stimmzettel zufrieden. Er will eine Neu- oder zumindest eine Stichwahl. (win/hp/dpa/rtr/afp)