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EU: Neue Sanktionen gegen Russland

28. April 2014

Trotz aller Versprechungen hat Russland bisher kaum zur Entspannung in der Ukraine beigetragen. Der Westen will deshalb neue Sanktionen verhängen. Derweil dauert das Tauziehen um die festgesetzten OSZE-Beobachter an.

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Symbolbild Ukraine Krise Stoppschild in Slowjansk (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Zusagen gab es reichlich - doch sichtbare Taten sind ausgeblieben: Der Westen erwartet von Russland, dass es seinen Einfluss geltend macht, um die Lage in der Ostukraine zu beruhigen. Doch Moskau mauert. Deshalb beraten die Botschafter der 28 EU-Staaten an diesem Montag in Brüssel über neue Sanktionen gegen Russland. Dabei geht es um Einreiseverbote und Kontosperrungen gegen weitere Verantwortliche. Nach Angaben aus der EU-Kommission sollen 15 Personen betroffen sein. Von Wirtschaftssanktionen war zunächst nicht die Rede.

Auch die US-Regierung will rasch zusätzliche Sanktionen in Kraft setzen, möglichst im Gleichschritt mit den G7 und der EU. US-Präsident Barack Obama hat die europäischen Staaten eindringlich auf eine harte Linie eingeschworen. Er kritisierte, die russische Regierung habe noch keine Schritte unternommen, um die angespannte Situation im Osten und Süden der Ukraine zu befrieden. Vielmehr habe der Kreml separatistische Kräfte sogar ermutigt.

Zirkel um Putin

Mit der geplanten nächsten Sanktionsrunde soll der enge Zirkel um Russlands Präsident Wladimir Putin getroffen werden. Obama kündigte an, die Strafmaßnahmen würden Personen und Firmen treffen und noch an diesem Montag verkündet. Die Sanktionen zielten auf Exporte im Hochtechnologiebereich, sagte der US-Präsident bei einem Besuch in Manila. In einer nächsten Stufe könnten Sanktionen möglicherweise auch auf die Banken- und Verteidigungsbranche zielen, sollte Russland weiter aggressiv gegen die Ukraine vorgehen. Die USA und ihre Alliierten behielten sich weitere Strafmaßnahmen vor, betonte Obama.

Vize-Sicherheitsberater Tony Blinken sagte im US-Sender NBC, die USA wollten nicht ausschließen, dass irgendwann Putin selbst ins Visier genommen werde. Es sei allerdings nicht üblich, ein Staatsoberhaupt persönlich auf diese Weise direkt zu bestrafen.

Tauziehen um OSZE-Beobachter

Nach Angaben der "New York Times" ist es wahrscheinlich, dass die Chefs der staatlichen Ölgesellschaft Rosneft und des Energiegiganten Gazprom auf der Sanktionsliste stehen werden. Die Zeitung berief sich dabei auf Angaben von US-Regierungsbeamten.

In der Ostukraine gehen unterdessen die Verhandlungen über die von prorussischen Separatisten festgehaltenen Beobachter der OSZE weiter. Unter ihnen sind auch vier Deutsche. Am Sonntagabend hatten die Separatisten überraschend eine ihrer Geiseln, einen schwedischen Beobachter, aus medizinischen Gründen freigelassen. Der Schwede leidet unter einer leichten Form von Diabetes.

Merkel: Wenn nötig auch Wirtschaftssanktionen

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat von Russland mehr Anstrengungen zur Freilassung des festgesetzten Teams verlangt. Steinmeier telefonierte dazu abermals mit Russlands Außenminister Sergej Lawrow. Der SPD-Politiker forderte nach Angaben des Auswärtigen Amts die russische Führung auf, ein "klares Zeichen zu setzen, dass sie das, was in Slowjansk mit den ausländischen OSZE-Beobachtern geschehen ist, nicht akzeptiert".

Regierungssprecher Steffen Seibert verlangte, das gesamte Team "unverzüglich, bedingungslos und unversehrt" freizulassen. Bundeskanzlerin Merkel habe betont, dass sie nicht auf eine militärische Lösung setze. Dehalb müssten aber Maßnahmen anderer Art konsequent ergriffen werden. Dazu gehörten - wenn nötig - auch wirtschaftliche Sanktiionen, bekräftigte Seibert.

Öffentlich zur Schau gestellt

Am Sonntag hatte der Separatistenführer und selbst ernannte Bürgermeister von Slowjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow, die festgesetzten OSZE-Beobachter öffentlich zur Schau gestellt. Dabei sagte eine der Geiseln, ein deutscher Oberst, dass niemand wisse, wann das Team freikomme. Die Separatisten verdächtigen Mitglieder des Teams, NATO-Spione zu sein. Sie wollen die ukrainischen Soldaten gegen inhaftierte Gesinnungsgenossen austauschen.

Die Beobachter waren zusammen mit vier oder fünf ukrainischen Soldaten am Freitag von den Separatisten festgesetzt worden. Noch befinden sich drei deutsche Soldaten, ein deutscher Dolmetscher sowie ein Däne, ein Pole, ein Tschechen und die ukrainischen Soldaten in der Gewalt der Aktivisten.

"Hochgefährliche Situation für die Geiseln"

Der ukrainische Präsidentschaftskandidat Pjotr Poroschenko hält das Leben der deutschen Geiseln in Slowjansk für gefährdet. "Es ist eine hochgefährliche Situation für die deutschen Geiseln", sagte er der "Bild"-Zeitung. Der selbsternannte Bürgermeister von Slowjansk sei ein Terrorist. "Er hat Ukrainer foltern lassen, Politiker getötet. Er ist völlig durchgedreht und bereit, seine Waffen auch auf Ausländer zu richten", zitierte das Blatt den Politiker.

Als Reaktion auf die Festsetzung der deutschen Militärbeobachter hat Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen ihre geplante Kosovo-Reise abgesagt. Das bestätigte ein Sprecher des Ministeriums in Berlin. Von der Leyen hatte ursprünglich zu einem zweitägigen Kosovo-Besuch aufbrechen wollen, um sich ein Bild vom Bundeswehreinsatz in dem Balkanstaat zu machen.

Attentat auf Bürgermeister von Charkiv

Am Morgen ist der prorussische Bürgermeister der Millionenstadt Charkiv bei einem Attentat lebensgefährlich verletzt worden. Gennadi Kernes sei in den Rücken geschossen worden, teilte Sprecherin Tatjana Grusinskaja örtlichen Behörden zufolge mit. Der Politiker sei in ein Krankenhaus gebracht worden, die Ärzte würden ihn notoperieren. Charkiv ist die zweitgrößte Stadt der Ukraine.

Unterdessen haben prorussische Separatisten nach Angaben der Regierung in Kiew ein weiteres Gebäude im Osten der Ukraine eingenommen. Das Polizeipräsidium in der Stadt Kostjantyniwka sei in der Gewalt der Aktivisten, teilte das Innenministerium mit. Seit dem Morgen besetzten etwa 30 Separatisten das Erdgeschoss, sagte eine Sprecherin. Der örtliche Polizeichef stehe mit ihnen in Verhandlungen. Man wisse bisher nicht, was ihre Forderungen seien..

jj/as (dpa, rtr, AFP)