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Kampf dem Tanktourismus

Andreas Leixnering27. Februar 2007

Kampf dem Tanktourismus: Brüssel will eine Mindeststeuer auf LKW-Diesel. Doch beim Thema Einheitssteuern gerät der EU-Motor wie immer ins Stottern.

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Zapfpistole, Quelle: AP
Preislich macht es einen großen Unterschied, ob man in Luxemburg oder Deutschland tanktBild: AP

"Unser Gewerbe leidet seit Jahren an den unterschiedlich hohen Mineralöl- und Kraftfahrzeugsteuern in Europa", klagt Daniela Henze. Vor allem in Sachen LKW-Diesel gebe es europaweit riesige Preisdifferenzen, so die Sprecherin des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes. Für Deutschland mit seinen hohen Spritabgaben bedeute das einen großen wirtschaftlichen Schaden.

Tatsächlich ist es kein Geheimnis, dass Lastwagen großer Spediteure weite Umwege in Kauf nehmen, um beim Tanken Länder mit hohen Steuern zu umfahren - Tanktourimus nennt sich das Phänomen, das in Deutschland mit Einführung der Ökosteuer populär wurde. "Seit Jahren steht darum eine fiskalische Angleichung der Kraftstoffsteuern in der EU auf unserer Wunschliste", sagt Henze im Gespräch mit DW-WORLD.DE.

Brüssel will rauf mit der Dieselsteuer

EU-Kommissar Laszlo Kovacs aus Ungarn, Quelle: AP
Hat sich einiges vorgenommen: EU-Kommissar Laszlo Kovacs aus UngarnBild: AP

Die EU will jetzt versuchen, diesen Wunsch zu erfüllen - mal wieder. Diesmal ist es Laszlo Kovacs, EU-Kommissar für Steuer- und Zollpolitik, der die Mindeststeuer auf Diesel europaweit erhöhen möchte. Bis 2014 will er die Abgabe um ein Fünftel anheben, schreibt die Nachrichtenagentur Reuters. Das macht Sinn. Denn die langen Fahrten der LKW-Tanktouristen zu den Spritsteuer-Paradiesen führen zu Schadstoff-Emissionen und Straßenschäden. Den Ländern mit höheren Kraftstoffgebühren entgehen zudem Steuereinnahmen. Dem deutschen Fiskus wurden so allein 2004 Einnahmen von 1,9 Milliarden Euro vorenthalten, heißt es in einem Kommissionsentwurf.

Unterschiedliche Steuern trotz gemeinsamen Binnenmarkt

Das Deutsche Verkehrsforum, eine Vereinigung von 160 Wirtschaftsunternehmen, liefert Zahlenmaterial, um die Besteuerungsunterschiede zu belegen. Die Belastung in Sachen Mineralöl- und Kfz-Steuer eines deutschen 40-Tonnen-Lkw betrage 23.100 Euro (bei einer Fahrleistung von 135.000 km). Die französischen Wettbewerber würden hingegen mit 17.900 Euro belastet, für niederländische Lkw seien es bloß 17.200 Euro und für polnische Fahrzeuge gerade mal 12.700 Euro.

Abgaswolke aus Auspuff, Quelle: AP
Wer weit fährt, um billig zu tanken, bläst mehr Abgase in die LuftBild: AP

In der Tat kassiert der deutsche Fiskus je Liter Diesel stolze 47 Cent an Mineralölsteuer, und wird hier lediglich von Großbritannien überboten. Fast alle anderen EU-Staaten besteuern den Kraftstoff deutlich niedriger. So reichen Österreich 32 Cent je Liter, Polen und Belgien 31 Cent und Luxemburg schon 28 Cent.

Langsame Übergänge, keine Höchststeuersätze

Der Wettbewerbsverzerrung will EU-Kommissar Kovacs mit einer behutsamen Anhebung der Mindeststeuer auf 38 Cent begegnen, die erst ab 2014 für alle Mitgliedstaaten gelten soll. Für 19 EU-Länder hieße das, die Steuerschraube anzuziehen. Ein ähnliches Anliegen der EU war bereits 2003 gescheitert. Doch Kovacs will die Zweifler diesmal mit längeren Übergangsfristen ködern. Und es soll diesmal keine Abgabenbeschränkung nach oben geben, was Deutschland und Großbritannien entgegenkäme.

Bereits Mitte des Monats wollte die EU-Kommission über den Vorstoß entschieden haben, verschob dies aber auf den 28. Februar. Inzwischen ist auch dieses Datum wieder vertagt, diesmal auf Mitte März, wie die Sprecherin von Laszlo Kovacs am Dienstag (27.2.07) auf Anfrage mitteilt. Dies habe lediglich verfahrensorganisatorische Gründe.

EU-Kommissarin Dalia Grybauskaite aus Litauen, Quelle: AP
Keine Freundin der Mindeststeuer: EU-Kommissarin Dalia Grybauskaite aus LitauenBild: EC/Breydel

Wahrscheinlicher ist, dass dem Steuerexperten und seinem Vorhaben in Brüssel ein scharfer Wind entgegenweht. Vor allem Politiker der neuen EU-Mitglieder denken nicht daran, ihren Verkaufsschlager Diesel zu verteuern. Länder wie Lettland, Estland oder Litauen wollen so auch in Zukunft Lastwagen aus ganz Europa anlocken. Die litauische Haushaltskommissarin Dalia Grybauskaite opponiere bereits offen gegen die Steuerpläne ihres Kollegen, berichtet die "Süddeutsche Zeitung".

Heißes Eisen Harmonie

Dabei ist die EU-Kommission nicht mal die größte Hürde auf dem Weg zu mehr Abgabengerechtigkeit. Geht es um Europas Steuerpolitik, hat der EU-Ministerrat das letzte Wort. Hier müssten sich die Mitgliedstaaten einstimmig für den Plan von Kovacs aussprechen - und das ist so gut wie ausgeschlossen. Beim sensiblen Thema Steuerharmonisierung wurden friedliche EU-Nachbarn schon oft zu zankenden Streithähnen. Da fragt sich auch Daniela Henze vom Deutschen Speditions- und Logistikverbandes "ob das Prinzip der Einstimmigkeit noch Sinn macht oder ob hier nicht langsam mal Reformen notwendig sind".