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Erweiterung im Wartestand

5. November 2008

Die Kommission bescheinigt in ihrem Fortschrittsbericht Kroatien gute, der Türkei begrenzte Fortschritte bei Reformen. Im Jahr 2011 könnte Kroatien das 28. EU-Mitglied werden.

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Erweiterungskommissar Rehn legt EU-Fortschrittsbericht vor (Archivfoto) dpa
Erweiterungskommissar Rehn legt EU-Fortschrittsbericht vor (Archivfoto)Bild: picture-alliance/dpa

"Die grundsätzliche Leitlinie, die wir heute für Kroatien vorgeben, soll als Ermutigung angesehen werden, auf dem Weg der Reformen weiter zu gehen. Ein Erfolg hängt von der Fähigkeit Kroatiens ab, die Voraussetzungen zum EU-Beitritt zu erfüllen". So die Worte von EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn am Mittwoch (04.11.2008) in Brüssel. Dort stellte er den jährlichen Bericht über Fortschritte der EU-Beitrittskandidaten vor.

Obwohl die Stimmung unter den aktuellen 27 EU-Mitgliedern, nach den Osterweiterungen in den Jahren 2004 bis 2007 nun noch weitere Mitglieder aufzunehmen, eher gedämpft ist, sehen Diplomaten doch gute Chancen für Kroatien, 2011 das 28. Mitglied zu werden. Laut Rehn sollen die Beitrittsverhandlungen bis Ende kommenden Jahres abgeschlossen sein. Bedingung sei allerdings, dass der Balkanstaat das bisherige Reformtempo beibehalte. "Der Ball liegt jetzt bei Kroatien", so Rehn.

2011 könnte auch die kroatische Fahne mit dabei sein. Flaggen der 27 EU-Mitglieder
2011 könnte auch die kroatische Fahne mit dabei seinBild: EU

Er mahnte Reformen vor allem im Justizbereich, beim Kampf gegen die organisierte Kriminalität und Korruption, sowie beim Schutz der Menschenrechte an. Weitere Probleme stellen die Subventionen für die Schiff- und Stahlindustrie sowie die richtige Verwendung von EU-Geldern dar.

Kroatien hatte die Beitrittsverhandlungen im Oktober 2005 in 35 Bereichen begonnen, die vom Zoll über den Umweltschutz bis zur Außenpolitik und dem Handel reichen. In vier Bereichen sind die Verhandlungen abgeschlossen. Bis Ende 2009 soll dann alles verhandelt sein.

Andere Balkan-Staaten im Wartestand

Während Kroatien in dem Fortschrittsbericht konkrete Perspektiven erhält, müssen die anderen Beitrittskandidaten - die Türkei, Serbien, Albanien, Mazedonien, Bosnien, Montenegro und das Kosovo - warten.

Diese machen laut Rehn nur begrenzte Fortschritte bei Reformen, die EU-Standard entsprechen. "Ihre Annäherung hin zu einer EU-Mitgliedschaft kann beschleunigt werden, falls sie die notwendigen Voraussetzungen erfüllen. Mögliche Kandidaten, die sich dazu bereit zeigen, könnten Beitrittsstatus erhalten", so Rehn.

Kosovo-Albaner feiern die Unabhängigkeit ihrer Provinz Mitte Februar
Kosovo-Albaner feiern die Unabhängigkeit ihrer Provinz Mitte FebruarBild: AP

Dazu gehöre 2009 Serbien, falls es Reformen anpacke und mit dem Internationalen Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zusammenarbeite. Mazedonien wurde in dem Bericht keine konkrete Perspektive über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen gegeben. Den Kandidatenstatus hat es seit 2005, ist aber seit langem mit dem EU-Mitglied Griechenland in einen Namensstreit um die gleichnamige griechische Provinz verstrickt.

Enttäuscht zeigte sich Rehn vom Kosovo, das Mitte Februar seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt hatte. Die dortige Führung habe keine Strategie, um gegen organisierte Kriminalität vorzugehen. "Die Polizei konzentriert sich eher darauf, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, denn mafiose Strukturen zu bekämpfen", kritisierte der Erweiterungskommissar, Korruption sei weit verbreitet.

Unzufriedenheit mit der Türkei

Das Urteil über die Türkei in dem Fortschrittsbericht war gemischt: Unzufrieden zeigte sich die EU-Kommission mit dem Reformtempo: Dieses müsse "neuen Schwung" erhalten, hieß es. Vor allem bei der Gewährleistung grundlegender Menschenrechte wurden dem Land erneut schwere Mängel bescheinigt. Allein im vergangenen Jahr habe es 220 Ehrenmorde gegeben. Auch häusliche Gewalt und Zwangsverheiratung seien weiter ein gravierendes Problem. Unzureichend seien zudem die Reformen zur Stärkung der Meinungsfreiheit.

Der Weg der Türkei in die EU ist noch lang (Archivbild)
Der Weg der Türkei in die EU ist noch lang (Archivbild)Bild: AP

Grundsätzlich bescheinigte EU-Erweiterungskommissar Rehn dem Land zwischen Orient und Okzident eine strategische Bedeutung für Europa: "Diese hat in den Bereichen Energiesicherheit, Konfliktverhütung und -lösung sowie regionale Sicherheit im Südkaukasus und im Nahen Osten weiter zugenommen". Gewürdigt wurde auch die energiepolitische Bedeutung der Türkei als Transitland für Erdgas.

Die Türkei ist seit 1999 Beitrittskandidat; die offiziellen Verhandlungen begannen 2005. Fortschritte wurden aber unter anderem wegen des Konflikts um die zwischen Türken und Griechen geteilte Mittelmeer-Insel Zypern kaum gemacht.

Rehn forderte die türkische Regierung auf, den Führer der türkischen Volksgruppe, Mehmet Ali Talat, und den griechisch-zyprischen Präsidenten, Dimitris Christofias, bei ihren Verhandlungen über ein Ende der Teilung zu unterstützen. Die beiden waren am Montag (03.11.2008) zu ihrer siebten Verhandlungsrunde zusammengekommen. (hy)