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EU-Finanzen als Hebel zur Verfassung

Bernd Riegert, z. Zt. Rom 5. Oktober 2003

Die EU-Staaten haben am Wochenende (4./5.10.) die heiße Phase in den Verhandlungen über eine europäische Verfassung eingeleitet. 25 Staats- und Regierungschefs konnten in Rom ihre Differenzen aber nicht ausräumen.

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Die europäische Familie wird größer, die Eintracht nicht unbedingtBild: AP

Dies wird die Aufgabe der Außenminister sein, die in den kommenden Monaten versuchen müssen, die unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bekommen. Eine sehr schwierige Aufgabe liege vor allen Beteiligten, sagte der italienische Ministerpräsident und amtierende EU-Ratsvorsitzende Silvio Berlusconi.

An einem riesigen Tisch im mit Marmor verkleideten Prunksaal des Kongresspalastes in Rom saßen die 15 Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten, der zehn im Mai 2004 beitretenden Länder und - mit beratender Stimme - der Bewerber Bulgarien, Rumänien und Türkei, sowie der Präsident des Europäischen Parlaments und der Chef der EU-Kommission. Gegenseitig trugen sie sich höflich ihre bekannten Standpunkte zum Verfassungsentwurf für die europäische Union vor. Das dauerte auch bei einer Redezeit von nur vier Minuten pro Staat schon über zwei Stunden.

Erweiterung macht Entscheidungen schwieriger

Diese symbolische Eröffnung der Regierungskonferenz zeigt das Problem. Die Europäische Union wird durch die Erweitung schwerer zu lenken, Entscheidungsprozesse werden länger. Deshalb sind, so Bundeskanzler Gerhard Schröder, die Erweiterung und die Einigung auf eine Verfassung, die handlungsfähige Institutionen schaffen soll, zwei Seiten einer Medaille:

Wie Deutschland wollen auch Frankreich und Italien das Paket möglichst nicht wieder aufschnüren. Polen und Spanien dagegen bestehen darauf, die Stimmengewichtung pro Land so zu lassen wie sie ist, nämlich vorteilhaft für diese beiden mittelgroßen Staaten. Der Verfassungsentwurf sieht vor, Stimmen klarer nach der Bevölkerungszahl zu gewichten. In weiten Politikbereichen sollen Mehrheitsentscheidungen eingeführt werden. 15 kleine Staaten, darunter auch Dänemark, wollen auch weiterhin einen Kommissar in die EU-Kommission, also in die Verwaltungsspitze entsenden.

Last-Minute-Lösung?

Bundeskanzler Schröder geht davon aus, dass erst in letzter Minute, beim EU-Gipfel kurz vor Weihnachten, wirklich Nägel mit Köpfen gemacht werden. Der Bundeskanzler warnte vor zu hohen Erwartungen an den Beginn der Verhandlungen in Rom, die von den Außenministern nach dem Auftakt durch die Staats- und Regierungschefs fortgesetzt werden.

Bundesaußenminister Joschka Fischer, der in den nächsten Wochen in sechs oder sieben Runden mit seinen Kollegen über die Verfassung verhandeln wird, ergänzte, es gebe keinen formalen Zusammenhang zwischen Verfassung und Finanzen. Wenn die Regierungskonferenz aber über den gesetzten Zeitrahmen hinaus ginge, gebe es Probleme: "Dass wir mit ungelösten institutionellen Fragen gleichzeitig in die von allen als schwierig anerkannten Verhandlungen um Finanzfragen gehen, ist für alle Beteiligten, glaube ich, keine erstrebenwerte Perspektive."