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EU-Fortschrittsbericht in Tschechien weitgehend positiv aufgenommen

15. November 2001

Nur Ex-Regierungschef Klaus sieht im EU-Bericht auch viele "Absurditäten."

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Prag, 14.11.2001, Radio Prag Is, deutsch

Es steht außer jedem Zweifel, dass der diesjährige Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission für Tschechien positiv ausfällt. Dies bekräftigte der EU-Botschafter in der Tschechischen Republik, Ramiro Cibrian: "Der diesjährige Bericht stellt den aufmunternden Fortschritt fest, den die Tschechische Republik erreicht hatte. Er zeigt, dass die Tschechische Republik aus den Berichten in den vergangenen Jahren Konsequenzen gezogen hat und dass sie viele Anmerkungen und Empfehlungen berücksichtigt hat."

Die Tschechische Republik zeige einen insgesamt großen Fortschritt in der Erfüllung der Beitrittskriterien. Ramiro Cibrian hierzu: "Die Tschechische Republik erfüllt auch weiterhin die politischen Kriterien. Des Weiteren hat das Land Fortschritte in der Konsolidierung der Demokratie und der Anerkennung und Wahrung der Menschenrechte erreicht. Hervorzuheben ist vor allem die Justizreform, die sehr beschleunigt wurde."

Beim Kampf gegen die Korruption erwähnte Botschafter Cibrian ebenfalls eine Verbesserung, es bleibt allerdings für die Europäische Kommission auch weiterhin ein Grund zur Besorgnis. So auch die Minderheiten, wo weitere Schritte bezüglich der Roma unternommen wurden. Diese Problematik erfordert Ramiro Cibrian zufolge ein langfristiges Bemühen seitens der Tschechischen Republik. Weiter schätzte der Bericht die Verbesserung der Makroökonomik und die Beendigung der Privatisierung der Banken ein.

Ramiro Cibrian führte selbstverständlich auch die Bereiche an, die von der Kommission als stets mangelhaft bezeichnet werden: "Die Kommission bedauert, dass auch weiterhin das Gesetz über den Staatsdienst ausbleibt. Dieses Gesetz ist unabdingbar für die Sicherung der Etablierung einer modernen Staatsverwaltung."

Ein funktionierender Staatsdienst sei für die erfolgreiche Implementierung des EU-Rechts, des acquis communautaire - was heutzutage eine der höchsten Prioritäten der EU ist - unbedingt notwendig. Es sei nicht möglich, den acquis communautaire durchzusetzen ohne einen unabhängigen Staatsdienst. Die Annahme des Gesetzes wäre Ramiro Cibrian zufolge auch ein politisches Signal seitens der Tschechischen Republik, an der EU tatsächlich teilnehmen zu wollen.

Des Weiteren hatte die Europäische Kommission ein strategisches Dokument vorgestellt, dessen Ziel eine erfolgreiche EU-Erweiterung ist. Dieses sieht, falls keine unerwarteten Zwischenfälle eintreten, die Beendigung der Beitrittsgespräche mit den am besten vorbereiteten Kandidaten vor, darunter auch mit der Tschechischen Republik im Jahre 2002 und deren Beteiligung an den Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahre 2004. (ykk)

Prag, 14.11.2001, Radio Prag Is, deutsch

Der tschechische Premier Milos Zeman ist mit dem Jahresbericht sehr zufrieden. Die größte Freude habe ihm ein unauffälliger Satz gemacht, dass die Tschechische Republik eine funktionierende Marktwirtschaft habe, sagte er nach der Veröffentlichung. (...) Der Premier akzeptiert alle Vorbehalte der Kommission. Ebenso wie die EU hält auch er die Tatsache für eine der größten Schwächen, dass in Tschechien das Gesetz über den Staatsdienst fehlt. Zeman betonte jedoch, das Kabinett habe das entsprechende Gesetz bereits vorgelegt, dieses stoße jedoch auf den Widerstand einiger Gegner im Parlament.

Keine Begeisterung äußerte der Vorsitzende des Abgeordnetenhauses Vaclav Klaus. Es handele sich dabei um einen politischen Text mit klaren politischen Ambitionen, meint er. Gerade die erwähnte Kritik am Fehlen des Gesetzes über den Staatsdienst betrachtet er als eine der vielen Absurditäten des Dokuments: "Jedes Land regelt die Definitive für Staatsbeamte auf seine eigene Weise. Das formale Spiel, ob wir ein solches Gesetz haben oder nicht, sagt überhaupt nichts über unser Land aus. Ich fühle mich jedes Jahr beleidigt, ich polemisiere jedes Jahr mit Herrn Botschafter und er gibt mir Recht und sagt - er verstehe mich, er habe das nicht geschrieben, dies sei in Brüssel verfasst worden. Ich weiß nicht, warum diese Sache als wichtig wieder darin steht. Dies bedeutet ein vollkommenes Missverständnis des Wesens, um das es wirklich geht."

Zufrieden mit dem Dokument zeigte sich der Leader der Viererkoalition, Karel Kühnl. Die positive Beurteilung sei nach ihm Ergebnis der Arbeit der Regierung und des Parlaments: "Meiner Meinung nach sagt uns der Bericht klar folgendes: Wenn ihr die Lage der öffentlichen Finanzen verbessert, wenn ihr die Rechtsstaatlichkeit verbessert und wenn ihr eine Erweiterung des Raums für Korruption vermeidet und diesen Raum beschränkt, dann seid ihr eines der Länder, die in der ersten Welle, also 2004 sicher beitreten können."

Auch in der Erklärung des tschechischen Außenministeriums wird konstatiert, dass der Jahresbericht eine Sicherheit der Tschechischen Republik gewähre, zur Aufnahme in die EU vorbestimmt zu sein. Das Dokument sei objektiv und treffend, steht in der Erklärung. Außenminister Jan Kavan räumte ein, dass Tschechien in zwei bis drei Kapiteln negativer als vor einem Jahr bewertet wird. Als den schwersten Vorbehalt bezeichnete er die unzureichende Bekämpfung der Korruption und Wirtschaftskriminalität. (...) (ykk)