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Chance für Belarus

27. Oktober 2010

Die Sanktionen der EU gegen Minsk bleiben ausgesetzt, aber weiter bestehen. Das beschlossen die EU-Außenminister am 25. Oktober in Luxemburg. Der litauische Europa-Abgeordnete Justas Paleckis bewertet die Entscheidung.

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Portrait von Justas Paleckis (Foto: DW)
Justas Paleckis weist auf fehlende Demokratisierung hinBild: Justas Palezkis

Deutsche Welle: Seit 2004 gelten gegen hochrangige belarussische Staatsvertreter EU-Einreiseverbote, die in den meisten Fällen 2008 ausgesetzt wurden. Aufgehoben werden könnten die Sanktionen aber angesichts mangelnden Fortschritts bei Menschenrechten und Demokratisierung nicht, heißt es in einem Beschluss der EU-Außenminister. Herr Paleckis, Sie gehören der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament an und sind Mitglied der Delegation für die Beziehungen zu Belarus. Wie bewerten Sie den EU-Beschluss?

Justas Paleckis: Ich denke, dass dies eine weitere Chance für Minsk ist. Man muss nur begreifen, dass man nicht unendlich viele Chancen bekommt. Es ist zu hoffen, dass die Präsidentschaftswahlen in Belarus am 19. Dezember diesmal wirklich viel demokratischer verlaufen als bisher. Aber angesichts der Skepsis führender Oppositionspolitiker, was den Verlauf des Wahlkampfes angeht, sowie angesichts der Tatsache, dass das offizielle Minsk keine erkennbaren Schritte in Richtung Demokratisierung unternimmt, ist diese Hoffnung eher unrealistisch.

Sie sagen, dass keine Schritte in Richtung Demokratisierung unternommen werden. Ist dann möglicherweise die EU-Politik des Dialogs und der Zusammenarbeit mit Minsk, die seit zwei Jahren verfolgt wird, ineffektiv? Sollte man sie vielleicht überdenken, so wie man seinerzeit die Politik der Sanktionen und Isolation überdacht hatte?

Europakarte mit EU und Ländern der Östlichen Partnerschaft (Grafik: DW)
Belarus beteiligt sich am EU-Programm "Ost-Partnerschaft"

Ich glaube nicht. In all den sieben Jahren meiner Arbeit im Europäischen Parlament war ich von Anfang an gegen die Politik der Isolation. Die Zeit der Konfrontation in Europa ist längst vorbei. Nur durch Zusammenarbeit, begleitet natürlich von bestimmten Bedingungen, können wir echte Fortschritte erzielen. Um so mehr, dass die Sanktionen gegen Belarus nicht zum gewünschten Ziel geführt haben. In diesem Zusammenhang erinnere ich immer daran, dass vor zwei Jahrzehnten der Westen nur durch seine Politik der Kooperation und nicht mit Sanktionen Veränderungen in der Sowjetunion erreicht hatte.

Wie lange könnte das Verhältnis zwischen Belarus und der EU im gegenwärtigen Zustand verharren? Brüssel erwartet konkrete Schritte zur Demokratisierung des Lands, die Minsk aber nicht unternimmt.

Jetzt ist gerade der Zeitpunkt, in dem vieles klarer werden kann. Der Konflikt mit Moskau, wie mir scheint, sollte der belarussischen Führung bewusst machen, was Brüssel von ihr erwartet, und Minsk sollte entsprechende Maßnahmen ergreifen. Ich rufe in keiner Weise Minsk zur Konfrontation mit Russland auf. Eine Annäherung von Belarus an die EU setzt konstruktive Beziehungen sowohl mit Brüssel als auch mit Moskau voraus.

Was erwarten Sie von den Präsidentschaftswahlen in Belarus?

Ich erwarte in keiner Weise irgendwelche Wunder von diesen Wahlen. Aber ich habe immer noch die kleine Hoffnung, dass die Wahlen deutlich machen werden, dass sich das Land in Richtung Europa bewegt und gleichzeitig gute Beziehungen zu Russland bewahrt.

Erste Sanktionen in Form von Einreiseverboten beschloss die EU 2004 gegen hohe belarussische Staatsvertreter, da sie für das Verschwinden von Menschen und Wahlfälschungen verantwortlich sein sollen. 2006 wurden entsprechende Sanktionen auch gegen Präsident Aleksandr Lukaschenko und weitere 35 Regierungsmitglieder verhängt, die aber seit 2008 ausgesetzt sind.

Das Interview führte Vladimir Dorokhov / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Gero Rueter