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EU-Innenminister einig über Schengen-Reform

7. Juni 2012

Seit 17 Jahren gibt es kaum noch Grenzkontrollen in Europa - dank des Schengener Abkommens. Das soll nun reformiert werden: Im Notfall dürfen die Mitgliedsländer dann wieder Grenzkontrollen einführen.

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Grenze bei Korczowa (Foto: AP Photo/Alik Keplicz)
Bild: AP

Die EU-Mitgliedsländer haben sich auf eine Neufassung des Schengener Abkommens verständigt. Die Staaten sollen demnach wieder Grenzkontrollen einführen dürfen, wenn sie das Funktionieren des Schengen-Raums bedroht sehen. Darauf haben sich die EU-Innenminister bei einem Treffen in Luxemburg verständigt.

Die Neuregelung sieht einen "Notfallmechanismus" vor, wonach einzelne Mitgliedstaaten als "letzten Ausweg" ihre Grenzen dichtmachen können, falls ein anderer EU-Staat seine Außengrenzen nicht verlässlich kontrolliert und die innere Sicherheit anderer Staaten "massiv bedroht" wäre - sprich, zahlreiche illegale Einwanderer in die EU gelangen. Höchstdauer der Maßnahme ist maximal zwei Jahre.

Friedrich: Notfallsmechanismus als "Ultima Ratio"

Mit dem Entwurf, der noch der Zustimmung des Europaparlaments bedarf, schmetterten die Innenminister die Forderung der EU-Kommission ab, bei der Entscheidung über Grenzkontrollen das letzte Wort zu haben. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte: "Das letzte Entscheidungsrecht bleibt natürlich bei den Mitgliedsstaaten, denn wir sind verantwortlich für die Sicherheit unserer Bürger“. Die Anwendung des Notfallmechanismus komme aber nur "als Ultima Ratio, wenn alle Stricke reißen", infrage.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) (Foto: dapd)
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU)Bild: dapd

Die EU-Kommission erhält jedoch eine starke Rolle durch ein neues Prüfverfahren, mit dem durch angekündigte sowie unangekündigte Kontrollbesuche in den Mitgliedsländern die Anwendung der Schengen-Vorschriften überprüft wird.

Zustrom afrikanischer Flüchtlinge als Auslöser

Über die Schengen-Reform wird seit Monaten gerungen. Den Anlass lieferte der Arabische Frühling vor einem Jahr, in dessen Folge tausende Flüchtlinge aus Nordafrika auf der Mittelmeerinsel Lampedusa strandeten. Während viele von dort Richtung Westen zogen, drängten weiter östlich illegale Einwanderer über die löchrige Grenze zwischen der Türkei und Griechenland. Nach Angaben der griechischen Regierung kommen jährlich 150.000 illegale Einwanderer nach Griechenland.

Die Reform des Grenzabkommens stieß allerdings auf scharfe Kritik. "Die Reisefreiheit in der EU wird der Paranoia vor schutzsuchenden Migranten geopfert", sagte die Linken-Politikerin Ulla Jelpke. Die Grünen-Politiker Josef Winkler und Viola von Cramon warnten, dass innerhalb der neuen Regelung eine "Korrekturmöglichkeit seitens EU-Kommission oder Europäischem Parlament so gut wie nicht möglich" sei. "Ohne Kontrollmöglichkeiten sind nationale Alleingänge zur Aussetzung der europäischen Freizügigkeit vorprogrammiert."

Flüchtlinge in Italien auf Lampedusa (Foto: dpa)
Auslöser der Reform waren Flüchtlinge aus NordafrikaBild: picture-alliance/dpa

Das Schengener Abkommen garantiert seit 17 Jahren die Reisefreiheit in Europa. Daran beteiligen sich inzwischen fast alle EU-Staaten, davon ausgenommen sind Großbritannien, Irland und Zypern. Bulgarien und Rumänien wären ebenfalls gerne dabei, erfüllen die Bedingungen aber noch nicht. Dafür machen die Nicht-EU-Staaten Norwegen, Island und die Schweiz mit. Insgesamt haben 26 Länder die Schengen-Verträge unterzeichnet.

GD/det (dpa, dapd, afp)