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EU-Justizminister weiten Telefonüberwachung aus

Bernd Riegert, Brüssel21. Februar 2006

Bedenken von Datenschützern halfen nichts - in der Europäischen Union müssen künftig Telekom- und Internetanbieter Verbindungsdaten ihrer Kunden systematisch und bis zu einem Jahr speichern. Das soll der Polizei helfen.

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Wer hat mit wem telefoniert? Das wird die Polizei bald leichter feststellen könnenBild: dpa - Report

Die Justizminister der EU haben am Dienstag (21.2.) in Brüssel beschlossen, die Speicherung aller Telefon- und Internetverbindungsdaten flächendeckend für mindestens sechs Monate gesetzlich vorzuschreiben. Die Daten, die von den Telefongesellschaften gespeichert werden müssen, sollen der besseren Verfolgung von Terroristen und organisierten Banden dienen. Allerdings dürfen laut Richtlinie nur die Telefonnummern gespeichert werden, nicht etwa die Inhalte der Gespräche. Bei Anrufen übers Mobiltelefon soll auch nur der Ort gespeichert werden, an dem das Gespräch beginnt - ein Bewegungsprofil der Handybesitzer darf nicht erstellt werden.

Der Datenschutzbeauftragte des Bundes, Peter Schaar, hatte die Datensammlung als erheblichen Eingriff in die Privatsphäre Unverdächtiger kritisiert. Außerdem werde die Telekommunikationsindustrie zum "Hilfssheriff" der Polizeibehörden in der EU gemacht.

Änderungen beim Asylverfahren angestrebt

Die Innenminister der Europäischen Union wollen den Austausch von Erkenntnissen über die Herkunftsländer von Asylbewerbern verbessern. Dies soll ein weiterer Schritt auf dem Weg zum gemeinschaftlichen Asylverfahren ab 2010 sein, nachdem die EU bereits Mindeststandards für die Verfahren und die Unterbringung in den Mitgliedsländern vorschreibt. Die Innenminister tagten parallel zu den Justizministern in Brüssel.

In der Slowakei anerkannt, in Österreich nicht

Nach wie vor gelten in den Mitgliedsstaaten unterschiedliche Regeln dafür, welchem Asylbewerber aus welchem Herkunftsland Bleiberecht gewährt wird. Asylsuchende aus Tschetschenien etwa werden in der Slowakei grundsätzlich nicht anerkannt, während die Anerkennungsquote in Österreich fast 90 Prozent beträgt.

Insgesamt begehren rund 380.000 Menschen jährlich Asyl in der EU. Nur ein sehr geringer Teil wird tatsächlich anerkannt. Abgelehnte Asylbewerber können sich bei Wiedereinreise in die EU heute erneut in einem anderen Land um Aufnahme bemühen.

Armut als Asylgrund?

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble sagte, in den meisten Fällen hätten die europäischen Innenminster durchaus eine einheitliche gemeinsame Beurteilung, ob politische Verfolgung vorliege oder nicht. "In den meisten Fällen besteht keine, sondern es herrscht wirtschaftliche Not", erklärte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble. "Das sind ja auch Gründe, die man gut nachvollziehen kann und die viele von uns vermutlich auch veranlassen würden, es zu versuchen."

Der zuständige EU-Justizkommissar Franco Frattini wirbt dafür, auch wirtschaftliche Not stärker als Grund für eine Flucht anzuerkennen. Wirtschaftsmigranten fallen aber nach deutscher Auffassung nicht unter das Asylrecht für politisch Verfolgte.

Bedürftige müssen weiterhin reindürfen

Die EU-Innenminister tun sich weiter schwer, eine gemeinsame Liste mit sicheren Drittstaaten zu verabschieden, in die Asylbewerber ohne großartige Prüfung wieder abgeschoben werden sollen. Wolfgang Schäuble plädierte dafür, die Lebensverhältnisse der Menschen in den Herkunftsländern zu verbessern. "Das Ziel, besseren Schutz und langfristige Lösungen in den Herkunftsländern anzustreben, ist ja richtig", entgegnete UN-Flüchtlingskommissar Antonio Guterres vor dem Europaparlament in Brüssel. "Aber es enthebt die EU nicht ihrer Verantwortung, wirklich Bedürftigen Asyl zu gewähren."

Vor dem Hintergrund des Streits um die Mohammed-Karikaturen sagte Bundesinnenminister Schäuble, Migranten, die legal nach Europa kämen, müssten die Lebensverhältnisse hier akzeptieren - auch die Pressefreiheit. Er verwies darauf, dass die konservative Regierung in den Niederlanden Zuwanderern von März 2006 an Sprachkurse bereits im Herkunftsland und Nachweise über Kenntnisse der Niederlande abverlangen. Außerdem wird das Nachzugsalter für Ehegatten auf 21 Jahre angehoben. Das sei vorbildlich, so Schäuble, zum Beispiel um Zwangsehen zu erschweren.