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EU-Kandidat Tschechien

15. März 2002

- Vor allem junge Tschechen hoffen auf einen schnellen Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft

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Köln, 12.3.2002, DW-radio

Es ist die junge Generation, die den Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union kaum erwarten kann. Vor allem die gut ausgebildeten wollen die Schlagbäume an den Grenzen fallen sehen und ohne große Komplikationen von einem europäischen Land ins andere reisen.

Sie wollen arbeiten, wo sie Arbeit finden und leben, wo es ihnen gefällt, so der tschechische Generalkonsul in Dresden, Milan Dufek: "Ich glaube, dass ein solcher Schritt neue Chancen bringt, zum Beispiel für die junge Generation, die Möglichkeit des Studiums im Ausland oder die Erhöhung der Qualifizierung im Ausland."

Die Tschechin Janka Dragonova kommt aus der nordböhmischen Bezirksstadt Usti. Die junge Zahnärztin würde sich in der Tat gerne in Deutschland weiter qualifizieren. Leben möchte sie allerdings lieber in Tschechien. Dort wohnt ihre Familie, ihr Freund. Und dennoch könnte sie sich vorstellen, vorübergehend in Dresden zu arbeiten: "Ich hätte da Probleme mit der Sprache, aber das wäre vielleicht nicht so ein großes Problem. Die Sprache kann man ja lernen, aber wenn ich nach Deutschland gehen würde, dann wäre das ganz sicher nicht auf längere Zeit und wenn, dann nicht weit - zum Beispiel nach Dresden, aber nicht weiter. Und Studienreisen würde ich auch gerne unternehmen."

Im Bildungsbereich und auf dem Kultursektor gibt es zwischen Deutschland und Tschechien bereits heute unzählige Kontakte. Um diese weiter zu vertiefen und neue aufzubauen wurden Zentren errichtet, sagt Zuzana Pokorna, die Direktorin des tschechischen Zentrums in Dresden: "Also, wir haben verschiedene Aufgaben, wir machen die Kontakte in Kultur und Schulwesen, Bildung, Touristik, Politik und Gesellschaft. Wir bieten Sprachkurse an, das ist sehr wichtig für uns und organisieren verschiedene kulturelle Veranstaltungen."

Die Brücke-Most-Stiftung in Dresden ist dabei ein wichtiger Partner. Die von ihr ins Leben gerufenen Kulturtage mit Dichterlesungen, Theaterstücken und Musikaufführungen ziehen von Jahr zu Jahr mehr Besucher an. Zentrum und Stiftung helfen aber auch dabei, Wirtschaftskontakte zu knüpfen.

Rat hat sich auch der junge Unternehmer Karsten Puhlmann geholt. Sein kleiner Verlag gibt eine Immobilien-Fachzeitschrift für den tschechischen Markt heraus. Er leitet zwei Büros, eins in Prag und eins in Pilsen mit insgesamt 15 Mitarbeitern: "Prinzipiell wird natürlich von den Behörden her viel getan um die Möglichkeit eines Unternehmers oder um dem Unternehmer überhaupt die Möglichkeit zu geben, in die Tschechische Republik zu gehen. Da gibt es zum Beispiel die IHK auch hier in Sachsen, hier in Dresden, die sich sehr bemüht, mit Fachabteilungen für Unternehmer Anlaufstelle zu sein. Es gibt das Konsulat in Dresden und dann auf der tschechischen Seite äquivalente Behörden, aber dann ist ja immer das vor Ort auch noch. Also die Behörden in dem Land, denke ich, das ist zu schaffen, aber das zweite ist dort vor Ort und da muss man schon ganz schön bewandert sein, um zum Beispiel eine Firmengründung, eine GmbH-Gründung zu praktizieren auf der tschechischen Seite."

Der Papierkrieg ist gewaltig und die Amtssprache nicht einfach. Die einzelnen Paragraphen müssen detailgenau verstanden werden: "Die Sprache ist für mich zwingend nötig auf der tschechischen Seite. Man muss zumindest so viel Tschechisch können, dass man sich verständigen kann, nicht unbedingt schriftlich, aber mündlich, damit man weiß, was von einem verlangt wird, damit man weiß, was man benötigt für den weiteren Vorgang. Viele versuchen das mit dem Dolmetscher wett zu machen, das ist aber keine Non-plus-ultra-Lösung. Ist nicht persönlich genug."

Karsten Puhlmann ist sicher, dass die Mitgliedschaft Tschechiens in der Europäischen Union im Geschäftswesen einiges ändern wird. Allerdings machen sich darüber seiner Ansicht nach nur die wenigsten Gedanken. Die EU ist noch zu weit weg, meint er.

Das kann der tschechische Journalist Petr Brod, der in Prag das Büro des BBC World Service leitet, nur bestätigen: "Ich würde sagen, dass sich vor allem jetzt die sozialdemokratische Regierung, tatsächlich bemüht, die EU dem Volk näher zu bringen. Das Außenministerium hat mehrere Informationsprojekte gestartet und durchgeführt. Es gab zum Beispiel eine breit angelegte Fernsehserie, die durch faktenreiche Dokumentationsfilme Europa den Bürgern nahe bringen wollte."

Diese Dinge nimmt die Bevölkerung so nebenbei auf und vergleicht sie mit dem eigenen Lebensstandard und der eigenen Lebensweise. Diskutiert werden die Vor- und Nachteile der Mitgliedschaft in der Europäischen Union - so Brod - derzeit aber vor allem von den besser Verdienenden und denen mit höherer Bildung. (ykk)