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Soll Island in die EU?

24. Februar 2010

Die Finanzkrise hatte Island besonders hart getroffen. Vor diesem Hintergrund stellte die Regierung im Sommer 2009 einen Aufnahmeantrag. Ein gutes halbes Jahr später empfiehlt nun die Kommission Beitrittsverhandlungen.

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Porträt Stefan Füle (Foto: AP)
Erweiterungskommissar Füle sieht keine unüberwindlichen HürdenBild: AP

Erweiterungskommissar Stefan Füle ist für einen Beitritt Islands zur EU - Sonderbedingungen gebe es für den Inselstaat jedoch nicht, und dieser müsse, wie alle anderen Länder auch, zunächst die Beitrittsbedingungen erfüllen: "Bei der Formulierung unseres Berichts ließen wir uns von den gleichen Methoden und Kriterien leiten wie bei jedem beitrittswilligen Land. Es gibt keine Abkürzung zum Beitritt."

Damit zerstreute er Spekulationen darüber, dass beim Beitrittsprozess doppelte Standards gelten könnten. Bereits im vergangenen Sommer hatten viele den Verdacht geäußert, die EU werde Island im Schnelldurchgang beitreten lassen, während sich beispielsweise die Länder des westlichen Balkan viel mehr anstrengen müssten.

Gibt es eine Hintertür für Island?

Premierministerin Johanna Sigurdardottir spricht im Isländischen Parlament, dem Alting (Foto: AP)
Island ist stolz auf seine demokratische TraditionBild: AP

Der schwedische Außenminister Carl Bildt gab derartigen Spekulationen Auftrieb, als er im Juni 2009 sagte, die Isländer erfüllten bereits die meisten Beitrittskriterien: "Sie haben eine tausendjährige Parlamentsgeschichte. Sie gehören seit Anfang der 1990er Jahre [durch die Mitgliedschaft im europäischen Wirtschaftsraum] zum gemeinsamen Markt. Und dann muss man natürlich auch die außenpolitischen Aspekte beachten. Meiner Meinung nach würde Island der Europäischen Union eine Rolle bei den immer wichtiger werdenden Themen der Arktis geben."

Die Empfehlung der Kommission ist aber nur der erste Schritt. Alle EU-Regierungen müssen mit der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen einverstanden sein. Widerstand könnte vor allem von Großbritannien und den Niederlanden kommen. Denn Anleger aus beiden Ländern haben durch den Zusammenbruch einer isländischen Bank besonders viel Geld verloren. Wenn die Isländer in einem Referendum, wie es bisher für den 06.03.2010 geplant ist, einen Entschädigungsplan ablehnen, könnten beide Länder als Vergeltung den isländischen Weg in die EU blockieren.

Streit um Fischereirechte

Kunden der Landsbani in Kopavogur auf Island am Geldautomaten (Foto: AP)
Islands Banken wurden von der Finanzkrise schwer getroffenBild: AP

Aber auch wenn damit alles glatt geht, sieht Erweiterungskommissar Füle noch Defizite: "Unser Bericht zeigt Bereiche auf, an denen noch gearbeitet werden muss. Das reicht von der Unabhängigkeit der Justiz bis zur Wirtschaftspolitik, Landwirtschaft, Fischerei und Umweltpolitik, um nur einige zu nennen. Aber ich sehe im Moment keine dramatischen Probleme, die nicht im Rahmen des Prozesses gelöst werden könnten."

Besonders schwierig dürfte die Integration der wichtigen isländischen Fischwirtschaft in die gesamteuropäische Fischerei werden. Vor allem aber dürfte die EU streng darauf achten, dass Island seine Staatsfinanzen schnell in Ordnung bringt. Das isländische Defizit ist zur Zeit noch größer als das griechische, das im Moment so große Probleme bereitet. Andererseits trauen offenbar viele Regierungen den Isländern mehr Disziplin zu als den Griechen und sehen den isländischen Fast-Bankrott nur als besonders krassen Einzelfall in der Finanzkrise.

Doch selbst wenn alle Hürden im Beitrittsprozess genommen werden, hat die isländische Bevölkerung das letzte Wort. Sie soll am Ende gefragt werden, ob ihr Land EU-Mitglied werden soll, und im Moment überwiegt die Skepsis.

Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Fabian Schmidt