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EU-Kommission kämpft gegen Steuerflucht

Rolf Wenkel25. November 2013

Internationale Konzerne nutzen unterschiedliche Steuergesetze so gekonnt aus, dass ihre Steuerbelastung gegen Null tendiert - oft ganz ohne exotische Steueroasen. Die EU-Kommission will das ändern.

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Symbolbild Steueroasen British Virgin Islands (Foto: Fotolia/Trueffelpix)
Bild: Fotolia/Trueffelpix

Durch Steuervermeidung, das heißt: durch die geschickte, aber legale Ausnutzung unterschiedlicher Steuergesetze in unterschiedlichen Staaten gehen den Ländern der Europäischen Union umfangreiche Einnahmen verloren. Internationale Konzerne weisen in vielen Fällen trotz hoher Gewinne niedrige Steuerquoten aus. "Sie tendieren zum Teil gegen Null", weiß Johanna Hey, Direktorin des Instituts für Steuerrecht an der Universität Köln. Es gibt Schätzungen, nach denen den EU-Staaten pro Jahr über 1000 Milliarden Euro durch die so genannte "aggressive Steuerplanung" verloren gehen.

International agierende Konzerne gehen dabei immer nach dem gleichen Muster vor: Sie lassen Gewinne dort entstehen, wo die Steuern besonders niedrig sind. Indes: "Steueroasen finden sich keineswegs nur auf karibischen Inseln", sagt Steuerexpertin Hey. Denn auch die Staaten der Europäischen Union stehen in einem Wettbewerb um niedrige Steuersätze. Seit 2007 haben mehrere Staaten in Europa die Unternehmenssteuern gesenkt, um im Wettstreit mit den Nachbarstaaten um Investitionen und Arbeitsplätze zu bestehen. Dazu zählen neben Großbritannien auch Deutschland, Italien, Spanien, Griechenland und Schweden.

EU will Steuerschlupflöcher stopfen

Mehr Transparenz und Fairness

Der litauische Politiker und Ökonom Algirdas Gediminas Šemeta amtiert seit 2010 als EU-Kommissar für Steuern und Zollunion, Audit und Betrugsbekämpfung. Er hat am Montag (25.11.2013) in Brüssel einen Aktionsplan der Kommission vorgestellt, nach dem international aktive Konzerne nicht länger gesetzliche Lücken in der EU ausnutzen können sollen. So sollen zum Beispiel Mutter- und Tochtergesellschaften in verschiedenen EU-Staaten der gleichen Steuergesetzgebung unterliegen. Die EU-Staaten sollen die verschärften Regeln bis Ende 2014 umsetzen. "Der Vorschlag stellt sicher, dass die Gesetze respektiert werden", sagte EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta.

Algirdas Šemeta, EU-Kommissar (Foto: Picture Alliance / dpa)
Algirdas Šemeta: "Wir brauchen keine Schmarotzer"Bild: picture-alliance/dpa

Ein Grundsatz der neuen Vorschläge ist, dass die Staaten "künstliche Gestaltungen zur Steuervermeidung" unterlassen sollen, sprich: keine Sonderregelungen für solche Firmen zu treffen, die ansonsten mit Abwanderung drohen. Die Firmen sollten vielmehr dazu gebracht werden, ihre Steuern entsprechend "der realen wirtschaftlichen Substanz" zu zahlen. "Wir können uns keine Schmarotzer leisten, die in der EU große Gewinne machen, aber nichts in die staatlichen Kassen einzahlen", so Semeta in Brüssel.

Kein Affront gegen Unternehmen

Der Vorschlag ziele nicht auf bestimmte Firmen, versicherte Steuerkommissar Algirdas Šemeta vor der Presse in Brüssel auf die Frage, ob es vor allem um Konzerne wie Apple, Google und Amazon gehe. "Das Problem besteht nicht nur bei den großen Namen. Es gibt viele multinationale Firmen, die solche Modelle nutzen, um Steuern zu vermeiden." Der Plan der EU-Kommission solle nicht nur dem Fiskus dienen, unterstrich Šemeta. Vielmehr werde daneben auch der Wettbewerb unter den Firmen fairer, weil sie alle den Buchstaben und den Geist der Steuergesetze respektieren müssten.

Steuervermeidung – das Beispiel Starbucks

Die "aggressive Steuergestaltung" ist nicht neu. So haben sich zum Beispiel schon vor einem Jahr britische Parlamentsabgeordnete darüber aufgeregt, dass Google, Starbucks und Amazon ihre Milliardengewinne in Steuerparadiese verschoben haben. Und im Mai musste sich Apple-Chef Tim Cook vor dem Kongress in Washington für seine Steuervermeidungs-Strategie rechtfertigen.

Auch die EU-Staaten stecken in einem Dilemma: Angesichts der rekordhohen Arbeitslosenquote in der Europäischen Union wollen viele Regierungen die internationalen Konzerne nicht durch Steuererhöhungen vertreiben. Sonst drohen Verluste - nicht nur bei den Steuereinnahmen, sondern auch bei den Auslandsinvestitionen und den Arbeitsplätzen. Stattdessen setzen Länder wie Spanien, Griechenland und Ungarn auf Umsatzsteuererhöhungen, also die Mehrwertsteuer. Das aber belastet vor allem die unteren Einkommensgruppen überproportional.