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EU nimmt König Fußball ins Visier

Bernd Riegert 14. Januar 2004

Monti soll sich ab und zu auch gerne Fußballspiele angucken. Das denkt man nicht, wenn man beobachtet, wie hart der EU-Wettbewerbskommissar gegen italienische und spanische Kickerclubs vorgeht.

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Was haben die EU-Kommissare Mario Monti und Frits Bolkestein eigentlich gegen Fußball? Das fragen sich viele Fans in Europa. Seit Monaten blasen die beiden Brüssler Bürokraten zum Angriff auf die italienischen Spitzenvereine. Die mit drei Milliarden Euro verschuldeten Proficlubs sollen, so Montis Vorwurf, mit einem fragwürdigen Gesetz bis zu einer Milliarde Euro Steuern sparen, was einer verbotenen Subvention durch den italienischen Staat gleichkommt. Das rettende Gesetz für die von der Pleite bedrohten Edel-Kicker hatte der Besitzer des AC Mailand im Sommer erfunden: Silvio Berlusconi, im Nebenberuf auch noch italienischer Ministerpräsident, Medienmogul und bis vor kurzem europäischer Ratspräsident.

Berlusconi ließ sich in seiner Heimat als Retter des Fußballs feiern bis Monti - ausgerechnet ein Italiener - für das obskure Steuersparmodell die rote Karte zog. Zwischen Berlusconi und Monti kam es bei Vier-Augen-Gesprächen zu einem Austausch derber italienischer Kraftausdrücke. Dem AC-Mailand-Eigner bleibt nur noch eine Frist bis Mitte Februar 2004, um zum "Vertragsverletzungsverfahren", das die EU wegen der Buchhaltungstricks eingeleitet hat, Stellung zu nehmen, dann allerdings in seiner Funktion als Regierungschef.

Italiens Sportminister und ein enger Berater Berlusconis arbeiten fieberhaft an Kompromissvorschlägen. Falls die EU hart bleibt, könnten etliche italienische Vereine in den Konkurs schlittern. Der Trainer des FC Bologna, Carlo Mazzone, machte die Clubchefs, darunter auch Berlusconi, für die Misere verantwortlich. Sie hätten jahrelang überzogene Summen gezahlt, um sich Stars zu kaufen. Fußball sei eben nicht Monopoly, sondern es gehe um echtes Geld und echte Schulden. Die Kurse der börsennotierten Fußballvereine werden vom drohenden Damokles-Schwert der EU schwer belastet.

Nach Italien eröffnet die EU-Kommission jetzt in Spanien eine zweite Front. Monti wirft auch Real Madrid vor, illegal Staatsbeihilfen zu kassieren. In Madrid hat die Stadtverwaltung von Real angeblich ein Grundstück für 1,2 Milliarden Euro erworben. Kurz zuvor machte die Stadtverwaltung aus der Brache wertvolles Kernbauland, was den Wert enorm steigerte. Dieser Trick sei nur angewandt worden, um dem finanziell angeschlagenen Fußball-Giganten Geld in die Kassen zu spülen, moniert Wettbewerbsschiedsrichter Monti.

Vor den Brüssler Wettbewerbshütern zittern auch britische und deutsche Clubs. Bei ihnen regiert die EU in die Vergabe der lukrativen Fernsehrechte hinein. Mit der britischen Premier League einigte sich Monti erst kürzlich auf die Vergabe der milliardenschweren TV-Rechte nach einem System, das den Wettbewerbsanforderungen der Europäischen Union gerecht wird.

Wenn die EU den italienischen und spanischen Clubs die Geldhähne zudreht, wird es eng. Der ehemalige Generaldirektor der Europäischen Fußball-Union, Gerhard Aigner, spricht von einem Wettlauf mit dem Tod, den man nicht gewinnen könne, solange die Vereine 80 Prozent ihrer Haushalte für Lohnzahlungen an die Spieler verwenden. Nach Recherchen des deutschen Sportmagazins "Kicker" sind die europäischen Clubs insgesamt mit sieben Milliarden Euro verschuldet. Auf die Bundesliga entfallen 700 Millionen Euro. Auch über französischen und griechischen Vereinen kreist der Pleitegeier.

Aus der Umgebung der beiden EU-Kommissare Monti und Bolkestein heißt es, die beiden würden sich ab und an auch gerne ein gutes Fußballmatch im Fernsehen anschauen, nur sauber finanziert müsse es eben sein.