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Weckruf für den Westbalkan

15. Januar 2009

Es bleibt bei der individuellen Beitrittsperspektive für die Länder des westlichen Balkan. EU-Berichterstatter Belder startete zugleich einen Weckruf an alle Länder der Region, damit die Reformen vorankommen.

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Keine Big-Bang-Erweiterung wie 2004 für WestbalkanBild: European Communities

Der niederländische Europaabgeordnete Bastiaan Belder hat in einem Bericht an das Europa-Parlament noch einmal die Notwendigkeit eines „individuellen Heranführungsprozesses“ der Länder des westlichen Balkan bekräftigt. Eine neuerliche „Big-Bang“-Osterweiterung mit mehreren gleichzeitigen Neumitgliedern soll es nicht geben. Zu groß sind die Unterschiede zwischen den Balkanstaaten in Bezug auf Wirtschaftswachstum, Verwaltungsreform und Korruptionsbekämpfung.

Weckruf an alle Staaten

Einzelne Staaten, die mit Reformen in Verzug sind, wollte der Berichterstatter nicht an den Pranger stellen. Fragen von Abgeordneten nach den säumigen Ländern beantwortete er mit einem holländischen Sprichwort: „Mein Weckruf ist eigentlich an alle Staaten gerichtet. Es gibt noch viel zu tun. Dazu sagt man in Holland: ‚Wem der Schuh passt, der zieht ihn sich an‛. Konkret habe ich natürlich mehrere Fälle untersucht, aber ich habe eigentlich in allgemeinen Begriffen geschrieben und gesprochen.“

Großer Handlungsbedarf

Bastiaan Belder sitzt im Europaparlament für eine kleine, protestantische Partei aus den Niederlanden. Er erhielt breite politische Unterstützung im Parlament für seine Empfehlung, bei jedem EU-Kandidaten müsse ganz genau geprüft werden, ob alle Beitrittskriterien auch wirklich erfüllt sind. Er sagte, für einige Länder sei insbesondere die reibungslose Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) eine zentrale Herausforderung für die Politik. In allen Ländern sieht Belder insbesondere in der Wirtschafts- und Wettbewerbspolitik großen Handlungsbedarf. Belder warnte vor Monopolbildungen. Besonders untersucht habe er die Situation für Serbien: „Dort gibt es ein Unternehmen, die Delta Holding, die mehrere Branchen beherrscht, besonders im Lebensmittelbereich. Ich finde es doch bemerkenswert, dass die Preise für Lebensmittel so hoch sind. Das ist eigentlich ein Monopol“, so Belder.

Potentiale im Tourismus

Großes Potential sieht Belder im Tourismus, vor allem für die Küstenstaaten der Region: „Kroatien, Montenegro, aber auch Albanien – sie haben wirklich große touristische Möglichkeiten für die Einwohner der westeuropäischen EU-Mitgliedstaaten. Und das habe ich auch persönlich gespürt. Jugoslawien im Allgemeinen war früher ein sehr geliebtes Urlaubsland in Holland.“

Beitrittsperspektive bleibt

Vor fünf Jahren hatte der Europäische Rat im griechischen Thessaloniki die europäische Perspektive aller Länder des westlichen Balkan bekräftigt. Heute ist die EU eher beitrittsmüde und wird zudem von einer globalen Finanzkrise geplagt. Selbst Vorzeigekandidaten wie Kroatien sind im Beitrittsprozess ins Stocken geraten. Von einer Beitrittsperspektive will Belder nicht abrücken: „Wir sollten uns hüten vor einer erneuten Destabilisierung des westlichen Balkan. Das kann einfach passieren. Ich bin in den letzten Monaten des vorigen Jahres durch Serbien und auch nach Kosovo gereist. Dort spürt man, dass die Lage ziemlich labil ist.“

Jannis Papadimitriou