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EU plant Sanktionen gegen Gaddafi

25. Februar 2011

In großer Eile beraten die demokratischen Staaten dieser Welt über Wege, die Gewalt in Libyen zu stoppen. Die EU verständigte sich auf Sanktionen gegen Machthaber Gaddafi. Der lässt weiter auf Demonstranten schießen.

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Gaddafi auf dem Grünen Platz in Tripolis (Foto: Libya State/dapd)
Gaddafi zeigte sich erneut öffentlichBild: Libya State/AP/dapd

Die internationale Staatengemeinschaft bereitet Strafmaßnahmen gegen Libyen vor. Die EU verständigte sich auf ein Paket von Sanktionen gegen das Regime von Diktator Muammar al-Gaddafi. Dazu gehören Einreise- und Kontensperrungen sowie ein Exportverbot für Waffen und andere Güter, die zur Unterdrückung von Demonstranten eingesetzt werden könnten. Das verlautete am Freitag (25.02.2011) übereinstimmend aus Brüsseler EU-Kreisen und dem Auswärtigen Amt in Berlin. Die politische Weichenstellung sei erfolgt, der formale Beschluss soll Anfang nächster Woche gefasst werden, teilten EU-Diplomaten mit. Sanktionen müssten grundsätzlich von allen 27 EU-Mitgliedsstaaten einstimmig beschlossen werden.

Außenminister Westerwelle (Foto: dpa)
Außenminister Westerwelle kündigte Gegenmaßnahmen anBild: picture-alliance/dpa

Westerwelle: Zeit zum Handeln

Mit dem Schritt reagiert die EU auf die brutale Gewalt, mit der das libysche Regime gegen Demonstranten vorgeht. Das Einreiseverbot in EU-Länder soll für Machthaber al-Gaddafi und seine Familie gelten. Ihre Konten im europäischen Ausland sollen eingefroren werden. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton nannte keine konkreten Termine für die Verhängung der Sanktionen; dies müsse mit der UN und den USA abgestimmt werden. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte in Berlin: "Die Zeit der Appelle ist vorbei, jetzt wird gehandelt."

Die Europäische Union hatte lange um eine gemeinsame Linie gerungen. Deutschland und Frankreich hatten sich nach den Gewaltexzessen in Libyen massiv für Maßnahmen gegen das dortige Regime eingesetzt. Doch insbesondere Italien hatte sich zunächst gesträubt, weil es einen Massenansturm von Flüchtlingen fürchtet und von Energie-Lieferungen aus seiner ehemaligen Kolonie abhängig ist.

Flüchtlinge in Libyen (Foto: DW)
Die EU stellt drei Millionen Euro Soforthilfe für Flüchtlinge aus Libyen bereitBild: DW

Soforthilfe für libysche Flüchtlinge

Die EU stellt zudem für Flüchtlinge aus Libyen und den Nachbarstaaten drei Millionen Euro Soforthilfe bereit. Das Geld solle für humanitäre Zwecke eingesetzt werden, teilte die EU-Kommission in Brüssel mit. Die Gemeinschaft werde medizinische Geräte, Zelte und Matratzen liefern. Profitieren sollten davon die Menschen, die vor der Gewalt in Libyen auf der Flucht seien. Sobald sich die Sicherheitslage in Libyen verbessere, werde Europa auch dort helfen.

Gaddafi ruft zum Kampf auf

Gleichzeitig trag Gaddafi erneut öffentlich auf. "Wir können jeden Angriff abwehren und das Volk bewaffnen, wenn nötig", sagte er bei einem vom Fernsehen übertragenen Auftritt auf dem Grünen Platz in Tripolis. Dort hatten sich bislang die Regimegegner versammelt. "Wir werden jeden ausländischen Versuch erfolgreich bekämpfen, so wie wir ihnen schon früher Niederlagen beigebracht haben." Die Waffenlager im Land würden "geöffnet, um das ganze Land zu bewaffnen". Zudem versicherte der seit mehr als 40 Jahren herrschende Machthaber, das Volk "liebt Gaddafi". Er sprach vor Tausenden Anhängern, die libysche Fahnen und Bilder des Staatschefs schwenkten.

Menschenrechtsrat empfiehlt Suspendierung Libyens

Der UN-Menschenrechtsrat empfahl am Freitag einstimmig, Libyen aus dem Gremium zu suspendieren und eine Untersuchung der Gewalt gegen Demonstranten anzuordnen. Über die Suspendierung Libyens entscheidet die UN-Vollversammlung, benötigt wird dafür eine Zweidrittelmehrheit.

UN-Menschenrechtsrat (Foto: UN/dpd)
Schweigeminute im UN-MenschenrechtsratBild: UN/Jean-Marc Ferre/AP/dapd

Zuvor hatte sich in der Dringlichkeitssitzung des Rates die gesamte libysche UN-Vertretung von Gaddafi losgesagt. Der zweite Sekretär der libyschen Vertretung, Adel Schaltut, bat zunächst um eine Gedenkminute "zu Ehren dieser Revolution". "Die jungen Leute in meinem Land heute, 100 Jahre nach der italienischen faschistischen Invasion, schreiben heute mit ihrem Blut ein neues Kapitel in der Geschichte des Kampfs und des Widerstands", sagte Schaltut. "Wir in der libyschen Mission haben uns kategorisch dazu entschlossen, als Repräsentanten des libyschen Volkes und seines freien Willens zu dienen. Wir vertreten nur das libysche Volk."

Paris und London legen UN-Resolutionsentwurf vor

Der UN-Sicherheitsrat wollte noch am Freitag in New York zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Deutschland wollte sich auch dort dafür einsetzen, Sanktionen zügig durchzubringen. Frankreich und Großbritannien wollten laut der französischen Außenministerin, Michèle Alliot-Marie, eine Resolution in den UN-Sicherheitsrat einbringen, die ein Waffenembargo gegen Libyen sowie die Anrufung des Internationalen Strafgerichtshofs wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorsieht.

Über die Anzahl der Todesopfer der Unruhen in Libyen gibt es widersprüchliche Angaben. Der libysche Vize-Botschafter bei den Vereinten Nationen, Ibrahim Dabbaschi, sprach von tausenden Toten bei den Protesten in seinem Land. Er sagte in New York, die Zahl der während der Proteste gegen getöteten Menschen gehe in die Tausende und nicht in die Hunderte. Bislang gingen Menschenrechtsorganisationen von mehreren hundert Toten aus – so sprach Human Rights Watch von dreihundert Toten.

Autorin: Naima El Moussaoui (dpa, afp, dapd)

Redaktion: Martin Schrader