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EU-Resolution zu Homophobie verärgert Konservative

Mathis Winkler31. Januar 2006

Während Kirchenvertreter und Konservative die Resolution des EU-Parlaments gegen Homophobie ablehnen, sehen andere darin ein wichtiges Signal für EU-Länder, in denen Schwule und Lesben immer noch diskriminiert werden.

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Immer noch nicht in ganz Europa akzeptiertBild: PA/dpa/DW
Katholische Kirche Symbolbild Kreuz
Gewalt gegen Homosexuelle wird auch von der Kirche verurteiltBild: dpa - Bildarchiv

"Die Erklärung ist eine Missbilligung unserer religiösen Werte", sagte Aldo Giordano, Generalsekretär der europäischen Bischofskonferenz unlängst in einem Interview mit Radio Vatikan. Ihn ärgert die Resolution gegen Homophobie, die von einer überwältigenden Mehrheit der EU-Parlamentarier verabschiedet worden war. Mit Hilfe des Beschlusses soll Homosexuellen der gleiche Respekt und Schutz wie der restlichen Gesellschaft garantiert werden.

Das Dokument wurde verabschiedet, nachdem sich in den vergangenen Monaten in einer Reihe von EU-Mitgliedstaaten "besorgniserregende Vorfälle" ereigneten. Gemeint sind Verbote von öffentlichen Schwulenveranstaltungen, politische Hassreden konservativer und religiöser Führer, Polizeiübergriffe auf Schwulenparaden, homophobe Gewalt und die rechtliche Unterbindung gleichgeschlechtlicher Ehen.

Kritik katholischer Führer

Altstadt von Riga Lettland
In Lettland werden Schwule und Lesben noch immer diskriminiertBild: transit-Archiv

Nach Auffassung des Katholiken Giordano droht die Resolution das Europäische Parlament zu delegitimieren. "Es sollte klar sein, dass bestimmte Angelegenheiten, vor allem solche, die die Familie betreffen nicht der Kompetenz der EU, sondern der Nationalstaaten unterliegen", so Giordano.

Das Argument wurde von den Resolutions-Gegnern im EU-Parlament aufgegriffen. "Ich finde, da mischt sich Europa ein in Sachen, die Europa gar nichts angehen", sagt Angelika Niebler, eines der 27 deutschen Mitglieder der konservativen Fraktion im EU-Parlament. Die CSU-Abgeordnete stimmte gegen die Resolution.

Missstände in neuen EU-Staaten

Obwohl eine EU-Richtlinie die Nationalstaaten bereits dazu verpflichtet, Homosexuelle gegen Diskriminierung in der Arbeitswelt zu schützen, fällt die Umsetzung in nationales Recht in anderen Bereichen sehr unterschiedlich aus. Während Länder wie Belgien, Großbritannien, Dänemark, Frankreich, Deutschland und Spanien Vereinigungen homosexueller Menschen aus rechtlicher Sicht ermöglichen, sind andere EU-Mitglieder weit davon entfernt.

Lech Kaczynski beim Papst
Der polnische Präsident Lech Kaczyinski bei Papst Benedikt XVIBild: AP

In Lettland beispielsweise wurde die Antidiskrimierungs-Richtlinie nicht in nationales Recht umgesetzt. Eine Passage der lettischen Verfassung definiert die Ehe als eine Union von Mann und Frau.

"Eine düstere Situation," sagt Ilze Brands Kehris, Direktorin des lettischen Zentrums für Menschenrechte. "Es ist absolut notwendig, dass wir diese internationalen Bemühungen haben." Die Lettin ergänzt, dass die noch junge Demokratie ihres Landes noch eine Menge zu lernen hätte. "In der sowjetischen Besatzungszeit wurden alle Ansätze zu mehr Toleranz unterbunden," sagt Brands Kehris. Die nachhaltige Entwicklung der Zivilgesellschaft in Lettland müsse mit internationalen Signalen einhergehen.

Werden Taten folgen?

Denkmalsentwurf für homosexuelle Opfer des Nationalsozialismus
Entwurf eines Mahnmahls für homosexuelle Nazi-OpferBild: Senatsverwaltung Berlin

In Polen rief Präsident Lech Kaczynski während seiner Amtszeit als Bürgermeister von Warschau dazu auf, Schwulenparaden zu verbieten. Der amtierende Premierminister Kazimierz Marcinkiewicz erklärte, dass die polnische Gesellschaft vor homosexueller Verunreinigung geschützt werden müsse. Vor diesem Hintergrund setzen Schwulen- und Lesbenaktivisten ihre Hoffnung auf die neue EU-Resolution.

"Wenn Du den Premierminister sagen hörst, dass Homosexualität abnormal ist und wir notfalls gezwungen werden müssen, geheilt zu werden, ist das sehr erschreckend", sagt Robert Biedron, Vorsitzender der Warschauer Kampagne gegen Homophobie. Biedron glaubt, dass die Resolution für die weitere Entwicklung der jungen Demokratien in den neuen EU-Mitgliedstaaten sehr wichtig ist.

Der deutsche Schwulen-Aktivist Jörg Litwinschuh begrüßt die neue Resolution, glaubt aber, dass sich ihre Relevanz erst an der Umsetzung bemessen läßt. "Wenn sich nichts verändert, dann muss es zu Sanktionen kommen", sagt Litwinschuh und ergänzt, dass seine Initiative Queer Nations, Bundeskanzlerin Merkel aufgerufen hat, sich in Treffen mit ausländischen Staatsoberhäuptern für ein Diskriminierungsverbot von Homosexuellen einzusetzen.

Erinnerung an die homosexuellen Opfer der Nazis

Litwinschuh ist leitender Direktor einer Gruppe deutscher Wissenschaftler und öffentlich bekannter Personen, die das 1933 von den Nazis zerstörte Magnus Hirschfeld Institut für Homosexualitätsstudien wiedereröffnen will. Litwinschuh ist vor allem erfreut, dass die neue EU-Resolution die Mitgliedstaaten dazu anhält, Homosexuelle Opfer des Nazi-Regimes anzuerkennen.

Ein wichtiger Schritt in diese Richtung wurde bereits unternommen, als in der vergangenen Woche in Berlin die Errichtung eines Denkmals zur Erinnerung an die Verfolgung Homosexueller durch die Nationalsozialisten angekündigt wurde.