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EU-Russland-Gipfel

17. Mai 2007

Eigentlich sollte der EU-Russland-Gipfel am Freitag eine vertrauensbildende Maßnahme werden. Doch die Startbedingungen sind nicht gut. Zu viele Konflikte belasten das Treffen.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel und der russische Präsident geben sich die Hand, Quelle: AP
Der Gipfel findet 900 Kilometer von Moskau entfernt statt, in einem Sanatorium an der WolgaBild: AP

Unter ungünstigen Voraussetzungen hat am Donnerstagabend (17.5.07) der EU-Russland-Gipfel in Samara begonnen. Bereits vor Beginn des Treffens von Präsident Wladimir Putin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso im südrussischen Samara scheiterte das zentrale Vorhaben: Der Startschuss für die Verhandlungen über ein neues Partnerschaftsabkommen wurde ein weiteres Mal verschoben. EU-Ratspräsidentin Merkel wies trotzdem alle Zweifel an der Notwendigkeit des Gipfels zurück. Regelmäßige Kontakte zwischen der EU und Russland seien ein "Wert an sich", ließ sie vor ihrer Abreise erklären.

Fleischfabrik in Polen, Foto: Jaakko Avikainen
Streitpunkt: polnische FleischlieferungenBild: picture-alliance/dpa

Zu Beginn des Gipfels in einem Sanatorium in der Nähe der Millionenstadt Samara kamen Putin, Merkel und Barroso zu einem Abendessen in kleinem Kreis zusammen. Danach lud Putin seine Gäste spontan zu einer Schifffahrt auf der Wolga ein. Die eigentliche Arbeitssitzung, an der auch zahlreiche Minister teilnehmen, steht am Freitag auf dem Programm. Zentrale Themen werden dabei die Einrichtung eines Frühwarnsystems für Probleme bei Energie-Lieferungen aus Russland, Investitionen und der Klimaschutz sein. Weitreichende Beschlüsse seien allerdings nicht zu erwarten, hieß es aus deutschen Regierungskreisen. Ausgeklammert wird der Streit über das in Osteuropa geplante US-Raketenabwehrsystem.

Polen bleibt stur

Die Verhandlungen über die Erneuerung des zehn Jahre alten Partnerschaftsabkommens mit Russland sollten bereits beim letzten EU-Russland-Gipfel im vergangenen Herbst aufgenommen werden. Schon damals scheiterte das Vorhaben am Veto Polens, das seit über einem Jahr kein Fleisch nach Russland exportieren darf. Moskau begründet das Embargo mit gesundheitlichen Bedenken.

Ein erneuter Schlagabtausch zwischen Moskau und Warschau bekräftigte zu Beginn des Gipfels den Konflikt. Polens Außenministerin Anna Fotyga bezeichnete das russische Embargo als "Kriegserklärung", während der außenpolitische Sprecher des russischen Föderationsrates, Michail Margelow, konterte, das polnische Veto gegen ein neues EU-Rahmenabkommen mit Russland sei "ein sinnloser Aufstand gegen den Lauf der Geschichte". Sein Land werde auch weiter die Grenzen für "gammeliges Fleisch" aus Polen geschlossen halten.

Menschenrechtler protestieren

Demonstration in Moskau gegen Tschetschenien Krieg im Februar 2002 (Archiv)
Opposition ist unerwünschtBild: www.radicalparty.org

Der Gipfel wird von weiteren Streitpunkten überschattet: Der Denkmal-Streit zwischen Russland und Estland, Differenzen in der Kosovo-Frage, der Rüstungsstreit zwischen Russland und den USA und das Vorgehen der russischen Polizei gegen Demonstranten haben zu einer erheblichen Belastung der Beziehungen Russlands zum Westen geführt.

Bereits im Vorfeld des EU-Russland-Gipfel hatte die russische Polizei zahlreiche Menschenrechtler und Gegner von Präsident Wladimir Putin vorübergehend festgenommen oder bei der Anreise behindert. Die Opposition wertete die Festnahmen als Versuch der Einschüchterung. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch wollte bei einem für Freitag geplanten "Marsch der Dissidenten" in Samara die Einhaltung der Menschenrechte überwachen. Zu der Kundgebung gegen die Politik von Präsident Putin hatte das Oppositionsbündnis "Das andere Russland" um Oppositionsführer und Ex-Schachweltmeister Garri Kasparow aufgerufen.

Wahlen werfen ihre Schatten voraus

Um die Wogen zu glätten, hatte Merkel bereits am vergangenen Wochenende mit Putin telefoniert. Anschließend reiste Außenminister Frank-Walter Steinmeier nach Moskau und traf den russischen Präsidenten. Zu den Ergebnissen hielt er sich anschließend bedeckt. "Ich denke, dass wir einen guten Gipfel haben werden", sagte er lediglich.

Die Spannungen im Verhältnis zwischen der EU und Russland wurden in den Regierungskreisen auch auf den beginnenden Wahlkampf in Russland zurückgeführt. Im Dezember wird das russische Parlament Duma neu gewählt und im März 2008 der Präsident. "Auch das hat Einfluss auf die allgemeine Atmosphäre", hieß es. Vom Gipfel verspricht sich Bundeskanzlerin Merkel die Stärkung einer "strategischen Partnerschaft" zwischen der EU und Russland. Auch Putin zeigte sich zuletzt versöhnlich. Er lobte die Bereitschaft beider Seiten, die bestehenden Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

Kritik an der europäischen Russland-Politik

Regierungsnahe Kreise in Moskau forderten Putin auf, bei den Verhandlungen mit der EU eine kompromisslose Haltung zu beziehen. Und auch aus der EU kam Kritik: Der ranghöchste Außenpolitiker im Europaparlament, der Pole Jacek Saryusz-Wolski, sagt in der "Financial Times Deutschland": "Deutschland ist die Geisel seines Ehrgeizes, mit Russland eine privilegiertere Partnerschaft haben zu wollen als andere EU-Staaten", dadurch sei die Freiheit der Bundesregierung eingeschränkt, "als Ratspräsidentschaft klare Worte an Russland in Sachen Demokratie, Menschenrechte und guter Regierungsführung zu richten. Das kostet Deutschland Glaubwürdigkeit in Mittel- und Osteuropa", kündigte der Politiker an. (ina)