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EU setzt Deutschland bei Datenspeicherung unter Druck

22. März 2012

Telefonverbindungen und Internetdaten sollen gespeichert und bei der Terrorbekämpfung genutzt werden können. Der Streit um ein entsprechendes Gesetz währt seit Jahren. Jetzt will Brüssel, dass damit Schluss ist.

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Deutschlands Supercomputer JUROPA (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die EU-Kommission lässt ihre Muskeln spielen: Die Bundesregierung habe eine letzte Frist von einem Monat, die bereits 2006 beschlossene Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung auf den Weg zu bringen, heißt es in einem Mahnschreiben. Kommt Deutschland der Forderung nicht nach, droht eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof und letzten Endes eine Geldstrafe.

Hindernis für den Binnenmarkt

Die Richtlinie verpflichtet die EU-Länder, dafür zu sorgen, dass Telefon- und Internetanbieter Verbindungs- und Standortdaten für die Strafverfolgung speichern. Eine weitere Verzögerung in der Umsetzung behindere den europäischen Binnenmarkt in der Telekombranche und die Möglichkeiten von Polizei und Justiz, kritisiert die Kommission.

Neuer Koalitionsstreit um Vorratsdaten

Eine Antwort Deutschlands vom Dezember auf eine vorherige Mahnung sei "nicht zufriedenstellend" gewesen. Darin sei nicht deutlich geworden, wie und wann ein Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht verabschiedet werden solle.

Die Kommission habe ihr Schreiben vom Oktober daher ergänzt. So werde ausdrücklich auf die Möglichkeit von Strafzahlungen hingewiesen, erläuterte ein Kommissionssprecher. Eine Umsetzung in deutsches Recht war 2010 vom Bundesverfassungsgericht gekippt worden. Seitdem konnten sich Union und FDP nicht auf ein neues Gesetz einigen.

Klagedrohung ruft Kanzlerin auf den Plan

Mit Blick auf die drohende Klage schaltete sich Kanzlerin Angela Merkel ein und forderte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) auf, rasch eine Lösung zu finden.

Die Justizministerin will nun ihren Entwurf im Kabinett einbringen. Danach sollen Kommunikationsdaten erst dann gespeichert werden, wenn ein konkreter Verdacht vorliegt. Auf der Grundlage dieses so genannten "Quick-Freeze"-Verfahrens soll ein konsensfähiger Gesetzentwurf ausgehandelt werden.

Allerdings reicht das der Kommission nicht: "Lasst uns in diesem Punkt klar sein: Das Quick-Freeze-Verfahren kann nicht als eine Umsetzung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung angesehen werden", sagte der Sprecher.

EU-Kommission pocht auf geltendes Recht

Pikant ist zudem: Brüssel will die Richtlinie schon seit langem überarbeiten. Denn die unter dem Eindruck der Terroranschläge in Madrid und London in den Jahren 2004 und 2005 erarbeiten Vorgaben garantieren nicht, dass die Daten in vollem Einklang mit dem Recht auf Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten gespeichert, abgefragt und verwendet werden.

Leutheusser-Schnarrenberger monierte deshalb: "Es ist nicht nachvollziehbar, dass die EU-Kommission die lange überfällige Überarbeitung immer wieder aufschiebt und gleichzeitig auf die Umsetzung eines Auslaufmodells pocht."

Ihr Ministerium verwies zudem darauf, dass auch vier andere Länder die Richtlinie nicht umgesetzt haben. Brüssel dagegen ist der Meinung, es handele sich bei der Richtlinie um geltendes Recht, das befolgt werden müsse.

uh/rb (afp,dpa,rtr)