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EU setzt Sanktionen gegen Belarus weiter aus

19. November 2009

Für viele kommt der Beschluss der EU nicht überraschend. Fragt sich, ob Minsk mit der angekündigten Liberalisierung ernst macht. Wahrscheinlich nur in homöopathischen Dosen, meinen die meisten Beobachter.

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Auch Belarus ist Teil der EU-Initiative Ost-Partnerschaft

Aus Sicht der EU sei das die optimale Lösung. Das meint der belarussische Politologe Aleksandr Klaskowskij. Er sagt, der Beschluss der EU, die Visa-Beschränkungen gegen belarussische Staatsvertreter bis zum Oktober 2010 weiter ausgesetzt zu halten, sei abzusehen gewesen. Die Aufhebung der Sanktionen hätte für die EU einen Gesichtsverlust bedeutet, denn die bisherigen Fortschritte in den Beziehungen zwischen Minsk und Brüssel würden sehr klein ausfallen. Gleichzeitig hätte eine Wiederauflage der Sanktionen eine Konfrontation bedeutet.

Klaskowskij zufolge ist die Führung in Minsk ebenfalls nicht überrascht. Einen Tag vor der Verkündung der EU-Entscheidung hatten Präsident Lukaschenko und der Leiter seiner Präsidialadministration, Makej, zwar verkündet, dass nur eine vollständige Aufhebung aller Sanktionen eine wohlwollende Geste seitens der EU darstellen würde. Aber, so der Politikwissenschaftler, die belarussische Führung wisse genau, dass sie dafür ihre Hausaufgaben nicht gut genug gemacht habe.

Was die künftigen Beziehungen zwischen Belarus und der EU betrifft, so rechnet Klaskowskij mit keinen wesentlichen Veränderungen. Beide Seiten würden weiterhin Interesse an der Fortsetzung eines Dialogs bekunden. "Brüssel möchte Belarus langsam in seinen Einflussbereich integrieren. Die belarussische Führung, um es mal deutlich zu sagen, braucht Geld", so der Politologe.

"Kompromiss zwischen Werten und Interessen"

Der Vorsitzende der Vereinigten Bürgerpartei, Anatolij Lebedko, bezeichnet den EU-Beschluss als "Kompromiss zwischen Werten und Interessen". Brüssel mache damit deutlich, dass zu wenige Fortschritte erzielt worden seien. Zugleich beabsichtige Brüssel aber nicht, Türen zu verschließen. Die wichtigste Frage sei jetzt, so Lebedko, ob der Beschluss der EU an Hausaufgaben gebunden sei. "Ohne Hausaufgaben sehe ich keine Motivation dafür, dass die Staatsmacht an ihren Fehlern arbeiten wird", unterstrich der Führer der Vereinigten Bürgerpartei. Die Durchführung freier Lokal- und Präsidentschaftswahlen sei der direkte Weg zur Aufhebung aller Sanktionen, so Lebedko.

Garri Pogonjajlo vom Belarussischen Helsinki-Komitee meint, die Staatsmacht werde auch weiterhin gezwungen sein, Schritte in Richtung Liberalisierung und Zusammenarbeit mit den europäischen Strukturen zu unternehmen. Aber, so der Menschenrechtler, diese würden klein und nicht grundlegend sein. "Sie werden nicht den Charakter der Staatsmacht in Belarus verändern, sondern nur ein wenig ihr Gesicht verschönern", vermutet der Jurist. Pogonjajlo zufolge wird die EU in jedem Fall bemüht sein, eine Zusammenarbeit mit der belarussischen Führung aufzubauen. Minsk werde wiederum lavieren und irgendwelche Zugeständnisse machen, um dem Westen ein wenig zu gefallen. "Aber prinzipielle Änderungen seien nicht zu erwarten", glaubt der Vertreter des Helsinki-Komitees.

Erstmals wurden im Jahr 2004 Visa-Beschränkungen gegen vier belarussische Staatsvertreter eingeführt. Nach den Präsidentschaftswahlen 2006 wurde die Liste auf 41 Personen erweitert. Die Beschränkungen gegen 36 Amtsvertreter wurden im Oktober 2008 ausgesetzt.

Autor: Gennadij Konstantinow / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Birgit Görtz