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EU sucht Antwort auf Krise im Mittelmeerraum

24. Juli 2006

Mit einem dramatischen Appell haben die südlichen EU-Staaten wirksame Hilfe wegen des wachsenden Flüchtlingsstromes auf dem Mittelmeer und vor den Kanaren gefordert. Die Lage vor Ort verschlimmert sich von Tag zu Tag.

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Eine Immigrantin wird vom spanischen Roten Kreuz versorgtBild: AP

Bei einem Treffen der europäischen Innenminister sagte der maltesische Ressortchef Tonio Borg am Montag (24.7.) in Brüssel: "Hunderte ertrinken praktisch vor unserer Haustür." Ständig würden Leichen eingesammelt. Doch das Problem sei größer "als würden da ein paar tote Fische angeschwemmt", fügte Borg hinzu. "Das ist zu einer echten Krise geworden im Mittelmeerraum".Die öffentliche Meinung reagiere mit Entsetzen, betonte der spanische Staatssekretär Antonio Camacho Vizcaino: "Unsere Bürger können nicht akzeptieren, dass sich unsere Meere zu Massengräbern entwickeln."

Giuliano Amato
Italiens Premierminister Giuliano AmatoBild: AP

Der italienische Innenminister Giuliano Amato sieht dabei auch die nördlichen EU-Staaten in der Pflicht: "Das Problem ist ein Problem der Europäischen Union insgesamt." Mehrere Staaten, darunter Deutschland, versprachen europäische Solidarität. Die EU will mit Seepatrouillen vor den Kanarischen Inseln den Ansturm afrikanischer Flüchtlinge eindämmen. Die ersten Überwachungsboote sollten voraussichtlich im August starten, kündigte der Direktor der europäischen Grenzschutzagentur Frontex, Ikka Laitinen, an. Die Aktion sei zunächst auf sieben Wochen angelegt und in ähnlicher Form auch für Malta geplant.

Umfassender Plan zur Einwanderungspolitik

Der Innenminister Maltas sprach von 1200 Ankömmlingen auf der Insel in den ersten sechs Monaten 2006. "Wenn Sie das auf die Bevölkerung umrechnen, dann ist das, als ob mehr als 100.000 nach Deutschland gelangen", sagte Borg. Deutschland spüre das Problem, versicherte Staatssekretär Peter Altmaier: "Wenn die Zahlen der Flüchtlinge in Spanien, in Italien steigen, dann haben wir auch höhere Zahlen von Flüchtlingen aus Afrika, die in Deutschland aufgegriffen werden."

Peter Altmaier
Staatssekretär Peter AltmaierBild: picture-alliance/ dpa

Die Bundesregierung strebe einen umfassenden Plan der 25 EU-Staaten zur Einwanderungspolitik an, sagte Altmaier. "Wir sind der Auffassung, dass wir ein Gesamtkonzept zur illegalen Migration brauchen." Der französische Minister Christian Estrosi meinte wie der Italiener Amato, auch die legale Einwanderung müsse dazu gehören. Altmaier ist nicht dagegen, will den Umfang der Zuwanderung auf den Arbeitsmarkt allerdings wie gehabt national festlegen.

Ausbeutung ohne jeden sozialen Schutz

Positiv reagierte Staatssekretär Altmaier im Ministerrat auf einen Vorschlag von EU-Justizkommissar Franco Frattini, der Unternehmer in Fällen von Schwarzarbeit schärfer bestraft sehen möchte. Deutschland wolle dies "sehr konstruktiv diskutieren." Es widerspreche europäischen Grundwerten, wenn ausländische Arbeitskräfte ohne jeden sozialen Schutz ausgebeutet würden, betonte Altmaier.

Immigranten von spanischer Küstenwacht aufgebracht
Immigranten werden von der spanischen Küstenwacht abgefangenBild: AP

Sehr deutlich äußerte sich auch der bayerische Innenminister Günther Beckstein als Vertreter der Bundesländer zur Bestrafung der Arbeitgeber bei illegaler Beschäftigung: "Das ist aus unserer Sicht dringend notwendig." Es sei "sinnvoll, hier zu zusätzlichen Sanktionen zu kommen", weil sonst ein weiterer Sog bei der Einwanderung entstehe, sagte Beckstein in Brüssel. Am Montag wurden zwei illegale Einwanderer im Hafen Arguineguin (Gran Canaria) tot aus einem Flüchtlingsboot geborgen. Auf See vor der südostspanischen Küstenstadt Almeria rettete die Küstenwache 32 Zuwanderer, deren Boot gesunken war. (fb)