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EU-Verfassungsgipfel gescheitert

Bernd Riegert, Brüssel13. Dezember 2003

Die Verhandlungen der EU-Staats- und Regierungschefs über eine europäische Verfassung sind gescheitert. Knackpunkt war die künftige Stimmengewichtung der Mitgliedstaaten bei Mehrheitsentscheidungen.

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Hilflose Europäer in BrüsselBild: AP


Der italienische Ratsvorsitzende Silvio Berlusconi hat aufgegeben. Es gelang ihm nicht eine Kompromissformel zu finden, um die unterschiedlichen Positionen beim künftigen Abstimmungsverfahren der Europäischen Union unter einen Hut zu bringen. Wahrscheinlich werden die Verhandlungen zur europäischen Verfassung im nächsten Jahr fortgesetzt.

Gescheitert sind die Verhandlungen in Brüssel offenbar, weil der polnische Ministerpräsident Leszek Miller auf dem Vertrag von Nizza bestanden hat, der Polen ein günstiges Stimmengewicht einräumt. Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte dagegen auf dem Konventsentwurf beharrt, der die Einführung einer doppelten Mehrheit aus 50 Prozent der Staaten und 60 Prozent der Bevölkerung vorsieht.

Beichtstuhlverfahren ohne Ergebnis

Die Bundesregierung wollte auch nicht die übrigen Teile der Verfassung verabschieden und nur die Frage der Stimmengewichtung vertragen. Dieses Ausklammern hatte Silvio Berlusconi als Kompromiss vorgeschlagen. Die Nacht über und am Morgen hatte der italienische Ministerpräsident in Einzelgesprächen mit seinen Kollegen versucht, die Schmerzgrenzen für Kompromisse auszuloten. Dieses Beichtstuhlverfahren brachte offenbar keinen Durchbruch.

Am Morgen (13.12.) hatten sich Bundeskanzler Schröder und der polnische Ministerpräsident Miller zu einem Vier-Augen-Gespräch getroffen. Miller hatte zuvor erklärt, er könne hinter die Stimmengewichtung von Nizza nicht zurück. Bundesaußenminister Fischer hatte gesagt, man könne Europa nicht auf Blockade-Minderheiten aufbauen. Der luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker zeigte sich bereits am Freitagabend (12.12.) tief enttäuscht und beklagte das kurzsichtige Taktieren seiner Kollegen. Man müsse Europa für die künftigen Generationen gestalten.

Auf die Aufnahme der zehn neuen Mitgliedsstaaten hat das Scheitern des Gipfels keine unmittelbare Auswirkung. Die Beitrittsverträge mit Polen und neun weiteren ost- und südosteuropäischen Staaten werden wie geplant am 1. Mai 2004 vollzogen.