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EU verschärft Israel-Politik

Klaus Jansen18. Juli 2013

Neue Fördergelder der EU an Israel sind bald daran geknüpft, dass sie keine Projekte in besetzten Gebieten wie dem Westjordanland mehr finanzieren. Weitere Restriktionen sind angedacht. Ein europäischer Richtungswechsel?

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Ein Mitarbeiter des Bundeskanzleramtes ordnet in Berlin vor dem Besuch des israelischen Ministerpräsidenten die Fahnen. - Foto: Klaus-Dietmar Gabbert dpa/lbn
Symbolbild Flagge EU IsraelBild: picture-alliance/dpa

In Israel ist die Aufregung groß: Tageszeitungen schreiben, die EU boykottiere ihr Land. Parlamentspolitiker sagen, die Europäer packten nach dem Zuckerbrot jetzt die Peitsche aus. Regierungschef Benjamin Netanjahu wird mit den Worten zitiert, es werde versucht, Israels Grenzen durch wirtschaftlichen Druck zu erzwingen, und nicht durch Verhandlungen.

Was genau hat die EU-Kommission da beschlossen? Für jedes neue israelische Förderprojekt, das die EU finanziert, soll ab Anfang 2014 eine Art Unterlassungserklärung unterschrieben werden: Wer das Fördergeld der EU haben will verspricht, diese Steuergelder nicht im Westjordanland, Ost-Jerusalem oder den Golanhöhen einzusetzen. Die israelischen Einrichtungen sollen keine Niederlassung in den umstrittenen Gebieten haben.

Die EU macht damit klar, dass Israel für sie rechtlich nur das Gebiet umfasst, das vor dem Sechs-Tage-Krieg 1967 Teil Israels war. Die israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten sind demnach völkerrechtswidrig. Diese Erklärung sollte jetzt Freitag (19.07.2013) im entsprechenden Fachblatt veröffentlicht und damit offiziell werden.

Alexandra Thein, FDP (Foto: Wiktor Dabkowski)
EU-Parlamentarierin Thein: "Kein Bruch oder Streit"Bild: picture alliance/Wiktor Dabkowski

Neue Regeln für neue Verträge

Die neue Regelung gilt aber nur für Verträge, die neu abgeschlossen werden, schon bestehende Verträge werden davon nicht berührt. Die liberale deutsche EU-Politikerin Alexandra Thein bedauert das. "Ich persönlich fände es schön, wenn man das rückwirkend hinbekommen hätte, aber das ist juristisch kaum möglich", sagt die Nahost-Expertin im DW-Gespräch. Das heißt, dass trotz der neuen Regelung weiterhin Geld der Europäischen Union an israelische Niederlassungen in den Palästinensergebieten fließen wird. "Man will jetzt hier nicht den großen Bruch oder Streit", fügt Alexandra Thein hinzu.

Auch die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton will den Beschluss nicht zu hoch hängen: Der Ansatz sei nicht neu, er schaffe nur mehr Klarheit, teilte eine Sprecherin Ashtons mit. Dass die EU diese Regelung umsetzen werde, sei seit Monaten, wenn nicht sogar Jahren klar gewesen, ergänzt Thein. Außerdem geht es Ashton zufolge nur um "eine kleine Anzahl von Fällen".

Siedlungsbau Östlich von Jerusalem (Foto: UPI/Debbie Hill /LANDOV)
Der israelische Siedlungsbau in besetzten Gebieten - indirekt unterstützt durch EU-GelderBild: picture-alliance/landov

Das Geld der EU und Israels Unwille

Wie viele Millionen Euro neue Fördergelder in den kommenden Jahren tatsächlich nach Israel fließen könnten, ist unklar. Gefördert wird von der EU viel: Israelische Forschungsprojekte, die Zusammenarbeit im Jugendbereich, im Sport, bei der Polizei, aber zum Beispiel auch der Kosmetik-Konzern Ahava, der im Westjordanland produziert. "Dieser Konzern mit Sitz am Toten Meer hat bisher eine Million Euro Forschungsgelder erhalten", erklärt EU-Politikerin Alexandra Thein. Sie geht davon aus, dass neue Projekte mit Ahava ab 2014 nicht mehr bewilligt werden.

Damit die EU über neue Fördergelder entscheiden kann, müssten zunächst auch neue Anträge aus Israel kommen, erklärt Alexandra Thein. Viele Israelis könnten es aber zunächst ablehnen, die entsprechenden Anträge zu stellen, glaubt die Zeithistorikerin Tamar Amar-Dahl. Denn das könnte bedeuten, den Standpunkt der EU zu akzeptieren. Der jetzigen Regierung traut die Dozentin des "Alfried Krupp Wissenschaftskollegs Greifswald" einen derartigen Gesinnungswechsel nicht zu: "Für die Regierung steht gar nicht zur Debatte, dass die eroberten Gebiete nicht Teil Israels sein könnten."

Kein Paradigmenwechsel

Der Politikwissenschaftler Jochen Hippler glaubt trotz der entstandenen Kontroverse aber nicht an einen Paradigmenwechsel in Europas Nahost-Politik. "Es ging im Schneckentempo in diese Richtung. Jetzt ist man einen Schritt weiter gegangen." Am Nahost-Friedensprozess werde das aber nichts ändern, ist der Dozent der Universität Duisburg/Essen im DW-Gespräch überzeugt. Den habe es in den vergangenen Jahren ohnehin nicht gegeben.

"Zumindest macht der Schritt symbolisch deutlich, dass die Europäische Union trotz ihrer ganzen Widersprüche und Spaltungen manchmal meint, was sie sagt." Das werde die EU durchaus stärken, sagt Hippler.

Der Friedensforscher Jochen Hippler vom Institut für Entwicklung und Frieden der Universität Duisburg (Foto: dpa)
Politikwissenschaftler Hippler: "Symbolischer Schritt"Bild: picture-alliance/ dpa

Keine weiteren konkreten Pläne

Weitere Maßnahmen der EU gegen israelische Einrichtungen in besetzten Gebieten sind noch nicht absehbar. Seit Jahren wird darüber diskutiert, ob Produkte aus dem Westjordanland oder den Golanhöhen speziell gekennzeichnet werden müssen. In vielen EU-Ländern steht weiterhin "Made in Israel" auf Weinflaschen oder Kosmetikprodukten, bei Orangen oder Oliven wird als Ursprungsland ebenfalls Israel angegeben, obwohl die Früchte und Produkte von israelischen Firmen aus den besetzten Gebieten stammen.

Die EU prüft, ob dadurch Verbraucherrechte unterlaufen werden, denn das Herkunftsland einer Ware muss in Europa klar benannt werden. Auch soll geprüft werden, ob die Verzollung dort korrekt abläuft. Aber nicht einmal Alexandra Thein, die sowohl für die Israel- als auch für die Palästina-Delegation der EU tätig ist, kann sagen, wann dieses Problem von der Europäischen Union wirklich umfassend angegangen wird.