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Politik

EU vertagt erneut Entscheidung zu Glyphosat

9. November 2017

Mitte Dezember endet in Europa die Zulassung für den Unkrautvernichter Glyphosat. Doch für eine Verlängerung gibt es in Brüssel abermals keine Mehrheit. Nun soll ein Vermittlungsausschuss eine Lösung bringen.

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Ein Traktor bringt bei Göttingen in Niedersachsen mit einer Anhängespritze Glykosphat aus

Die Zukunft des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat ist trotz großen Zeitdrucks weiter offen. Im zuständigen Expertengremium der EU-Länder in Brüssel kam nach Angaben aus EU-Kreisen die nötige Mehrheit für eine Verlängerung der Lizenz schon wieder nicht zustande. Glyphosat ist in Europa bis Mitte Dezember zugelassen.

Die Brüsseler Behörde hatte ursprünglich eine Verlängerung der Lizenz um zehn Jahre angepeilt. Weil es dafür keine Mehrheit gab, hatte sie zuletzt davon Abstand genommen und nun fünf Jahre vorgeschlagen. Aber auch dieser Vorschlag fand nun nicht die nötige Mehrheit in dem Gremium, in dem Experten der 28 EU-Länder sitzen.

Berlin enthält sich

Deutschland enthielt sich abermals, weil die bisherige schwarz-rote Regierung bei dem Thema uneins ist: Das Umweltministerium lehnt eine Verlängerung ab, das Landwirtschaftsministerium ist dafür. Außerdem stehen die Grünen, die in Berlin in eine mögliche Jamaika-Koalition eintreten wollen, einer Verlängerung der Lizenz sehr kritisch gegenüber. 14 der 28 Mitgliedstaaten stimmten für den Vorschlag der Kommission, darunter die wichtigen Agrarländer Dänemark und die Niederlande. Dagegen stimmten neun Länder, unter ihnen Österreich, Belgien und Frankreich. Zusammen mit Deutschland enthielten sich insgesamt fünf Staaten, auch Bulgarien, Polen, Portugal und Rumänien.

Die EU-Kommission teilte mit, dass sie ein Vermittlungsverfahren einberufen wolle. Dieser Ausschuss soll noch vor dem 22. November tagen. Dort können dann auch höherrangige Politiker direkt vertreten sein. Für eine Entscheidung müsste aber auch dort eine qualifizierte Mehrheit zustandekommen. Das bedeutet, dass 55 Prozent der Staaten zustimmen müssten, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Geschieht dies nicht, kann die EU-Kommission theoretisch alleine entscheiden. Sie hatte bislang allerdings versucht, breite Unterstützung der EU-Länder zu bekommen.

Krebserregend oder nicht?

An Glyphosat gibt es viel Kritik. Einerseits ist der Unkrautvernichter sehr wirksam, gilt als preiswert und wird weltweit seit 40 Jahren auf Feldern genutzt. Andererseits steht Glyphosat auch im Verdacht, Krebs zu erregen und die Umwelt zu schädigen. Wissenschaftler sind uneins über das Krebsrisiko. Die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stufte den Unkrautvernichter 2015 als "wahrscheinlich krebserregend" für Menschen ein. Die Lebensmittelbehörden Efsa und die Chemikalienagentur Echa kamen dagegen zu dem Ergebnis, dass die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse für eine solche Einstufung nicht ausreichten. Auch Untersuchungen aus Kanada und Japan bestätigten den Krebs-Verdacht nicht.

Umweltschützer zweifeln an der Aussagekraft der zugrundeliegenden Studien. "Die Europäische Kommission muss endlich einsehen, dass es höchste Zeit ist, das Ende von Glyphosat einzuläuten", sagte der Agrarexperte der Grünen im Europäischen Parlament, Martin Häusling. "Auf keinen Fall darf die Kommission vor Monsanto einknicken, aus Furcht, bei einer Nicht-Verlängerung Strafzahlungen an den Chemie-Giganten leisten zu müssen." Der US-Chemiekonzern Monsanto, den der deutsche Konkurrent Bayer für mehr als 60 Milliarden Dollar übernehmen möchte, hatte Glyphosat entwickelt. Vertrieben werden glyphosathaltige Mittel aber auch von Dutzenden anderen Herstellern.

kle/sti (dpa, rtr, epd, afp)