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Für die neuen Regime

17. Februar 2011

Niemand hat in Euorpa hat sie vorausgesehen, doch nun unterstützt die EU die Umwälzungen in Tunesien und Ägypten. Schwingt dabei die Hoffnung mit, die Flüchtlingsströme zu stoppen, die von Nordafrika nach Europa kommen?

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Eine Frau schenkt einem ägyptischen Soldaten Blumen (Foto: AP)
Die EU steht hinter den Entwicklungen in ÄgyptenBild: dapd

Eigentlich sollte Catherine Ashton vor dem EU-Parlament Stellung nehmen zu den Umwälzungen in Nordafrika. Da sie jedoch zurzeit im Nahen Osten auf Reisen ist, übernahm EU-Kommissar Stefan Füle ihre Aufgabe - als zuständiger Kommissar für die EU-Nachbarschaftspolitik ist das auch sein Gebiet. Die EU, so Füle, wolle Ägypten langfristig helfen. "Wir werden unser Äußerstes tun, Hilfe anzubieten und unsere Erfahrungen bei Demokratisierung, Wahlen, Menschenrechten und Wirtschafts- und Sozialreformen einbringen. Aber klar ist auch, dass wir Ergebnisse nicht diktieren oder Lösungen aufzwingen." Die Zukunft läge in den Händen der Ägypter selbst.

Positive, optimistische Sicht der Dinge

Joseph Daul (Foto: Wiktor Dabkowski Poland OUT, France OUT)
Die EU soll die neuen Regime unterstützen: Joseph DaulBild: picture-alliance/Wiktor Dabkowski

Niemand in Europa und den USA haben die Umstürze in Nordafrika kommen sehen, sagt Joseph Daul, Fraktionsvorsitzender der Europäischen Volkspartei. Und er fügt hinzu: Die Veränderungen seien trotz aller Unwägbarkeiten positiv. "Wir begrüßen die friedlichen Revolutionen, die die Regime gestürzt haben, weil sie den Keim des sozialen Fortschritts tragen. Und die Europäische Union muss die neuen Regime unterstützen, so wie es die Bevölkerungen wünschen, im Sinne von Demokratie und einer Wirtschaft, die in der Lage ist, sich um soziale Belange zu kümmern." In Dauls Aussage schwingt die Hoffnung mit, die Verhältnisse mögen sich politisch und wirtschaft soweit verbessern, dass die Menschen keinen Anlass mehr haben werden, Nordafrika zu verlassen - und in die EU zu flüchten.

Martin Schulz, Chef der Sozialdemokraten und Sozialisten, zeigt sich ebenfalls optimistisch. Er sieht zwar eine gewisse Gefahr im Islamismus, doch man solle auch die Muslimbruderschaft in Ägypten in den Verfassungsprozess integrieren. "Wenn es gelingen sollte, nach diesen Bewegungen in Tunesien und in Ägypten wirklich säkulare, zivile Demokratien aufzubauen, dann ist der politische Zugewinn für die Region selbst, aber auch für uns Europäer als unmittelbare Nachbarn, von enormer Bedeutung und eine Riesenchance." Die EU solle vor allem in die Nachbarschaftspolitik investieren, finanziell und politisch, und den Mittelmeerraum längerfristig in eine Freihandelszone verwandeln, so Schulz.

Sind Diktatoren gut für Europa?

Hosni Mubarak im Porträt (Foto: AP)
Sind Diktatoren in Nordafrika gut für Europa?Bild: AP

Linke und grüne Europapolitiker haben in den vergangenen Tagen dagegen die Nordafrikapolitik der EU scharf als heuchlerisch kritisiert. Grünenfraktionschef Daniel Cohn-Bendit stellte sarkastisch fest: "Es ist schon bizarr, dass jetzt alle finden, dass Herr Mubarak ein Diktator war, aber dass ihn 15 Jahre lang niemand einen Diktator genannt hat." Jetzt, wo Menschen in Massen von Tunesien Richtung Europa aufbrechen und nicht mehr von ihrer Regierung daran gehindert werden, sieht Cohn-Bendit seine Kritik erst recht bestätigt. "Europa braucht Diktatoren, um seine Grenzen zu schließen. Das ist das Unglaubliche, dass man heute ein Problem hat, weil Ben Ali gestürzt ist."

Doch auch die Grünen meinen, vorrangig müssten die Lebensverhältnisse in Nordafrika verbessert werden - auch mit europäischem Geld - damit Fluchtbewegungen überflüssig werden.

Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Julia Kuckelkorn