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EU macht Organspende sicherer

19. Mai 2010

Mehr als 56.000 Menschen warten europaweit auf ein Organ. Zwölf sterben täglich, weil es keine passende Leber oder Niere gibt. Eine neue EU-Richtlinie soll die Wartezeit verkürzen.

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Chriurg hält Herz für Transplantation in der Hand(Foto: AP/Jamie-Andrea Yanak)
HerztransplantationBild: AP

Für diejenigen, die auf ein Organ warten, ist es mehr als nur ein Hoffnungsschimmer: Mit großer Mehrheit verabschiedete das Europäische Parlament am Mittwoch (19.05.2010) einheitliche Standards zur Sicherheit und Qualität von Organtransplantationen. "Wir können es uns im 21. Jahrhundert nicht erlauben, dass es in Europa kein optimales System gibt, dass Organe verloren gehen und dass kein Bürger sie dann erhalten kann", sagte Andres Perello Rodriguez, Parlamentsmitglied aus Spanien.

Nationale Organisationen sollen die Organe in Zukunft genauer überwachen - von der Entnahme bis zur Spende. Dafür können die Einrichtungen mehr Daten als bisher sammeln, etwa zu früheren Krankheiten des Spenders sowie seinen genauen Labor- und Blutwerten. Dadurch will die EU sicherstellen, dass Patienten nur absolut gesunde Organe erhalten und lebensbedrohliche Infektionen oder Tumore nicht bei der Transplantation übertragen werden. Auch wer welches Organ von wem erhält sollen die Organisationen künftig ausführlich dokumentieren. Wenn die Informationen nicht vollständig sind, der Nutzen der Verpflanzung aber die Risiken übersteigt, können die Ärzte trotzdem handeln.

Kurz vor ihrem Abschluß steht eine dreistündige Nierentransplantation in der Jenaer Klinik für Urologie der Friedrich-Schiller-Universität(Foto: dpa)
Nierentransplantation nach drei Stunden kurz vor ihrem AbschlußBild: picture-alliance/ dpa

Organe spenden über Grenzen hinweg

Weiteres Ziel: Mehr Zusammenarbeit in Europa. Bislang gibt es bereits Verbände, die über die Grenzen hinweg Organe austauschen: Deutschland, Österreich, die Beneluxstaaten sowie Kroatien und Slowenien kooperieren in "Eurotransplant", "Scandiatransplant" ist der Zusammenschluss der skandinavischen Länder.

Darüberhin aus sollen künftig sogenannte Transplantationskoordinatoren zum Einsatz kommen. Sie kümmern sich um potenzielle Spender und ihre Angehörigen und helfen, die Organe in europaweit besser zu verteilen. "Heute gehen teilweise Organe verloren, weil Ärzte nicht genug Zeit haben, sich um das Thema zu kümmern ", sagte der deutsche Parlamentsabgeordnete Peter Liese. In Spanien beispielsweise gibt es solche Koordinatoren bereits; auch einige deutsche Bundesländer haben diese Stellen eingerichtet - mit Erfolg: Das langjährige Spender-Schlusslicht Nordrhein-Westfalen rückte seitdem ins bundesdeutsche Mittelfeld vor, mit inzwischen 14,4 Spendern pro Million Einwohner.

Organspender-Ausweis (Foto: DW-Archiv) (BER457-170298)
Organspender-AusweisBild: AP

Leben retten contra Leben schützen

Lange Zeit strittig war die Frage, unter welchen Voraussetzungen Lebendspenden zugelassen werden sollen. Darf jeder seine Niere spenden? Oder sollten das nur Angehörige? Unter welchen Voraussetzungen dürfen Lebende überhaupt ihre Organe zur Verfügung stellen? "Wir sollten Lebendspenden nicht im Weg stehen", stellte Francoise Grossetete aus Frankreich klar, "allerdings müssen wir sicher gehen, dass der Spender nicht unter Druck gesetzt wird."

Marina Yannakoudakis aus Großbritannien fügte hinzu: "Es gibt eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf und die gewährleistet, dass Lebendspenden freiwillig und unentgeltlich getätigt werden." Durch die neue Richtlinie verpflichten sich die EU-Mitgliedsstaaten, Lebendspender nur durch speziell geschulte Kräfte zu betreuen. Geld sollen sie auf keinen Fall erhalten. Ein klares Zeichen gegen Organhandel und Organtourimus.

Spanien ist seit 18 Jahren Spitzenreiter

Europaweit führend bei den Transplantationen ist Spanien: Auf eine Million Einwohner kommen rund 34 Organspender - fast doppelt so viele wie im EU-Durchschnitt; hier sind es nur gut 18. Deutschland liegt im unteren Mittelfeld mit 15 Spendern. Schlusslicht ist Rumänien: Auf eine Million Einwohner kommt weniger als ein Spender.

Das hat vor allem rechtliche Gründe: In Spanien - aber auch zum Beispiel in Italien, Luxemburg, Polen oder Ungarn - gilt die sogenannte Widerspruchsregel. Jeder ist automatisch Organspender, solange er nicht widerspricht. In Deutschland, Rumänien, Großbritannien und der Schweiz muss man dagegen einen Organspendeausweis haben. Der legt fest, ob und welche Organe entnommen werden dürfen.

Um die Zahl der Spender zu erhöhen, wollten gerade spanische Vertreter auch diesbezüglich eine europaweit einheitliche Regelung. Durchsetzen konnten sie sich damit aber nicht. Dennoch: Ein erster Schritt ist gemacht - zur Freude der mehr als 56.000 Menschen, die derzeit auf ein lebensrettendes Organ warten.

Autorin: Monika Griebeler
Redaktion: Gero Rueter