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Kein Deutschtest für türkische Ehegatten

10. Juli 2014

Es ist eine Niederlage für die Bundesregierung: Der EuGH urteilt, dass türkische Ehegatten auch ohne Sprachkenntnisse zu ihrem Partner ziehen dürfen. Ein Deutschtest als Vorbedingung verstößt gegen EU-Recht.

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Eine Schülerin schreibt im Sprachkurs an die Tafel (Symbolbild: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Türken, die zu ihrem Ehepartner nach Deutschland ziehen wollen, können dies künftig auch ohne nachgewiesene Deutschkenntnisse tun. Die seit 2007 geltende Regel, wonach erst Grundkenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen sind, ist nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hinfällig. Der italienische EuGH-Generalanwalt Paolo Mengozzi hatte vor dem Urteilsspruch argumentiert, die Forderung sei nicht mit EU-Recht vereinbar, da sie unter anderem gegen ein Abkommen mit der Türkei von 1970 verstoße. Darin werden neue Einreisehindernisse für Türken verboten.

In der Regel folgt der EuGH der Auffassung des Generalanwalts, dessen Position in etwa der eines neutralen Gutachters entspricht. So war es auch in diesem Fall. Damit war die Klage einer Türkin erfolgreich, die nicht bei ihrem Ehemann leben darf, weil sie Analphabetin ist. Ihr Partner arbeitet seit 1998 in Deutschland.

Schein- und Zwangsehen erschweren

Die Bundesregierung hatte argumentiert, Menschen, deren Ehegatten in Deutschland lebten, müssten sich vor ihrer Einreise in der Landessprache verständigen können. Eine Verpflichtung, erst in Deutschland an Sprachkursen teilzunehmen, sei nicht sinnvoll. Mit dem Nachweis "einfacher Deutschkenntnisse" sollten Schein- und Zwangsehen erschwert und die Integration in Deutschland erleichtert werden.

Der EuGH betonte hingegen, die Familienzusammenführung sei für das Familienleben türkischer Erwerbstätiger "unerlässlich". Sie verbessere für die Betroffenen die "Qualität ihres Aufenthalts" und fördere ihre Integration im jeweiligen EU-Staat, so das höchste europäische Gericht.

Botschaft blockiert Visum

Im konkreten Fall hatte die Deutsche Botschaft in Ankara einer türkischen Bürgerin ein Visum verweigert. Sie konnte damit nicht zu ihrem in Deutschland lebenden Mann ziehen. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte das Dossier zur Klärung an den EuGH weitergereicht.

Ungeachtet des Richterspruchs aus Luxemburg will die Union bei der Familienzusammenführung grundsätzlich an Deutschtests festhalten. Das Urteil des EuGH verbiete zwar Sprachkenntnisse als Voraussetzung für den Nachzug türkischer Ehegatten. Dies gelte aber nicht für Menschen anderer Nationen, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer, der Nachrichtenagentur Reuters. "Im Grundsatz sollten wir am Sprachnachweis beim Ehegattennachzug festhalten, denn er ist weiterhin der Schlüssel zum Integrationserfolg."

jj/det (dpa, epd, afp, rtr)