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EuGH schränkt kirchliche Arbeitgeber ein

17. April 2018

Kirchliche Arbeitgeber dürfen bei der Besetzung von Stellen Bewerber nicht grundsätzlich wegen ihrer Konfessionslosigkeit ablehnen. Dies hat der EuGH in einem Grundsatzurteil entschieden.

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Berlin Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung
Gebäude des Evangelischen Werks für Diakonie und Entwicklung in Berlin (Archivbild)Bild: Imago/epd

Laut Richterspruch des Europäischen Gerichtshofs dürfen kirchliche Arbeitgeber nicht bei jeder Stelle von Bewerbern eine Religionszugehörigkeit fordern. Zur Bedingung darf die Zugehörigkeit zu einer Konfession demnach nur gemacht werden, wenn dies für die Tätigkeit "objektiv geboten" ist, heißt es in der Urteilsbegründung zu einem Fall aus Deutschland.

Die Amtskirchen müssten es hinnehmen, dass Gerichte im Zweifelsfall überprüfen dürfen, ob eine Stellenausschreibung an die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Konfession gebunden werden darf, heißt es in dem Urteil weiter. Diese Forderung muss laut Urteil in Relation zu der jeweiligen Stelle stehen und angemessen sein.

Arbeitnehmerschutz vor religiöser Diskriminierung

Im Ausgangsfall hatte das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung in einer Stellenausschreibung für eine befristete Referentenstelle für das Projekt "Parallelberichterstattung zur UN-Antirassismuskonvention" die Zugehörigkeit zu einer protestantischen Kirche gefordert. Bewerber sollten diese auch in ihrem Lebenslauf ausweisen. Eine konfessionslose Bewerberin, die nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde, nahm an, sie habe die Stelle wegen ihrer Konfessionslosigkeit nicht bekommen. Daraufhin verklagte sie die evangelische Institution wegen religiöser Diskriminierung auf eine Entschädigung von 10.000 Euro.

Europäischer Gerichtshof in Luxemburg
Gebäude des Europäischen Gerichtshofs in LuxemburgBild: Reuters/F. Lenoir

Der Fall ging in Deutschland mit widersprüchlichen Urteilen durch die Instanzen. Schließlich bat das Bundesarbeitsgericht die Kollegen in Luxemburg um Auslegung des EU-Diskriminierungsverbots. Der EuGH stellte nun grundsätzlich fest, dass die Antidiskriminierungsrichtlinie eine Abwägung erfordere zwischen dem kirchlichen Privileg auf Selbstbestimmung und dem Recht eines Bewerbers, nicht wegen der Religion oder Weltanschauung diskriminiert zu werden. Zwischen beidem sei ein "angemessener Ausgleich" herzustellen.

Diakone sieht eigenes Vorgehen bestätigt

Die Abwägung müsse im Fall eines Rechtsstreits eine unabhängige Stelle und letztlich ein Gericht überprüfen können. Kirchen dürften zwar eine "mit der Religion oder Weltanschauung zusammenhängende Anforderung" stellen. Dies gelte aber nur, wenn diese Bedingung bei der jeweiligen Tätigkeit "eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation" darstelle. Die Entscheidung zu dem Einzelfall muss nun das Bundesarbeitsgericht unter Berücksichtigung des EuGH-Grundsatzurteils treffen.

Nach Ansicht der evangelische Diakonie bestätige das EuGH-Urteil, dass das kirchliche Selbstbestimmungsrecht der wesentliche Faktor bei solchen Abwägungsentscheidungen sei. Auch jetzt dürften Anforderungen bei der Personalauswahl nicht willkürlich sein, sagte Diakonie-Vorstand Jörg Kruttschnitt. Er gehe allerdings davon aus, "dass die Begründungsintensität sich möglicherweise hier noch mal erhöhen wird". 

ww/stu (afp, epd, dpa, kna)