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Euro-Einführung stärkt die Handelsbeziehungen

Das Gespräch führte Nina Werkhäuser 23. Mai 2004

Seit 1. Mai ist Polen Mitglied der EU. Doch der Blick geht bereits nach vorn. Sein Land strebe die Einführung des Euros so bald wie möglich an, sagte Polens Zentralbankchef Leszek Balcerowicz im Interview mit DW-WORLD.

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Euro im Visier: Leszek BalcerowiczBild: DW

DW-WORLD:

Sie haben sich dafür ausgesprochen, den Euro in Polen zum frühstmöglichen Zeitpunkt einzuführen, also zum 1. Januar 2007. Warum?

Balcerowicz:

Weil es sich sich für Polen lohnt, die notwendigen Bedingungen für die Einführung des Euro möglichst bald zu erfüllen. Diese Bedingungen sind die Maastricht-Kriterien. Die Situation in Polen sieht so aus: Eine niedrige Inflation haben wir schon. Was wir noch nicht haben: Das Haushaltsdefizit ist zu hoch, genau wie in Deutschland. Aber aus ökonomischer Sicht und für das künftige Wirtschaftswachstum ist es besser, dieses Problem zu lösen als es zu vernachlässigen. Wir brauchen - unabhängig vom Euro - fiskalische Reformen mit dem Ziel, die Staatsausgaben zu beschränken. Wenn uns das gelänge, hätten wir einen doppelten Nutzen davon: Es würde unser Wachstum stützen und uns den Weg zum Euro eröffnen. Deshalb ist es sinnvoll, die Maastricht-Kriterien eher früher als später zu erfüllen.

DW-WORLD:

Was spricht sonst noch für eine schnelle Einführung des Euro in Polen?

Balcerowicz:

Wenn man dieselbe Währung hat, kann man besser Handel treiben. Höhere Exporte bedeuten höheres Wachstum. Auch für ausländische Investitionen ist es wichtig, eine gemeinsame Währung zu haben. Aber das alles funktioniert nur unter bestimmten Voraussetzungen. Die wichtigste Voraussetzung ist, dass Deutschland und Frankreich die Euro-Zone nicht durch fehlende Haushaltsdisziplin untergraben. Denn Deutschland und Frankreich tragen nicht nur Verantwortung für sich selbst, sondern auch für das gemeinsame Unternehmen Euro.

DW-WORLD:

Obwohl die Wirtschaft stetig wächst, liegt die Arbeitslosigkeit liegt in Polen bei rund 20 Prozent. Was muss passieren, damit wieder mehr Menschen in Polen Arbeit finden?

Balcerowicz:

Der Mindestlohn in Polen ist zu hoch. Das bedeutet, dass die Firmen in den ärmeren Gegenden Polens nicht daran interessiert sind, mehr legale Stellen zu schaffen. Sie versuchen vielmehr, die Leute auf andere Weise zu beschäftigen. Auch andere Vorschriften im Arbeitsrecht sind zu rigide. Als ich zwischen 1997 und 2000 Finanzminister war, wollte ich den Arbeitsmarkt flexibler machen. Leider wurden meine Reformpläne blockiert. Außerdem gibt es in Polen ein demographisches Spezifikum, das ganz anders ist als in Deutschland: Seit zwei, drei Jahren drängen immer mehr junge Leute auf den Arbeitsmarkt, und das wird noch einige Jahre so weitergehen. Das Angebot an Arbeitskräften wächst also in Polen. Deshalb müssen wir noch dringender als in Deutschland den Arbeitsmarkt flexibilisieren.